Ausgabe 01/2008 |
Januar + Februar 2008 |
"Quo vadis
Border Collie?"
Der Border Collie ist
eine faszinierende Rasse. Wer einen guten Border Collie bei der Arbeit an
Schafen beobachtet, kann sich seiner Ausstrahlung kaum entziehen. Die
Leistungsbereitschaft, die Ausdauer, Schnelligkeit und Klugheit erwecken in
vielen Menschen den Wunsch auch so einen Hund besitzen zu wollen.
Die meisten sind sich
jedoch nicht klar darüber, daß sie es beim Border Collie mit einer vom Menschen
geschaffenen und im Gegensatz zum Wolf ethologisch stark veränderten Rasse zu
tun haben. In ihrer speziellen Arbeitsumgebung, für die sie gezüchtet wurden,
wirken die Hunde perfekt angepasst. Im häuslichen Umfeld mit Kindern, Autos und
ohne Arbeit kann das dann ganz anders aussehen. Daß ein mental wie physisch so
aktiver Hund sinnvolle Beschäftigung braucht, ist schon häufig erwähnt worden
und soll hier nicht weiter vertieft werden, ebenso wie die Tatsache, daß auch
Border Collies einen konsequenten Umgang benötigen.
Um aber zu verstehen, warum
gerade der Border Collie zum Problemhund Nummer 1 avancieren konnte, muß man
sich ein bisschen mit seiner Geschichte, seinem speziellen Hüteverhalten und
der Vererbungslehre beschäftigen.
Ursprung:
Border Collies kommen
ursprünglich aus dem Grenzgebiet zwischen Schottland und England. Dies ist eine unwirtliche, hügelige Landschaft mit steinigem Boden. Hier gibt es keine fetten
Äcker und Weiden, sondern der Boden ist von spärlichem Gras, Heidekraut und
Binsen bedeckt. Das einzige Tier, was hier gewinnbringend gehalten werden kann,
ist das Schaf. Aufgrund der Kargheit des Bodens leben immer nur relativ wenige
Schafe auf großen Flächen. Sie sind fast wild und menschenscheu.
Um beim Zusammentreiben
dieser Schafe zu helfen, hatten die Schäfer schon immer Hunde. Um 1560 wurde
ein Border Collie ähnlicher Hütehund das erste Mal in der Literatur erwähnt.
Seit über 500 Jahren züchteten die Schäfer also mit den begabtesten Hunden
weiter und schufen damit einen vierbeinigen Spezialisten für das Treiben von
Schafen, der aus den Hügeln Nordenglands einen Erfolgszug um die ganze Welt
antrat.
Border Collies müssen
sowohl auf weite Distanzen, teils außer Sicht - und Hörweite, selbständig
arbeiten können. Andererseits müssen sie aber auch so kooperativ und
leichtführig sein, daß sie sich auf diese Distanzen auch noch durch die Pfiffe
der Schäfer leiten lassen, wenn sie Schafe übersehen haben, was bei dem
buckeligen Gelände häufig vorkommt.
Darüberhinaus müssen
sie die typische Arbeitsweise beherrschen. Border Collies laufen in einem
großen Bogen um die Schafe, die zusammengetrieben werden sollen. Die genetische
Veranlagung dazu wird „Cast" genannt. Ein Border Collie mit „Cast"
läuft auch ohne viel Training einen angemessenen Bogen um die Schafe. Diese
Verhaltensweise entstammt dem wölfischen Jagdverhalten ebenso wie das Border
Collie typische Treiben der Schafe. Sie schleichen sich dabei wie Wölfe an ihre
Beute an. Der Vorderkörper wird abgesenkt, die Rute ist konzentriert
eingezogen, der Blick fixiert die Beute und der Schritt ist langsam. Diese
typische Körperhaltung in Verbindung mit einem entschlossenen Vorwärtsdrang
sowie dem starr auf das Schaf gerichtetem Blick löst eine instinktive
Fluchtreaktion beim Schaf aus.
