Ausgabe 03/2009 |
Juni + Juli 2009 |
Der Koochee Hund Der traditionelle Herdenschutzhund der afghanischen Nomaden Autor Rasaq Qadirie Wieder mal ein Buch - oder besser ein Büchlein – über Hirtenhunde oder Herdenschutzhunde und bereits bei der Namensgebung kann sich der Autor nicht so richtig entscheiden, was letztendlich diese Hunde sind. Gerade bei den Hirtenhunden Zentralasiens wäre es aber angebracht, eine klare Definition vorzunehmen, denn diese Hunde sind alles andere als Herdenschutzhunde, sie bewachen seit Jahrhunderten alles und jedes, das zu Nomaden, Höfen, Hirten und Tieren gehört. Womit wir gleich am Anfang bei einem Punkt sind, der leider mehr als schwammig verkauft wird, den Nomaden. Denn die „afghanischen Nomaden“ gibt es nicht. Darauf komme ich noch. Foto:Luke Powell Wie wichtig es wäre, die verschiedenen Volksgruppen oder Stämme vor zu stellen, die entweder früher als Nomaden lebten, heute noch mit ihren Tieren wandern, oder als „Teilnomaden“ Viehzucht und Viehhaltung betreiben, zeigt sich spätestens dann, wenn Qadirie völlig aus dem Zusammenhang gerissen die verschiedenen Typen oder Schläge vorstellt. Denn diese doch sehr unterschiedlichen Hunde sind aus „Bedürfnissen“ hervorgegangen, die eben genau mit der Lebensweise der Hirten oder Nomaden zu tun haben. Wesentlich besser - und das auch noch umsonst - werden diese Schläge von dem Züchter Ronald Guldenschuh auf seiner Seite vorgestellt. Qadirie schreibt:
Warum aber gibt es diesen Typ, welche Arbeit verrichtet er und wo wird er gehalten? Antworten bleibt der Autor schuldig. Genauso in den nächsten Sätzen, dort heißt es:
Siehe Guldenschuh, das alles hat einen Sinn und Zweck und der sollte erklärt werden. Zumal es in einer ganzen Reihe von Ländern Hunde gibt, die diesen Typen entsprechen und in den unterschiedlichsten Gegenden oder Begebenheiten eingesetzt werden, mit Erfolg übrigens Und warum der so genannte Bergtyp entstand und warum er sich so verhält, wie in der folgenden Episode beschrieben, wird auch nicht beantwortet:
Ebenso bleibt er eine Antwort schuldig, warum all diese verschiedenen Schläge wetterfest sein müssen, denn die folgende Erklärung ist wenig hilfreich:
Rüde Ghaleb Vollends verwirrt hat mich dann das folgende Zitat, denn damit ist das Chaos perfekt und erklärt wird rein gar nichts. Im Gegenteil, anstatt wenigstens in Ansätzen auf die Regionen und Länder Zentralasien einzugehen, stellt er diese Sätze in den Raum:
Und bei dieser Gelegenheit stellt sich mir die Frage, in welcher der zahlreichen Sprachen das Wort „Herdenschutzhund“ vorkommt und warum Qadirie dieses dann verwendet. Aber zurück zu den Nomaden. Und damit zurück zu bereits geschriebenen: „Die Nomaden in Afghanistan“ gibt es nicht, wohl aber Teile der Bevölkerung des Landes, die entweder als Nomaden gelebt haben, teilweise noch als „Halbnomaden leben und diejenigen, die immer noch als Nomaden leben. Als Nomaden ziehen heute noch die Kuchi mit ihren Herden umher. Der Stern Autor Joachim Hoelzgen schreibt:
In Afghanistan leben etwa zwei Millionen dieser Nomaden, ein Teil von ihnen sind nur noch Halbnomaden, die mit ihren Viehherden ziehen. Und weil sie eben wandern, sind ihre Hunde kleiner und leichter und daher „ökonomischer“, d.h. sie benötigen weniger Nahrung als beispielsweise der schwerere so genannte Bergtyp. Eigentlich logisch und eine einfache Erklärung für die unterschiedlichen Typen, die man in ganz Zentralasien findet und die nichts mit den „traditionellen Herdenschutzhunden der afghanischen Nomaden“ (Zitat Qadirie) zu tun haben. Darauf hätte im