Ausgabe 05/2007 |
November + Dezember 2007 |
Unter dem Regenbogen ...
Fast ein Märchen aus Afghanistan
Joseph Anton Koch, Heroische Landschaft mit dem Regenbogen
(1805)
Quelle: Wikipedia
In Jalalabad, der Hauptstadt der Provinz Nangarhar lebt eine
Familie. Eine richtige Familie ist es nicht, denn ihr fehlt der Vater. So muss
die Mutter mit ihren beiden Töchtern und dem Sohn die Familie über Wasser
halten und das ist im heutigen Afghanistan sehr schwer. Mit in der Familie lebt
auch noch die Großmutter der Kinder.
Quelle: http://www.afghanistan-seiten.de/afghanistan/pro4a.html#nangarhar
Obwohl Jalalabad eine unterdessen größere Stadt ist – sie hatte 1979
nur ca. 5900 Einwohner und wuchs unterdessen auf ca. 168 000 Einwohner – ist
die Arbeitslosigkeit sehr hoch und das Leben daher sehr beschwerlich. Das
merken auch die Kinder, denn auch sie müssen ihren Beitrag zum Überleben der
Familie beitragen.
Auch
in Kabul gibt es heute noch
in vielen Stadtteilen Kinder,
die „beruflich“ Wasser tragen
Immer
wenn der Enkelsohn nach einem schweren Arbeitstag müde und erschöpft nach Hause
kommt, versucht die Großmutter ihn zu trösten und oft erzählt sie ihm die
Märchen ihrer Kindheit.
Und
eines dieser Märchen ist das vom Regenbogen. Denn vor langer Zeit wünschte sich
ein kleiner Junge, ein Mädchen zu sein und dessen Mutter verriet ihm, wie das
geht.
Damals
sagte die Mutter zu ihrem Sohn:
„
... Du musst unter einem Regenbogen durch gehen und einen Wunsch dabei
aussprechen. Der geht dann in Erfüllung, wenn der Regenbogen nicht mehr zu
sehen ist. Und wenn Du dir eben wünschst, ein Mädchen zu werden, geht auch das
in Erfüllung.“
Der
Sohn machte sich Gedanken über dieses Märchen und auch darüber, dass er viel
schwerer arbeiten musste, als seine Schwestern. An einem Abend fragte er die
Großmutter, ob das mit dem Regenbogen und dem Wunsch auch heute noch ginge,
denn er wolle gerne ein Mädchen werden.
Die
Großmutter meinte, sie wisse natürlich nicht, ob die Geschichte vom Regenbogen
wahr sei, aber er könne sie ja mal ausprobieren. Aber vorher gebe es doch noch
eine ganze Menge zu bedenken, denn das alte Märchen berichtete weiter, dass man
einen Wunsch, den man unter dem Regenbogen erfüllt bekommen habe, nicht mehr
rückgängig machen kann.
Ein
Mädchen aus Kabul
Der
Enkel wollte wissen, welche Bedenken sie denn habe und daher erzählte sie ihm
von den alten Traditionen ihres Landes und wie schwer es Mädchen haben können.
Aber auch davon, wie gefährlich, aber auch schön das Leben der Männer ist.
Diese Geschichten dauerten viele Abende und der Enkel hörte sie mit großem
Interesse.
Die
erste Geschichte war die von der Stadt Jalalabad und ihrer Entstehung.
Jalalabad
ließ der Großmogul Akbar, Enkel des Gründers des Mogul-Imperiums, Babur, 1570
erbauen. Die Stadt liegt 594 Meter über dem Meer und hieß im Laufe ihrer
Geschichte auch Jalal Abad, Jelelabad, Jelalabad, Jalalkot, Dschalalabad
und Dschellalabad.
Akbar
(reg. 1556 bis 1605) auf einer Zeichnung um 1605
Quelle:
Wikipedia
Jalalabad
ist die Hauptstadt der Provinz Nangarhar, oder auch Nangerhar,
sowie Ningarhar und Nangrahar und hat seit 1964 den Status einer Provinz und
zählt zur Ostregion. Leider ist der Mohnanbau in der Provinz der drittgrößte in
Afghanistan, nach den Provinzen Badakhshan und Helmand.
Quelle: http://www.afghanistan-seiten.de/afghanistan/pro4a.html#nangarhar
Die
ganze Provinz hat eine Fläche von 7727.36 qkm und die Einwohnerzahl beträgt 1
531 400 (2004).
In
der Stadt und der Provinz leben hauptsächlich Pashtunen, Tajiken und als Religionen sind Sunniten, Sufis, Hindus und Sikhs vertreten.
