Ausgabe 01/2006
Januar 2006

IRAS Stuttgart am 12. + 13. November 2005

Centralasiate aus der Tschechei
Foto: Hartmut Deckert

Entgegen meiner Überzeugung bin ich mal wieder auf die Stuttgarter Ausstellung gegangen, und es hat sich dieses Jahr direkt gelohnt. Denn mein Freund Maik und ich sahen eine ganze Reihe interessanter Hunde und die hatten sehr vernünftige Besitzer.

Allerdings sahen wir auch mal wieder, dass meine Behauptung, Richtern fehle das richtige "Anschauungsmaterial", durchaus richtig ist.

Kaukasen

Bereits im August in Ludwigshafen sahen wir eine Hündin von gerade mal 17 Monaten und diese Hündin hatte laut dem Stuttgarter Richter einen zu maskulinen oder zu großen Kopf. Bevor sie gerichtet wurde, war ich der Meinung, sie könne ruhig etwas kräftiger und größer sein. Obwohl mir natürlich klar ist, dass ein Hund in diesem Alter noch lange nicht fertig ist und sich fast täglich verändert.

Die Hündin mit dem zu "großen" Kopf
Foto: Hartmut Deckert

Wer sich im Internet umsieht, oder selber die "schönen alten" Kaukasen kennt, wird mir sicher zustimmen, dass dieser Rasse unterdessen in Deutschland Substanz fehlt, womit wir mal wieder beim alten Thema vom so genannten "deutschen Kaukasen" wären. Es wäre daher zu wünschen, dass Züchter sich die Mühe machen, Hunde aus dem Ausland zu holen, die eben dann diesem kraftvolleren Typ mehr entsprechen. Dazu kommt, dass auch die Farben wieder ruhig bunter werden sollten, der graue "Einheits-Kaukase" ist nun wirklich nicht das Maß aller Dinge. Und dieser Richter hat dann gemessen an solchen Kaukasen ein "Fehlurteil" abgegeben.

Sarplaninac

Eine ähnliche Entwicklung kann man auch beim Sarplaninac sehen. Sie werden immer weiter vom Ursprung weg gezüchtet. Denn nirgendwo im Standard steht, dass die Hunde größer werden sollen. Dies meinen einige Züchter dadurch zu erreichen, indem sie ihren Hunden "mordsmäßig lange und zu schlanke Fahrgestelle" anzüchten.

Und sehr zu wünschen übrig lassen die Köpfe der ausgestellten Hunde. Wer sich an die eigentliche Aufgabe dieser Rasse erinnert, wird erkennen, dass diese Köpfe nicht rassetypisch sind. Zu schmal und das berühmte "magische Dreieck" der Hirtenhunde ist auch nicht mehr zu erkennen.

Sarplaninac-Rüde, 19 Monate alt
Foto: Hartmut Deckert

So empfand ich die ausgestellten Hunde als Mittelmaß. Und gäbe es einen funktionierenden Zucht-Club, müsste dieser sicher umdenken, was die Harmonie und das typische Aussehen der Rasse betrifft. Leider gibt es den schon lange nicht mehr.

Wer sich dann mal die Mühe macht und Sarplaninac aus dem Ursprungsland anschaut, wird schnell merken, wie ein solcher Rassevertreter auszusehen hat, kompakt mit tiefer Brust, stämmig im Gebäude und mit einem ausgeprägten und kräftigen Kopf, der eben, schaut man ihn von vorne an, dreieckig wirken muss, mit ausgefüllten "Backen". Einen solchen Hund stellt das folgende Bild dar, es handelt sich um einen "Arbeitshund" aus dem Kosovo und der sieht anders aus.

Foto: Deltari ilir

Hinzu kommt, dass einige Hunde vergessen haben, wie sie ihre Rute tragen sollten, denn bei ihnen befand sie sich unter dem Bauch.

Pyrenäenberghunde

Bei meinem letzten Besuch 2000 in Stuttgart habe ich diese Rasse beschrieben, zu groß und zu schwer, dadurch plump und unharmonisch, mit durchtretenden Pfoten und teilweise offenen Augen.

Junge, geschorene Pyrenäenberghund-Hündin
Foto: Hartmut Deckert

Nachdem ich bereits in Ludwigshafen von einer Pyrenäenberghündin begeistert war, konnte ich auch in Stuttgart feststellen: es gibt ihn noch, den "richtigen" Patou. Die Züchterin und Halterin Margarete Sigler hatte einen jungen Rüden an der Strippe - der gerade mal ein Jahr alt - mit einem guten Kopf und kräftigen Knochen und viel Pigment bestach. Keine Ausnahme, denn sein ebenfalls ausgestellter Bruder gefiel mir auch sehr gut.