Sinne einer vernünftigen Erklärung der Autor ruhig hinweisen können. Im Hochland, dem sogenannten Hazarajat, lebt mit rund neun Millionen Angehörigen weltweit das Volk der Hazara. Angeblich stammen sie von den Mongolen ab. Auch dieses Volk war ein Nomadenvolk. Unterdessen sind die Hazara fast ausschließlich sesshaft und daher findet man bei ihnen auch größere und vor allem schwerere Hunde. Denn diese wandern nicht mehr weite Strecken und dienen in der Regel als Wachhunde für die Dörfer und Höfe. Mit diesen Volksgruppen Afghanistans sind die Nomaden aber noch lange nicht vollständig; es existieren nämlich noch kleine und kleinste Völker und Stämme und diese gehören Sprachfamilien an, die man nicht unbedingt in Afghanistan vermutet, z. B, die Brahui, Wüstennomaden am unteren Hilmend und in Registan, die noch wirklich einen mongolischen Dialekt sprechenden Moghol in der Provinz Herat, genauso wie Arabisch, das als Überbleibsel der ersten islamischen Eroberung im 8. Jahrhundert bis heute in zwei Dörfern bei Mazar-e Sharif gesprochen wird. Erwähnenswert unter kulturellen Gesichtspunkten auch die Nuristani, ein Bergbauern - und Hirtenvolk, das in den bewaldeten Tälern des ostafghanischen Hindukusch lebt. In den nordwestlichen Provinzen Badghis und Jozjan findet man die für ihre Teppichknüpferei berühmten Turkmenen. Daneben gibt es vor allem in Ostafghanistan zahlreiche kleine Gruppen nordindischer Herkunft (Dschats, Gudschur u. a.), die sich kastenartig auf Wandergewerbe spezialisiert haben. Betrachtet man den Norden von Afghanistan, findet man dort Usbeken und Tadschiken. Auch unter ihnen gab und gibt es nomadisierende Hirten und auch über die hätte Qadirie etwas schreiben können, denn auch die wandern teilweise noch heute mit ihren Herden und Landesgrenzen spielen dabei keine Rolle. Zumal der Autor kein Afghane, sondern Tadschike ist und daher sicher etwas über diese Nomaden weiß. Ebenfalls zu den Nomaden Afghanistans gehören die Belutschen mit ihren zahlreichen Stämmen, verteilt über ganz Zentralasien. Die Timuri sind eine der kleineren Gruppen. Sie leben in den Bergen im Nordwesten Afghanistans und sie gehören zu einer Volksgruppe, die man Aimaq nennt, zerstreut in Afghanistan und im Norden des Irans. Die Liste der Nomaden, die Afghanistan durchwandern, oder dort leben, lässt sich fortsetzen und wir werden über diese in späteren Ausgaben informieren. Kapisa Province, Panjsheer Valley Aber es wäre interessant gewesen, über sie zu schreiben, wenn man sein Buch „Der traditionelle Herdenschutzhund der afghanischen Nomaden“ nennt. Zumal Qadirie schreibt:
Seinen eigenen Ansprüchen ist Rassaq Qadirie sicher nicht gerecht geworden wenn er die folgenden Ansprüche beschreibt:
Völlig zu Recht kritisiert Qadirie die Zucht der so genannten Centralasiaten in anderen Ländern, darunter in Deutschland. Und wenn er ebenfalls richtig erkennt, dass diese Hunde gefährdet sind, wäre etwas mehr Information und Aufklärung nötig gewesen, denn wie soll sich ein „normaler Europäer“ ein Bild dieser Arbeitshunde machen, wenn er derart allgemein „abgespeist“ wird? Qadirie schreibt richtig:
Und auch das Folgende ist nur zu unterschreiben, denn damit wird ebenfalls den Hunden „der Seidenstraße“ Schaden zu gefügt:
Soweit die Hirten – oder Herdenschutzhunde der Nomaden Afghanistans. Aber das „Büchlein besteht auch aus einem „Praktischen Ratgeber“ im Umgang mit diesen Hunden, der Autor schreibt dazu einleitend:
Wohl wahr, dass Probleme auftreten können und das geschieht so ziemlich mit allen Rassen dieser Welt, also auch mit Hirtenhunden.