Aber
zurück in die Stadt. Jalalabad liegt in der Nähe Khyber Passes, an strategisch
dominantem Ort, da von hier aus der Zugang zu den Laghman - und Kunar -Tälern
kontrolliert werden kann. Die Stadt war und ist zentraler Verkehrsknoten im
Handel mit Indien und Pakistan.
Die
Bevölkerung bilden hauptsächlich Gilzai - Pashtunen, speziell Angehörige des
Ahmadzai – Clans. In dessen Händen liegt hauptsächlich der Handel.
Aber
auch Hindus und Sikhs leben hier, meist als Händler und Geldverleiher. Die
meisten von ihnen gingen 1992, kehren nun aber allmählich zurück.
Teehaus,
nur für Männer
Im
ganzjährig sommerlichen Klima gedeihen Orangen, Reis, Zuckerrohr. Dieses wird
an Ort und Stelle zu Zucker raffiniert. Es gibt außerdem die Papierindustrie.
Und sie hat eine Universität und eine Medizinische Hochschule. Jalalabad war
nicht zuletzt wegen seines Klimas beliebter Ferienort für Monarchen und ihre
Aristokraten.
Im
Laufe der letzten innerafghanischen Auseinandersetzungen nahm die Stadt Schaden
wie nie zuvor, wird jetzt aber wieder aufgebaut, um auf ein Neues ihre
strategische Stellung einzunehmen.
Jalalabad
war immer Garnisonsstadt und zum militärischen Winterlager geeignet.
Während
des ersten afghanisch – britischen Krieges (1838 – 1842) hatten die Briten
Jalalabad gegen die Belagerung afghanischer Angreifer halten können.
Über
den Krieg von 1838 – 2843 schrieb Theodor Fontane unter
dem Titel: Das Trauerspiel von Afghanistan die folgenden Zeilen:
Der
Schnee leis stäubend vom Himmel fällt, Wir
waren dreizehntausend Mann, Die
hören sollen, sie hören nicht mehr,
Was
in diesem Gedicht beschrieben wurde, spielte sich 1842 nach einem Bericht so
ab:
Es
war im Januar 1842 — dem Exodus der Briten aus Kabul und vorläufigen Abschluss
des ersten anglo–afghanischen Krieges, da nur ein Einziger Überlebender auf
einem Pony das Fort in Jalalabad erreicht hat.
Am
5.1. soll die britische Garnison in Kabul von Jalalabad aus angehalten worden
sein, wegen starken Schneefalls noch in Kabul auszuharren, da man Kälte und
Schnee für die eigentlichen und vor allem einzigen Gefahren hielt. Den
Ausziehenden nämlich war von afghanischer Seite freies Geleit zugesichert
worden, genauer: von den Stammesoberhäuptern, mit denen der Befehlshaber der
Kabuler Garnison, General Elphinstone, gegen enorme Gegenleistung an Geld und
Waffen ebendies ausgehandelt hatte. Jene aber sollen weder fähig noch willens
gewesen sein, die Bergstämme an diese Abmachung zu binden.
Jedenfalls,
ungeachtet der Wetterwarnung aus Jalalabad, begann der Auszug bereits am
folgenden Tag: am 6.1.1842 um 10 Uhr verließen 4.500 britisch -indische
Soldaten unter Führung von Major Pottinger Kabul, um die 150 km ostwärts
liegende Stadt Jalalabad zu erreichen, die noch in britischer Hand lag. Mit
ihnen zog ein Tross von 12.000 Zivilisten jeden Alters und Geschlechts,
überdies geschwächt, da sie schon seit Wochen auf Mangelration gesetzt waren,
zu Fuß, auf Pferden, Maultieren und Ochsenkarren.
Was
immer ihren Anführer Akbar Khan zu diesem Vorgriff bewog, jedenfalls wurden
diese Gefangenen vorzüglich behandelt, während man die übrigen Soldaten und ihr schwerfälliges Gefolge sich weiter vorwärts
arbeiten ließ bis zur Khurd – Kabul- Schlucht. Hier schlugen der Held Akbar
Khan und seine Leute zu.
Aus
der Schlucht war kaum zu entkommen. Denen es dennoch gelang, die wurden
verfolgt. Es sollen weniger als 200 gewesen sein, die es bis zum Eingang des
Jagdalok - Passes schafften. Hier fielen fast alle dem Massaker zum Opfer. Nur
einer entkam der afghanischen Umzingelung: Surgeon - Major Dr. William Brydon,
ein junger britischer Arzt, der verwundet am 13. Januar 1842 Jalalabad
erreichte und über das horrible Desaster berichten konnte.