Allerdings genügt es
nicht, die Schafe nur zu fixieren. Die Hunde müssen auch den entsprechenden
Drang haben, sie vorwärts zu treiben, sonst erkennen die Schafe nach einiger
Zeit die Harmlosigkeit des Eindringlings. Über die Geschwindigkeit des
nachtreibenden Border Collies und den daraus resultierenden Abstand zu den
Schafen lässt sich die Fluchtgeschwindigkeit der Schafe steuern. Dies ist in
unwegsamem Gelände besonders wichtig, damit sich die Schafe nicht zu Tode
stürzen. Auch führt übermäßiger Streß bei den Tieren zu Gewichtsabnahme und ist
daher bei allen Schäfern unerwünscht. Border Collies müssen deswegen auf
Kommando exakt stoppen und sich im Tempo regulieren lassen.
Nun sollen Schafe ja
nicht nur gerade vorwärts getrieben werden. Aus diesem Grund muß der Border Collie
auch im Abstand rechts - oder linksherum um die Schafe flankieren können, um
die Richtung zu ändern. Dieses Verhalten wird aus dem angeborenen „Cast"
trainiert. Ein sofortiger Stop mit anschließendem erneuten „Anschleichen"
versetzt den Schäfer in die Lage, den Hund präzise zu steuern, und damit auch
die Schafe gezielt zu treiben.
Hilfreich ist dabei
eine besondere Eigenschaft des Border Collies: „sheep sense", der Sinn für
das, was die Schafe als nächstes tun werden und sich ihnen am richtigen Punkt
entgegenzustellen. „Sheep sense" befähigt einen Hund, eine Herde Schafe
zusammen zu halten, sie von einem Punkt aus zu treiben und Ausbruchsversuche im
Keim zu ersticken. All das wird vom Border Collie mit minimalem Einsatz
gefordert. Anders als der Altdeutsche Hütehund soll der Border Collie nicht
immer hin und her laufen, sondern die ganze Herde möglichst ruhig von einem
Punkt aus treiben. Je besser er dies beherrscht, desto mehr „Balance" hat
er. Diese Arbeitsweise beunruhigt die Schafe nicht unnötig und ist außerdem
kräftesparend. Bedenkt man die Strecken und das Terrain, auf dem die Hunde
arbeiten müssen, ist das ein wichtiger Faktor.
Border Collies sind für
die Arbeit an quasi wilden Schafen gezüchtet worden, das erklärt auch, warum er
beim deutschen Wanderschäfer meist nicht den richtigen Arbeitsplatz finden
kann. Bei 500 zahmen Schafen braucht es mehr Anpackerqualitäten als sie der
feine Balancierer mitbringt.
Kontrollierte Arbeit in
großer Entfernung kann nur mit kooperativen Hunden erbracht werden. Natürliche
Begabung für die Arbeit und eine hohe Kooperativität und Trainierbarkeit waren
die Maßstäbe, die bei der Zucht angelegt wurden. Das Resultat sehen wir am
relativ leicht auszubildenden und lernbegierigen Arbeits -Border Collie. In
Groß-Britannien heißt das „willing to please" und ist ein Muß für einen
potentiellen Arbeitshund.
Aber mit Kooperativität
lassen sich Schafe nicht beeindrucken. Nicht alle Schafe laufen automatisch vor
einem anschleichenden Hund weg. Mutterschafe mit Lämmern oder Böcke können
durchaus zum Angriff übergehen. Daher muß der Border Collie eine große Portion
Mut und Geduld haben, um diesen Angriffen die Stirn bieten zu können. Bei
großen Schafherden ist dies eine ständig wiederkehrende Aufgabe und verlangt
ein hohes Maß an Frustrationstoleranz. Der Hund darf nicht aufgeben, auch in
schwierigen Lagen muß er weiterarbeiten und darf nicht nach Hause laufen oder
auch nur schnüffeln gehen.
Eine gefühlvolle aber
entschlossene Annäherung ist der Schlüssel zum kontrollierten Schafetreiben.
Diese Hündin hat alle eventuellen Ausbrecher fest im Blick.
Ein sicheres Zeichen
von Unkonzentriertheit oder Überforderung ist immer eine hoch getragene Rute.
Im Gegensatz zu allen anderen Hütehundrassen, deren Veranlagung aus dem Spieltrieb
herausgezüchtet wurde, ist der Border Collie beim Hüten „auf der Jagd".
Sein eingezogener Schwanz gehört zu diesem Verhaltenskreis und ist während der
Arbeit kein Zeichen von Ängstlichkeit.