So habe ich endlich Lust bekommen, auch diese Rasse in unserer Hirtenhundewelt vorzustellen. Das Rasseportrait ist bereits in Arbeit und darin wird einiges einfließen, was mir in Stuttgart gefallen hat.

Ein toller Rüde
Foto: Hartmut Deckert

Maremmano

Immerhin war auch mal wieder ein Vertreter dieser Rasse ausgestellt. Obwohl "Woody" (Züchter Wolfgang Woltemade) auch erst 21 Monate alt ist und damit fast noch ein "Baby", ist er bereits ein guter Vertreter seiner Rasse. Reichlich unbekümmert und neugierig trabte er durch die Halle und er trug seine Rute richtig.

 

Maremmano Woody
Foto: Christian Donnert

Do-khyi

Fast völlig vom Glauben bin ich gefallen, als ich doch tatsächlich mal wieder zwei Do-khyis gesehen habe. Und noch mehr erstaunt war ich über die Besitzer, die meinten nämlich, ihr Rüde sei nicht so perfekt, aber die Hündin sei gut. Kritische Hundebesitzer, das gibt es auch nicht alle Tage, denn laut ihnen hat der Rüde einen etwas aufgezogenen Rücken und das konnte man erkennen. Beide Hunde zeigten aber das übliche Verhalten dieser Rasse, nämlich immer gelassen und aufmerksam zu sein.

Do-khyi-Rüde + -Hündin
Foto: Hartmut Deckert

Was mir sonst noch so aufgefallen ist

Zunächst einmal das Positive. Der Ring für die Hirtenhunde wurde anschließend dazu benutzt, die so genannten "Kampfhunde" auszustellen. Anscheinend hat die Politik mit ihrer Verunglimpfung dieser Rassen nicht den erhofften Erfolg erreicht, denn ich habe eine ganze Weile die Besucher dieser Ausstellung beobachtet und deren Reaktion auf diese Hunde hat mich sehr gefreut, denn sie hatten ihren Spaß an diesen Hunden und stellten viele Frage über sie, die angebliche Gefährlichkeit spielte dabei keine Rolle.

So habe ich die Hoffnung, dass sich dieses Theater auch mal wieder legt und die Hunde wieder als das gesehen werden, was sie schon immer waren, menschenbezogene und freundliche Clowns. 

Bully-Clowns
Foto: Hartmut Deckert

Und das Negative fand ich wie immer bei den Bobtails. Nur zur Erinnerung: sie waren mal Hütehunde. Heute sind sie "Toupierhunde". Es ist schon übel, was man mit dieser Rasse auf allen Ausstellungen veranstaltet. Mit Schleifchen versehen, gepudert und gebürstet sehen sie immer etwas "nuttig" aus. Mit einem Hütehund hat das nichts mehr zu tun und die Würde der Hunde ist auch dahin.

Ist er nicht süß mit Schleifchen?
Foto: Hartmut Deckert

Vor Jahren hatten wir in Stuttgart einen Nachbarn, der einen Bobtail besaß, und der sollte auch mal ausgestellt werden. Also am Abend vor der Ausstellung Vollbad und Verbot der üblichen Matschwege.

Am nächsten Tag fragte ich, wie es war. Nicht gut, so die Antwort, der Richter fand nämlich, der Hund sei zu ungepflegt und meinte damit, nicht toupiert, gekämmt und ohne Schleifchen. Der Herr Bobtail wurde nie wieder ausgestellt, was ihn sicher nicht gestört hat.

Nicht verstehen kann ich allerdings in diesem Zusammenhang das Verhalten der Richter: Wollen sie ein Kunstprodukt oder einen Hund vorgeführt bekommen?

Du armer Hund!
Foto: Hartmut Deckert

Spaß gemacht haben übrigens die vielen Gespräche rund um die Hunde. Einige Kontakte wurden geknüpft und so habe ich Hilfe bekommen für die Rasseportraits der "Spanier" und Franzosen. Und weil eine Besucherin sich bei Maik erkundigte, woher sie Informationen über der Mastin de los Pirineos bekommen könnte, der ist auch in Arbeit.

Abschließend schreibe ich daher, der Tag hat sich gelohnt, sieht man vom hohen Eintrittspreis mal ab. Anscheinend aber meint der VdH, man möchte Teilhaber werden und daher kommen dann solche Preise zustande.

Hartmut Deckert