Ausgabe 08/2005
August 2005

Wir basteln einen Champion ...

Vorwort

Diesen Artikel habe ich mal im ersten "Kaukasen-Blättle" veröffentlicht (Anm. d. Red.: Zeitung für die damalige Landesgruppe Baden-Württemberg im Kaukasischen Schäferhunde Club - KSHC). Da wir aber auch heute nicht gerade die großen Fans von Ausstellungen sind, passt er immer noch. Denn viele Besitzer von Hunden brüsten sich mit ihren tollen Titeln oder Ausstellungserfolgen und verschweigen die Probleme und Problemchen, die sie mit ihren Hunden haben.

Vielleicht doch lieber ein Schlammbad, als Ausstellung ...
Foto: Hartmut Deckert

Also noch mal: wir basteln einen Champion und das ist gar nicht so schwer, wenn diese Bastelanleitung genau eingehalten wird.

Vorausgeschickt, dieser Beitrag ist Satire, diese wird aber vielleicht nicht von allen Lesern/innen als solche erkannt. Die Folgen davon, es könnte tatsächlich jemand auf die Idee kommen, diese Anleitung zu befolgen und dann wasche ich aber meine Hände in Unschuld.

Noch eine Vorbemerkung. Unsere Hirtenhunde sind ja schon ganz schöne Exoten, aber diese Hunde noch mit einem Titel, z. B. nationaler- oder internationaler Champion, geschmückt, das macht was her. Außerdem, ist ein Rüde solch ein Champion, so mancher Hündinnenbesitzer freut sich natürlich, wenn auch in den Ahnentafeln seiner Welpen ein schöner Titel eingetragen ist.

Nun aber, in die Praxis und die geht so:

"Man/Frau nehme die Zeitschrift "Unser Rassehund" und suche sich erst mal sämtliche in Frage kommenden und näher liegenden Ausstellungen heraus.

Für uns Schwaben ist dies kein Problem: Offenburg, Friedrichshafen, Stuttgart und Saarbrücken, Nürnberg, München und Frankfurt und schon haben wir mehr Ausstellungen beieinander, als man Anwartschaften braucht.

Als erstes suchen wir die Ausstellung heraus, die ganz sicher den ersten Siegertitel bringt, ich meine da kommt Offenburg als tollster Anwärter in Frage. Auch Friedrichshafen müsste zu gewinnen sein, wenn der auszustellende Hund nicht gerade auf drei Füßen daherkommt und schwanzlos ist. Saarbrücken wäre Nummer drei und so geschmückt geht’s an die restlichen Orte. Es müsste mit dem Teufel zugehen, wenn dieser Champion nicht klappt. Zugegeben, es ist ein bisschen aufwendig, kostet Zeit und Geld und das nicht zu wenig, aber immerhin, es kommt was dabei raus.

Übrigens, wenn die angegebenen Ausstellungsorte nicht reichen, wären da noch.....

Persönlich gezählt, ohne die Shows des KOC und ohne die Ausstellungen unseres Clubs (KSHC), über 20 hat der VDH im Jahre zu bieten, alle zu besuchen, lohnt nicht, denn auf einigen sind mehr als zwei Hunde pro Klasse gemeldet und dann muss unser Hund schon gut sein, auf allen anderen gilt in der Regel, kein Problem, in diesem Sinne, basteln wir einen Champion."

Wie aber trotzdem so manche Überraschung beim basteln herauskommen kann, möchte ich an einem ebenfalls satirisch gemeinten Preisausschreiben darstellen, das auch mal im "Kaukasen-Blättle" veröffentlicht wurde. Den ersten und einzigen Preis bekam übrigens niemand, denn dieses Rätsel war nicht lösbar.

Zum besseren Verständnis des Rätsels muss vielleicht noch einmal geschrieben werden, daß der Vorgänger unseres "Blättles" als Zeitung für die damalige Landesgruppe Baden-Württemberg im kaukasischen Schäferhunde Club (KSHC) erschien.

Mitglieder der ehemaligen Landesgruppe
Foto: Hartmut Deckert

Preisausschreiben

"Im Kaukasen-Kurier war's zu lesen, ein Teil der Funktionäre (und dazu zähle auch ich), verträgt sich nicht besonders. Warum, war auch zu lesen. Zum Beispiel übe ich Kritik an Richterentscheidungen. Brachte mir den Vorwurf ein, gegen P.12 der VDH-Zuchtordnung zu verstoßen. Stimmt aber meiner Meinung nach nicht.

Nun könnte es ja sein, daß ich im einen oder anderen Falle ja doch recht habe mit meiner Kritik und daher lieber Taten, statt weiterer Worte und deswegen ein Preisausschreiben.