Die
Strasse nach Kabul
Vom
gesamten Zug überlebten 20. Dazu zählten die Gefangenen: Lady Sales und viele
Offiziere. Man forderte Sales in Jalalabad zur Kapitulation auf. Er lehnte ab,
und im Februar war die afghanische Belagerungsarmee völlig geschlagen. Im
August war Kandahar von den Rebellen geräumt, im September Ghazni, und im
selben Monat Kabul von den Briten wieder eingenommen, wobei die Soldaten einen
Teil der Stadt plünderten und viele Einwohner niedermachten. Ihr Favorit
allerdings — Shuja Shah — war gleich nach ihrem Abzug umgebracht worden und sie
mussten Dost Muhammad wieder als Herrscher Afghanistans akzeptieren. Am 12.
Oktober verließen die Briten Kabul und marschierten über Jalalabad und Peshawar
zurück nach Indien.
Quelle: www.afghanistan-seiten.de/afghanistan/pro4a.html#nangarhar
Aber die Großmutter
erzählte auch von den Männern.
Den
großen der Geschichte und den Männern, die auch heute noch das Leben in der
Stadt und im ganzen Land bestimmen.
Sie
erzählte z. B. von Darius dem Großen (522-486 v.u.Z.), der Gandhara, Kabul,
Jalalabad und Peshawar in sein Achaemeniden - Reich eingliederte.
Amir
Habibullah Khan
Quelle:
Wikipedia
Eines
Abends fragt die Großmutter ihren Enkel, ob er denn wirklich ein Mädchen werden
wolle, weil er dann bestimmt nicht mehr zur Schule gehen könne. Die
Analphabetenrate in Afghanistan sei während der vielen Kriege der letzten Jahre
enorm angestiegen. Der größte Teil der Kinder, die keine Möglichkeit haben,
eine Schule zu besuchen, sind allerdings Mädchen. Nur 3% der Mädchen besuchen
auf dem Lande die Schule.
In Afghanistan gibt es
Klassen nur getrennt
Der
Junge kam ins Grübeln, denn wenigstens die Schule, die er gelegentlich besuchen
konnte, machte ihm Spaß. Darauf verzichten? Das musste gut überlegt sein.
Schulklasse
für Jungen
Um
ihm bei seinen Überlegungen zu helfen und weil die Großmutter natürlich wollte,
dass ihr Enkel auch weiterhin eine Schule besucht und später vielleicht mal
eine Ausbildung machen kann, erzählte sie ihm auch von den Männern, die heute
in Afghanistan Einfluss haben.
Zum
Beispiel von dem Präsidenten Hamid Karzai, der seit 2001 Präsident ist.
Er
wurde am 24. Dezember 1957 in Karz nahe Kandahar geboren und ist Paschtune und stammt aus dem mächtigen Clan der
Popalsai, aus dem viele afghanische Könige hervorgegangen sind.
Der
heutige Präsident - erzählt sie weiter - studierte von 1978 bis 1983 Politik in
Indien an der Himachal – Universität in Shimla.
Hamid Karzai + Burhanuddin Rabbani
Ende
der 1980er Jahre kehrte er nach Afghanistan zurück, um anti-sowjetische Kräfte
zu unterstützen. Nachdem die sowjetischen Streitkräfte aus Afghanistan
abgezogen waren, war er Minister im Kabinett von Burhanuddin Rabbani.
Mitte
der 90er Jahre übernahmen die Taliban die Macht im Lande und Karzai unterstütze
sie zunächst. Den Taliban wurde die Ermordung seines Vaters nachgesagt und er
brach sehr schnell mit ihnen, unter anderem auch, weil ihm die Nähe der neuen
Regierung zu Pakistan nicht gefiel.
Nach
dem Anschlag vom 11. September 2001 arbeitete er mit den USA zusammen, um die
Taliban Regierung zu stürzen und wurde am 4. Dezember 2001 auf der
Afghanistan-Konferenz auf dem Petersberg bei Bonn zum Präsidenten der Übergangsregierung
ernannt.
Einem
Anschlag in Kandahar am 5. September 2002 entging er knapp. Ein Schütze in der
Uniform der afghanischen Armee eröffnete das Feuer, verwundete den Gouverneur
von Kandahar und einen Angehörigen der US -Armee. Der Schütze und ein
Leibwächter Karzais starben.