Streng verboten ist ihm
allerdings die Endhandlung der Jagd. Das Reißen von Schafen sowie das Beißen
von Menschen führten bis vor kurzer Zeit noch zum sicheren Tod des Hundes. Eine
Folge dieser radikalen Merzung ist Menschenfreundlichkeit mit einem Hang zur
Unterwürfigkeit. Die hierzulande häufig auftretende Aggressivität von Border
Collies ist bei den Hunden britischer Farmer nach wie vor kaum bekannt. Auch
erschreckend schlecht sozialisierte Hunde, die ihr Leben in kleinen, dunklen
Zwingern fristen, sind durchweg freundlich und begrüßen Fremde meist enthusiastisch.
Die Reihe der
Charaktereigenschaften, die für einen guten Hütehund nötig sind, ließe sich
noch verlängern. Hier soll nur deutlich werden, wie kompliziert die Züchtung
eines Hundes ist, der in sich so verschiedene Charaktereigenschaften wie Selbständigkeit
und gleichzeitig extreme Trainierbarkeit, wie Mut und gleichzeitig Sensibilität
vereinen soll.
Bestimmte Anteile des
Beutefangverhaltens sollen ausgeprägt vorhanden sein, andere hingegen völlig
verschwunden sein - dies alles steuerbar und vom Menschen beliebig abrufbar.
Das Resultat einer
jahrhundertelangen Selektion auf diese speziellen Verhaltenseigenschaften sind
Hunde, die äußerlich völlig verschieden aussehen können. Es gibt langhaarige,
stockhaarige und kurzhaarige Border Collies. Zwar überwiegt die schwarz - weiße
Fellzeichnung, aber es gibt auch dreifarbige, ganz braune oder graue Border
Collies. Sie können 10 kg leicht oder 25 kg schwer, 40 cm klein oder 60 cm groß
sein.
Trotz seiner
ungewöhnlichen Färbung und des blauen Auges: ein klassischer Arbeits-Border
Collie. Die Hüteveranlagung, die spezielle Körperhaltung und die Kooperativität
sind seine eigentlichen Rassemerkmale.
All das hat einen
Grund: sie wurden nur auf ihre ganz speziellen Fähigkeiten hin gezüchtet. Das
allein ist so schwierig, daß man es sich nicht leisten konnte, einen guten Hund
nicht zur Zucht zu verwenden, bloß weil er kurzhaarig ist. Kleiner Exkurs in die Genetik:
Die äußerliche Vielfalt
ist nicht zufällig. Sie lässt sich auch wissenschaftlich erklären.
Jede Eigenschaft, die
ein Körper hat, kann man in Exterieurmerkmale, wie Größe oder Felllänge, oder
in Interieurmerkmale, also Verhaltensmerkmale aufteilen. Die äußerlich
sichtbaren, körperlichen Merkmale nennt man Phänotyp. In der Verhaltensgenetik
spricht man neuerdings auch vom Verhaltens - Phänotyp. Dieser beinhaltet alle
Verhaltensmerkmale.
Alle diese Merkmale
sind zu einem bestimmten Prozentsatz von der Vererbung bestimmt und zum Rest
von der Umwelt bestimmt.
Ein Beispiel: ein Welpe
einer großen Hunderasse hat die Anlage für Größe von seinen Eltern geerbt. Wird
er allerdings fehlernährt, ist krank und verwurmt, kann es sein, daß er kleiner
bleibt. Dies wäre dann der Umwelteinfluß.
Exterieurmerkmale wie
Größe, Ohrenstand, Felllänge werden überwiegend von der Vererbung bestimmt.
Hier liegt der erbliche Anteil (Heritabilitätskoeffizient) bei ca. 60 %. Das
bedeutet, daß die züchterische Bearbeitung sehr einfach ist. Selektiert man auf
bestimmte Fellfarben, wird man schon nach wenigen Generationen überwiegend
Hunde dieser Fellfarben haben. Der Umwelteinfluß auf die Fellfarbe ist äußerst
gering.