Foto: Bernd Kornmaier Will er aber mit diesen Sätzen darauf anspielen, dass eben Hirtenhunde einen erfahrenen Halter und somit Kenner dieser Rassen benötigen, liegt er genauso falsch wie andere Autoren auch, die das verbreiten, was sie auch einmal lernen mussten und was wahrhaftig nicht das schwerste im Leben eines Menschen ist, der Umgang mit Tieren und hier eben mit Hunden, genauer, Hirtenhunden. Seine Ausführungen über Hundehaltung verbieten geradezu die Zucht und Haltung von diesen Hirtenhunden in Europa, man könnte aber auch schreiben, die Haltung von Hunden allgemein. In meinen Augen sind daher die folgenden Sätze geradezu „kinderfeindlich“, wenn er diesen derart wenig zutraut, allerdings auch ihren „erwachsenen Lehrern“. Qadirie schreibt:
Wie hielten es denn er und seine Kinder mit Hunden? Es ist also nach diesen übrigens falschen Zeilen nicht verständlich, dass im „Auftrag“ des Autors afghanische oder zentralasiatische Hirtenhunde in Deutschland gezüchtet und vor allem auch verkauft werden. Und weiter dazu im krassen Gegensatz stehen dann seine Erzählungen über seinen ersten Hirtenhund, den er in Deutschland hielt und der sich angeblich sehr gut in diese „Umwelt“ eingefügt hatte. Einer seiner Erziehungstipps ist lesenswert und sicher wird ihm die Ärzteschaft danken, denn damit treibt er diesen ungeahnte Neukunden zu. Er schreibt nämlich:
Mit einem Gruß an die Bandscheiben der Halter will ich diesen Quatsch nicht weiter kommentieren, gesagt aber werden muss, wenige der Hirtenhunderassen bringen in der Regel weniger als 50 kg auf die Waage. So einen „Brocken“ hoch zu heben, um ihn zu erziehen, es gibt sicher bessere Methoden, diese ist zur Nachahmung nicht empfohlen. Koocheehunde scheinen Jäger zu sein, lerne ich aus diesem Büchlein, denn ein großer Teil der „Erziehungstipps“ beschäftigt sich damit, wie man diese Hunde von Jagen abhält. Hoffentlich hat seine „deutsche Niederlassung“ keine Welpen in wildreiche Gegenden verkauft, sonst laufen diese nur noch auf den Hinterpfoten, der restliche Körper hängt in der Luft, vom Halter mühselig hochgehoben. Nein, da gegen wir nicht hinterher Um die Konzentration auf den Hund nicht zu stören, sollte man auch nicht mit dem Handy telefonieren. Oder sich von anderen Menschen ablenken lassen. Da fehlen dann nur noch zur Vervollständigung die Erziehungs- Tipps von Bloch. Daher sollte man die „schlauen“ Ratschläge von Qadirie nicht so ernst nehmen und wie gewohnt seine Touren machen, der Hund wird schon nicht in der beschriebenen Weise reagieren, sondern froh sein, wenn er mal machen kann, was er will. Den Widerspruch mit den Hunden in Deutschland hatten wir schon, aber es ist schon ärgerlich, wenn man dann diese Rasse in Deutschland züchtet und vor allem nicht ganz billig verkauft, bei der folgenden Einstellung des Autors:
Unter anderem meint Qadirie damit eben, die Hunde sind in der „westlichen Zivilisation“ geistig nicht ausgelastet und das liest sich so:
Spontan fällt mir dazu ein, dass der Autor einmal in Freiburg oder dort in der Nähe wohnte und wie er dort seine Hunde hielt. Also Sekt predigen und Wasser saufen, geht auch nicht. Im Kapitel zum „Spaziergang mit Hirtenhunden“ unterliegt auch Qadirie einem Irrtum, nämlich dem vom Territorialverhalten der Hirtenhunde. Das gibt es nicht, Hirtenhunde sind eben nicht territorial, auch wenn das oft genug behauptet wird, wären sie es, könnten sie ihre Aufgaben während dem Umherziehen der Herden nicht erfüllen. Diese bewegen sich nämlich nicht in gewohnten Territorien. Er schreibt – und das ist ein Widerspruch:
Sie tun es eben nicht, sondern sie bewachen sozusagen „ihr Eigentum“ und das kann alles mögliche sein Beim Lesen z. B. des Kapitels „Fütterung“ habe ich mich desöfteren gefragt, welches Verhältnis Qadirie zu seinen Hunden gehabt hat, oder noch hat. Sicher ist es richtig, dass es vorkommt, dass insbesondere Welpen ihr Futter verteidigen, oder wenigstens so tun, eben aggressiv reagieren. Das aber ist eher die Ausnahme und daher nicht ein solches Kapitel wert. Es sei denn, dass Verhältnis eines Welpen oder später auch ausgewachsenes Hundes zu seinen Menschen ist so gestört, dass sich ein Hund bedroht fühlt. Bei der Aufzucht eines Wurfes ist wenigstens mir ein solches Verhalten nicht begegnet und andere Züchter werden das bestätigen. Das sieht unterwürfig aus Das Spielen mit den Hunden wird vom Menschen gesteuert, da gebe ich dem Autor