Vom
14. Dezember 2003 bis zum 4. Januar 2004 leitete Karsai die mehrwöchige Große
Ratsversammlung (Loja Dschirga), die am Ende dem Entwurf der Verfassung für
Afghanistan als einer islamischen Republik mehrheitlich zustimmte. Am 9.
Oktober 2004 wurde Karzai mit einer Mehrheit von über 55 % der Stimmen zum
Präsidenten gewählt.
Präsident
Hamid Karzai
Und
auch über den Clan der Popalzai wusste die Großmutter etwas zu erzählen.
Die
Popalzai, die etwa 500.000 Mitglieder zählen und in den südafghanischen
Provinzen Qandahar, Helmand, Nimrus und Uruzgan leben, sind in Afghanistan
einer der wichtigsten und "adligsten" Stämme der Paschtunen.
1747
gründete Ahmad Shah aus dem Stamm der Popalzai das Durrani Reich. Viele Afghanen erblicken in diesem Imperium,
das sich von Khorasan bis nach Kaschmir und Punjab erstreckte, die
Grundsteinlegung für das moderne Afghanistan. Bis 1823 regierten Herrscher aus
dem Stamm der Popalzai Afghanistan. Seitdem wird das afghanische Herrscherhaus
von Clans aus dem mit den Popalzai verwandten Stamm der Barakzai gestellt.
Quelle: Wikipedia
Taliban
Von
1969 erzählt die Großmutter an einem regnerischen Abend, an dem es kalt und
ungemütlich war. Sie erzählt also von dem Jahr, als die Provinz Nangarhar
unter Taliban - Herrschaft geriet: In diesem Jahr kehrte Usama bin Ladin nach
Afghanistan zurück, vermutlich nach Jalalabad, wo Abdul Qadir Chef der Shura
(Rat) war.
Qadir
jedenfalls soll bin Ladin willkommengeheißen haben.
Im
September brachten die Truppen der Taliban die Provinz Nangarhar unter ihre
Kontrolle, die Shura (Rat) von Jalalabad wurde aufgelöst.
Nicht
alles unter der Herrschaft der Taliban habe sie abgelehnt, erzählt sie weiter.
Noch heute erinnere sie sich daran, dass im Jahre 2000 und zwar am 5. April,
der Gouverneur von Nangarhar, Mullah Abdul Kabir, von Staatschef Mullah Umar
die Anweisung erhielt, den Mohnanbau um ein Drittel zu reduzieren. Daraufhin
wurden einige Mohnfelder zwischen Jalalabad und Pakistan verwüstet.
Usama
bin Ladin
Quelle:
Wikipedia
Und
auch 2001 fuhr der Taliban - Staat die Drogenwirtschaftspolitik weiterhin
zurück. Als einzig bedeutendes Drogenzentrum seines Herrschaftsbereichs
verblieb die Ostprovinz Nangarhar. Im Fernsehen habe man damals berichtet, die
UN stelle einen Rückgang des Anbaues um 99 % fest.
Quelle: www.afghanistan-seiten.de
Gegründet
wurden die Taliban - Bewegung im von Paschtunen bewohnten Grenzgebiet zwischen
Afghanistan und Pakistan, sie rekrutierten ihre „Kämpfer“ hauptsächlich aus
ihren Reihen (Ghilseis, Ahmadseis u.a in Pakistan).
Aber
die Taliban hatten nie die Herrschaft über das ganze Land. Durch massive
Unterstützung Pakistans eroberten die Taliban zwar in kurzer Zeit (1994–1996) den gesamten Süden Afghanistans und
marschierten ohne größere Gegenwehr auf Kabul zu, aber der Norden gehörte nicht
zu ihrem Herrschaftsgebiet.
Von
einem Mann, der den Taliban immer Widerstand geleistet hatte, erzählte die
Großmutter und der wird auch heute noch im Land sehr verehrt, von dem
Mujaheddin – Kämpfer Ahmad Schah Massoud.
Massoud
wurde am 1. September 1953 in Panjshir geboren und starb durch ein Attentat am
9. September 2001, er gehörte der Volksgruppe der Tadschiken an und war
führendes Mitglied der Nordallianz, der einzigen militanten Widerstandsbewegung
gegen die Taliban.
In
den 70er Jahren studierte er am „Kabuler Polytechnischen Institut für
Ingenieurwesen und Architektur“ und schloss sich der ismalistischen und antikommunistischen Bewegung an. 1973 trat er offiziell der
„Partei der Islamischen Union“ bei.
Nach
missglückten Putschversuchen der Islamisten gegen die Regierung verließ Massoud
Afghanistan und tauchte in Pakistan unter. Dort absolvierte er eine
militärische Ausbildung.