Nachfolgend einige Richterberichte über Hunde unserer Landesgruppe und erraten werden soll, um welche Hunde es sich handelt. Nicht teilnahmeberechtigt sind die Mitglieder des Landesvorstandes, sowie alle Mitglieder der Zuchtleitung, denn erstere wissen, wer gemeint ist und letztere brauchen ja nur nachsehen in den Zuchtbüchern bzw. in den Ergebnislisten.

1. Einer unserer Rüden war dieses Jahr (gemeint ist 1996) in Hasselfelde, nicht gerade erfolglos, wie wir alle meinen und auch mit einem durchaus ausführlichen Richterbericht ausgestattet. Einige Auszüge aus dem Körbericht: "Mittelkräftig, mit Neigung zur kraftvollen Erscheinung mit VIEL SCHÄRFE; im Haarkleid Mischtyp mit Neigung zu Kurzhaar. Pigment ++, Verfassung ++, Gewicht 55 kg, Widerristh. 73 cm Brustumfang 90 cm, Brustt. 33 cm. ZWZ 5544/24"

2. Ein anderer unserer Hunde war in Dortmund zu sehen, auch seine Platzierung war nicht ohne und alle in der Landesgruppe sind mit ihm zufrieden. Auszüge aus der Beurteilung: "Kräftiger, langhaariger, robuster Typ, mit maskulinem Kopf, vollzahnigem, gesunden Scherengebiß, dunkelbraunes Auge und schwarzes Pigment. Altersmäßig ausreichend breite und tiefe Brust, sowie gerader und ausreichend fester Rücken. Die Stellung der Gliedmaßen im Stand ist einwandfrei. Bei der Bewegung hinten leicht bodeneng. D.. ... ist gehorsam und wird gekonnt vorgeführt."

3. Da hätten wir noch einen Rüden, der auch nicht gerade erfolglos auf Ausstellungen läuft und auch dessen Beurteilung ist nicht uninteressant. " ... Monate alt, bereits sehr kräftig entwickelt, rüdenhafter, kräftiger Kopf, hellbraunes Auge, schwarzes Pigment, vollz., gesundes Scherengebiss. Breite und feste Rückenlinie, korrekte Stellung der Gliedmaßen im Stand und bei der Bewegung. Diszipliniert bei der Vorführung und sehr selbstbewusst im Wesen."

4. Leider sind in unserer Landesgruppe noch nicht all zu viele ausstellungsfähige Hündinnen vertreten, darum noch mal einer unserer Rüden, ausgestellt in Nürnberg: "Korrekt aufgebauter sehr gut im Typ liegender Rüde, ausdrucksvoller Kopf, sehr kräftiger Schere, tadellose Oberlinie und für das Alter schon sehr gute Unterlinie, rassetypische Winkelungen, in der Bewegung gradlinig und ausreichend, wobei der Rüde mit dem Hallenbelag ein wenig Probleme hat."

5. In Stuttgart waren wir mehr bei den Hündinnen erfolgreich, auch da einen Richterbericht: "Die Augen sollten etwas dunkler sein, sehr gute Winkelung, fester Rücken, tiefe gewölbte Brust, Haarkleid ausreichend hart, bewegt sich frei."

6. Einer meiner absoluten Lieblinge unter unseren Hunden ist aber ein ganz bestimmter. Vorgestellt als kaukasischer Schäferhund auf der "Animal 95", eine kleine Beschreibung von mir: "Augen etwas zu hell, ansonsten ein Prachtexemplar seiner Rasse, wie auch alle fachkundigen Besucher auf dem Stuttgarter Killesberg bestätigt haben, sieht man mal von den hellen Augen ab, aber aus denen schaut man ja nur, die tun nicht weh, sagte mal jemand. Am meisten aber begeistert mich an diesem Hund sein Wesen, "fachmännisch" ausgedrückt könnte man es als sehr rüdenhaft und anderen Rüden gegenüber als sehr dominant beschreiben, traumhaft ist sein Verhalten gegenüber Menschen, d.h. er ist ohne jede Schärfe und offen gegen jedermann/frau und besonders Kindern, kurz, er war der Star auf dem Killesberg am Sonntag nur wegen seinem Benehmen. Hunde, die dermaßen wenig Schärfe zeigen, solange es um absolut nichts geht, sollten ein Zuchtziel sein, außer es werden eben so richtige Kämpfer gewünscht, weil auch dazu ein Markt vorhanden ist."