recht. Das gilt aber für alle Rassen und für alle Größen. Denn so richtiger Spaß kommt nicht auf, wenn ich als nicht „dicht behaartes Menschlein“ jedes mal den Spielplatz mit Schrammen und Kratzern verlasse. Viele seiner „Ratschläge“ bestehen aus Plattitüden, oder sie werden noch nicht einmal von ihm und seiner „Deutschlandvertretung“ eingehalten. So stimme ich z. B. mit ihm überein, dass diese Hunde wie andere Hirtenhunde auch im Freien gehalten werden sollten. Aber dass dadurch das Lebensalter erhöht wird, weil sich dann die „Hunde bei Bedarf lösen können“, halte ich dann doch für ein Gerücht. Stimmt es, wäre im „Ratziland“ eine Änderung der Verhältnisse angesagt. Denn nur dann stimmt, was „Ein alter Mann in Afghanistan sagte, um diesen Hunden ein langes Leben zu ermöglichen, sollte man sie draußen frei halten, damit sie jederzeit ihre Geschäfte verrichten könnten, denn so werden ihre Nieren und Verdauungsorgane geschont.“ (Zitat Qadirie) Man könnte es aber auch so ausdrücken, wie dies jemand getan hat, der den Autor und „Experten“ wesentlich besser kennt, als ich. Er meinte, Qadirie habe im Umgang mit Hunden keinerlei Gespür. Und die folgenden Sätze geben mir dann doch Gelegenheit zum Nachdenken. Er schreibt:
Denn wo und wie werden sie gehalten in der Nähe von Hannover? Und hier Zuhra völlig entspannt Umgang mit einer Mutterhündin und ihren Welpen Auch in diesem Kapitel Plattitüden, nicht weiter erwähnenswert. Vielleicht sollte Qadirie das mit den Würfen mal üben und vorher entsprechende Fachliteratur lesen. Im Kapitel Zuchtkriterien lese ich, dass im Ursprungsland Afghanistan alles erlaubt ist, Zahnfehler aller Art, praktisch alle Farben der Augen und des Felles und selbst die Mindestgröße spielt keine Rolle:
Die Einschränkung oder der Widerspruch folgt auf dem Fuß, er schreibt nämlich:
Klingt logisch, aber dann werden eben doch Zuchtkriterien aufgestellt und die sind aus den beschriebenen Gegebenheiten abgeleitet. Irgendwie scheint es mit dem Kapitel aber „Abstimmungsprobleme“ zu geben. Denn als ich einmal schrieb, die Hunde, die unter der Aufsicht von Qadirie in Deutschland gezüchtet werden, seien sehr oft zu groß, folgte die Entgegnung auf den Fuß. Steffen Ratzke schrieb:
Und an anderer Stelle in seinem Buch schreibt Qadirie:
Alles klar, oder wie war das am Anfang:
Die Hinweise für die Zucht haben sich, obwohl es der Autor nicht zu glauben scheint, auch schon im alten Europa herumgesprochen. Daher weiß man hierzulande schon seit längerem, dass zu einer guten Verpaarung eben auch zwei gute Elterntiere gehören. Somit bietet sein Kapitel: Einige wichtige Hinweise für die Zucht nichts aufregend neues. Aber es stellt sich schon die Frage, woher diejenigen, die in Deutschland mit Hunden aus Afghanistan züchten, die Kenntnisse über die Ahnen haben, die der Autor für wichtig hält, er schreibt:
Sicher gibt es genügend Züchter, die wegen der „schnellen Mark“ einfach kreuzen, was nicht rechtzeitig auf die Bäume kommt, aber auch in unseren Breitengraden gibt es verantwortungsvolle Züchter und die wussten lange vor Qadirie, wie man die richtigen Eltern auswählt. Foto: Rasaq Qadirie All das, was der Autor glaubt, in seinem Büchlein vermittelt zu haben und was ich aber vermisse, fasst er in seinem Schlusswort zusammen:
Und den folgenden Satz kann ich natürlich nur unterstreichen, denn schließlich bin ich einer der beiden Betreiber der Hirtenhundewelt, er schreibt:
Danke für die Werbung! Und wenn er es auch noch so oft betont, dieser Satz stimmt einfach nicht:
Sonst nämlich würde man in Deutschland kreuzunglückliche Hunde züchten, die hier und anderswo in Europa nichts zu suchen haben. Qadirie aber müsste die Konsequenzen ziehen und mit seinen Hunden nicht in Deutschland leben, oder nach Kanada auswandern, er müsste nach Afghanistan gehen, oder die Finger von diesen Hunden lassen. Zusammenfassung Dieses „Buch“ ist ein nettes „Bilderbuch“ geworden. Wären die sehr interessanten Fotos in der Qualität etwas besser, würde ich ohne weiteres so etwa die Hälfte des geforderten Preises bezahlen. 19,80 € zzgl. 3,50 € Versandkosten (Einwurf-Einschreiben im gepolsterten Umschlag), sind zuviel. Inhaltlich bietet es nicht neues, nichts wichtiges und es vermittelt einfach viel zu wenig über den Ursprung und die „uralte Kultur“ dieser Hunde. Schade, denn man hätte mehr daraus machen können. Hartmut Deckert
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