Verhaltensmerkmale
besitzen einen schwankenden Heritabilitätskoeffizienten. Einzelne
Verhaltensweisen sind hoch erblich. Hierzu gehören spezielle Verhaltensweisen
wie z.B. das Vorstehen von Jagdhunden. Das „Auge zeigen" von Border
Collies gehört ebenfalls zu diesem Verhaltenskomplex. In wissenschaftlichen
Studien wurde nachgewiesen, daß auch Ängstlichkeit, Aggressivität und
Nervosität einen relativ hohen Heritabilitätkoeffizienten haben. Dieses
Verhalten wird zu bis zu 50% von der erblichen Anlage bestimmt. Daher ist es
von überragender Bedeutung für die Hundezucht, daß ängstliche oder aggressive
Hunde nicht zur Zucht verwendet werden. Andernfalls verbreiten sich
Temperamentsfehler ebenso schnell wie z.B. Hüftgelenksdysplasie. Ebenso wie
diese werden Verhaltenseigenschaften überwiegend durch mehrere Gene vererbt.
Damit sind sie züchterisch später sehr schwer wieder zu tilgen.
Kompliziertere
Verhaltensweisen wie Trainierbarkeit oder die Fähigkeit, Probleme zu lösen,
haben eine wesentlich kleinere erbliche Grundlage. Dies hängt unter anderem
damit zusammen, daß komplizierte Verhaltensweisen aus verschiedenen einfachen
„Verhaltensbausteinen" zusammengesetzt sind. Jeder dieser „Bausteine"
wird wieder von mehreren Genen beeinflusst. Je mehr Gene aber für die
komplizieren Verhaltensweisen gebraucht werden, umso kleiner ist die
Wahrscheinlichkeit, daß alle gleichzeitig an ein Tier vererbt werden.
Der Border Collie ist
keine stark ingezüchtete Rasse. Die Rasse entstand nicht aus 2-4 Stammhunden
wie die meisten Hunderassen, sondern es wurde eine größere Hundepopulation
langsam verändert. Daher ist trotz einer gewissen Stabilisierung der
Rassemerkmale noch eine hohe Variabilität vorhanden. So ist es an der
züchterischen Tagesordnung, daß auch aus zwei Arbeitschampions Welpen fallen
können, die sich überhaupt nicht für Schafe interessieren.
Das zeigt, wie
schwierig es ist, bestimmte Charaktereigenschaften zuverlässig zu erzüchten.
Hat man dann eine Rasse mit bestimmten Charaktereigenschaften, muß man ständig
die Nicht - Merkmalsträger aus der Zucht aussortieren, um die Eigenschaften der
Rasse zu erhalten.
Stellt man die Zucht
dieser Spezialisten aber vom Verhalten auf das reine äußerliche
Erscheinungsbild nach dem FCI Schönheitsstandard um, so muß sich die Rasse ganz
zwangsläufig verändern.
Jedem ist einleuchtend,
daß sich äußere Kennzeichen einer Rasse verändern, wenn man nicht mehr auf sie
selektiert. Eine stehohrige Rasse bleibt nur stehohrig, wenn man die
schlappohrigen Vertreter von der Zucht ausschließt.
Beim rein auf Verhalten
gezüchteten Border Collie wird jedoch ganz selbstverständlich vorausgesetzt,
daß das Hüteverhalten und der freundliche, lernwillige Charakter der gleiche
bleibt, auch wenn man nur noch nach Exterieur züchtet. Dies ist ein eklatanter
Trugschluß, der unter anderm dazu geführt hat, daß es so viele Border Collies
mit übersteigertem Fehlverhalten gibt. Das Hüteverhalten des Border Collies
besteht wie oben ausgeführt aus vielen Bausteinen. Wird nicht mehr auf die
richtige Mischung geachtet, gehen manche Verhaltensweisen verloren, andere
prägen sich dagegen übersteigert aus. Dies kann zwangsläufig zu unangepassten
Verhaltensreaktionen im Alltag führen.
Ein guter Arbeitshund
muß ein gutes Temperament haben. Der heutzutage als typisch angesehene,
hyperaktive Border Collie ist nicht unbedingt typisch für den klassischen
Arbeits-Border Collie! Der ideale Arbeitshund vereinigt körperliche Ausdauer
und blitzschnelle Reaktionen mit mentaler Stärke. Er muß Ruhe und Autorität auf
die Schafe ausstrahlen können. Nervöse, hippelige Hunde sind zu nervenschwach
und schwer zu trainieren.