Oskar von E. + R.
Foto: Hartmut Deckert

Soweit das Rätsel. Wie schon geschrieben, es war nicht lösbar daher jetzt des Rätsels Lösung:

"1. 'Einer unserer Rüden war dieses Jahr in Hasselfelde ...'

Der gesuchte Hund ist "Oskar von E. + R.". Über die Schärfe dieses Hundes mache sich jeder selbst eine Meinung. Besondere Beachtung verdient das Haarkleid. Richter und Leiter der Körkommission, Heinrich Schmidt.

2. 'Ein anderer unserer Hunde war in Dortmund zu sehen, auch seine Platzierung war nicht ohne und alle in der Landesgruppe sind mit ihm zufrieden ...'

D
er gesuchte Hund ist "Oskar von E. + R.". Nun ist er also schon langhaarig, Gleich in der Bewertung das dunkle Pigment, im Körbericht übrigens mit zwei ++ bewertet. Richter in Dortmund Heinrich Schmidt.

3. 'Da hätten wir noch einen Rüden, der auch nicht gerade erfolglos auf Ausstellungen läuft und auch dessen Beurteilung ist nicht uninteressant ...'

Keiner hätte es gedacht, auch dieser Hund heißt: "Oskar von E. + R." und die Bewertung wurde bei der Clubsiegerschau 1995 in Hasselfelde vergeben, am gleichen Tage, wie der erste Richterbericht. Und siehe da, der gute Oskar hat hellbraune Augen, was im übrigen stimmt. Überraschend, bei der Körung bekam er in der Bewertung Pigment ++, also besonders starkes Pigment. Bliebe die Frage, ob dies nicht zu viel der guten Dinge ist. In Hasselfelde wurde noch seine korrekte Stellung der Gliedmaßen gelobt, in Dortmund war er in der Bewegung leicht bodeneng. Richter wieder Heinrich Schmidt.

4. 'Leider sind in unserer Landesgruppe noch nicht all zu viele ausstellungsfähige Hündinnen vertreten, darum noch mal einer unserer Rüden, ausgestellt in Nürnberg ...'

Die Lösung, der Hund heißt "Oskar von E. + R.". Vergeben wurde diese Wertung in Nürnberg 1995 und zu ihr muss wohl nicht viel gesagt werden. Der Name des Richters ist leider nicht lesbar, es war aber nicht Heinrich Schmidt.

5. 'In Stuttgart waren wir mehr bei den Hündinnen erfolgreich, ...'

Der Hund ist aber ein Rüde und heißt, na, wie wohl? Logisch, "Oskar von E. + R.". Dieser Richterbericht wurde vom Präsidenten des VDH erstellt und ich nehme mal an, daß er in der Lage und befähigt ist, Kaukasen zu richten. Richtig erkannt, die Augen, nett ausgedrückt, sie sollten etwas dunkler sein.

6. 'Einer meiner absoluten Lieblinge unter unseren Hunden ist aber ein ganz bestimmter. Vorgestellt als kaukasischer Schäferhund auf der 'Animal 95' ...'

Auch dieser Hund heißt "Oskar von E. + R." und er benimmt sich immer so, wie auf dem Killesberg, ausgenommen, es kommt ein schwarzer Rüde, denn schwarze Hunde kann er nun mal nicht leiden."

Unter die Auflösung des Rätsels schrieb ich damals noch:

"Einen weiteren Kommentar will ich mir ersparen, nur ein Gedanke sei gestattet, wie kann ein Hund in so kurzer Zeit so gewaltig seine Augenfarbe ändern und wie kann er vom Langhaar zum Mischtyp mit Tendenz zum Kurzhaar mutieren? Vielleicht auch noch die Frage, was ein Züchter davon halten soll, wenn Richterberichte so abgefasst sind und er sich vor einem Deckeinsatz eines Hundes erst einmal davon überzeugen muss, welcher Richterbericht denn nun zutrifft und warum ich auf eine Ausstellung gehen soll, wenn mein Hund so verschieden aussehen kann?"

Unser "Dreckbär" Nannuk
Foto: Hartmut Deckert

Wie war noch mal das Thema des Artikels? Ach ja, wir basteln einen Champion! Wer also immer noch Lust und Zeit und Geld und Laune hat, einen solchen Titel zu erringen, der fahre schon mal los. Die nächste Ausstellung in der Nähe ist übrigens Anfang August 2005 in Ludwigshafen. Vielleicht braucht ja jemand noch eine Anwartschaft für einen dieser tollen Titel.

Und die Sache mit den verschiedenen Augenfarben hat mir auch mal jemand erklärt. Stellt man nämlich einen Hund einmal in die Sonne und ein andermal in den Schatten, hat er eben helle oder dunkle Augen.

Hartmut Deckert