Eine erfahrene, alte
Hündin: neben der braunen Farbe fällt besonders die ruhige, souveräne
Ausstrahlung auf.
Ein Verhaltensmerkmal,
das auch in der Border Collie Zucht auf Standard immer noch stark vererbt wird,
ist das Auge - zeigen, das rassetypische Anschleichen und Vorstehen. Dieses
Fixieren wird auch häufig gegenüber anderen Hunden gezeigt. Dies ist nicht als
normal zu betrachten, da Hunde Sozialpartner und keine potentielle Beute sind.
Zwangsläufig führt dies zur Gegenwehr der Angestarrten, die sich zu Recht
herausgefordert fühlen. Auch das Hüten von Kindern, Kinderwagen oder Joggern
wird meist fehlinterpretiert. Der Border Collie will diese Menschen nicht
„behüten", sondern er bejagt sie! Dieses Verhalten ist nicht „typisch für
einen Hütehund" und muß unterbunden werden. Es handelt sich um ein stark
selbstbelohnendes Verhalten, bei dem Glückshormone ausgeschüttet werden. Dies
bringt den Border Collie dazu, das Anstarren und Hetzen immer und immer wieder
bis zur Stereotypie auszuführen.
Ist der Hund irgendwann
gar nicht mehr zu kontrollieren, beißt er die Kinder oder zerlegt das Mobiliar,
heißt es dann: der Hund muß weg und zwar irgendwo hin, wo er Hüten kann. Es
soll ja ein Arbeitshund sein, und wahrscheinlich fehle ihm nur die Arbeit.
Leider ist es aber
inzwischen eher die Regel als die Ausnahme, daß diese Hunde für eine Ausbildung
an Schafen nicht geeignet sind. Sie zeigen zwar noch Auge, haben aber meist
keinen „cast", keinen „sheep sense" und sind vor allem kaum
trainierbar. Sie sind nicht mehr so fanatisch auf die Hütearbeit, daß sie
Korrekturen vom Ausbilder konstruktiv umsetzen würden. Läßt man sie nicht
hetzen wie sie wollen, verlassen sie meist das Feld.
Die einmalige Begabung
des Border Collies ist bei diesen Hunden nur noch in Überresten zu sehen. Diese
Erfahrung machen alle Ausbilder von Border Collies. Ebenso fällt auf, daß auf
Hüteseminaren im Vergleich zu vor 10 Jahren immer weniger begabte Hunde zu
sehen sind. Viele Border Collies muß man locken, damit sie um die Schafe
laufen. Welch ein Abstieg für den faszinierenden Spezialisten!
Wo aber nun hin mit dem
Problemhund? Als Haushund ist er zu unausgeglichen, als Arbeitshund mental
nicht mehr geeignet. Eine „Therapie" an Schafen, die nur der Auslastung
des Hundes dient, ist aus tierschutzrechtlichen Gründen nicht haltbar. Schafe sind
keine Spielzeuge für Hunde.
Fazit und Ausblick:
Als Fazit aus dieser
Entwicklung muß man lernen, daß dem Verhalten bei der Zucht von Border Collies
mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden muß. Will man aus einem
hochspezialisierten Arbeitshund einen schönen und unproblematischen Begleit -
und Sporthund züchten, muß man dafür Sorge tragen, daß er auch das notwendige
Verhaltensinventar für diese neuen Aufgaben besitzt.
Soll der Border Collie
aber nach wie vor als Arbeitshund Verwendung finden, muß neben Gesundheit
allein die Arbeitsleistung als Zuchtkriterium berücksichtigt werden.
Alles andere führt nur
zu vorprogrammierter Enttäuschung bei den neuen Welpenbesitzern und, was noch
schlimmer ist, zu einem Leben ohne Liebe und Anerkennung für den Border Collie,
der als Arbeitshund angeschafft wurde und dann ohne eigene Schuld versagt.
Alle Border Collie
Notvermittlungen, egal, ob privat oder von Vereinen organisiert, kennen diese
Schicksale - und die Anzahl nimmt ständig zu…
Dr. Viola Hebeler
Zur Autorin:
Praktizierende
Tierärztin mit Interessensschwerpunkten Verhalten und Vererbung
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