Zwar
musste sich Massoud aus einigen Gebieten zurückziehen, weil die Übermacht der
Taliban zu groß war und sich in sein Stammland, das Panjshirtal, zurückziehen
und dabei ging auch Kabul sehr schnell verloren, aber es ist den Taliban nie
gelungen, Massouds Heimat Panjshir zu erobern.
Ahmad
Schah Massoud
Quelle:
Wikipedia
Über
seinen Tod schreibt Wikipedia:
“
... Am 9. September 2001, zwei Tage vor den Anschlägen in New York und
Washington, wurde Massoud durch arabische Selbstmordattentäter der Al –Kaida,
die sich als Fernsehjournalisten ausgaben, getötet. Dabei wurde eine mit
Sprengstoff präparierte Fernsehkamera während des Interviews gezündet. Es wurde
danach diskutiert, ob Bin Laden sich damit eine Absicherung seiner Position in
Afghanistan durch die Taliban schaffen wollte. Zuvor warnte Ahmad Shah Massoud
bei seinem Besuch des Europaparlamentes in Brüssel, im April 2001 vor Osama bin
Laden und Al Qaida. Er habe hinreichende Indizien hierfür, dass jene
terroristische Aktivitäten auf amerikanischem und europäischen Boden planen.“
Massoud
ist auch heute noch bei den Tadschiken, aber auch bei vielen Usbeken und
anderen ethnischen Gruppen, ein Volksheld – auch außerhalb Afghanistans,
wie zum Beispiel in Tadschikistan und im Iran. Und in seiner Heimat nennt man
ihn den „Löwen von Panjshir“.
Einmal
gefragt, wie er sich ein Afghanistan in der Zukunft vorstellt, antwortete
Massoud:
“
... „Die künftige Regierung sollte in direkten Wahlen durch die Stimmen der
gesamten Bevölkerung bestimmt werden. Männer wie Frauen sollten daran
teilhaben. Die einzige Regierungsart, die in der Lage wäre, einen
gesellschaftlichen Ausgleich der verschiedenen Ethnien zu schaffen, ist die
Demokratie“.
Die
Grabstätte von Ahmad Schah Massoud
Quelle:
Wikipedia
Der
Junge hörte sehr aufmerksam seiner Großmutter zu und fragte sie, welchem
Volksstamm denn seine Familie angehörte. Ihre Antwort, auch wir sind
Tadschiken. Daraufhin fragte er, ob sie etwas über die Paschtunen wusste und
die Großmutter erzählte:
„
... Die meisten Paschtunen leben mit rund 20 Mio. Angehörigen in Pakistan. Das
sprachlich und kulturell zusammenhängende Gebiet der Paschtunen, das
"Pakhtunkhwa" wurde 1893 als Produkt der britischen Kolonialpolitik,
geteilt.“
Heute
existieren noch kleinere Gemeinden von Paschtunen in Australien, Afrika und
Südamerika, die einst dort von den Engländern als Arbeitskräfte angesiedelt
wurden. Viele Paschtunen flohen während des Bürgerkrieges in den 90er Jahren
auch nach Europa, vor allem nach Großbritannien (ca. 88.000), Deutschland
(55.000) und Frankreich (40.000).
Wikipedia
schreibt über den Namen Paschtun:
“
... Der Name Pakhtun hat möglicherweise die selben Wurzeln wie die beiden
afghanischen Provinzen Paktika und Paktiya, welche sich vom Wort Pactyan
ableiten, dem Namen eines von Herodot erwähnten iranischen Stammes in der
altpersischen Provinz Arachosien entspricht in etwa dem heutigen Gebiet um
Kandahar.
Eine weitere Theorie
besagt, dass der Begriff Paschtune, der im nördlichen und östlichen Dialekt des
Paschto als Pakhtun ausgesprochen wird, vom Begriff Bakhtar (Baktrien)
abstammt, zumal dieser Terminuns griechisch ist und nicht iranisch, denn der
iranische Name Bakhtriens war Zarti(s)a. Diese Theorie ist vor allem bei
paschtunischen Historikern sehr beliebt, ist aber aus linguistischer und
kulturhistorischer Sicht nicht haltbar. Zudem lebten Paschtunen bis ins 20.
Jahrhundert zu mehr als 1/3 als Nomaden (von den Kuchis abgesehen), so, dass
sie erst durch die paschtunische Regierung Afghanistans zunehmend sesshaft
wurden.
Die Ursprünge der
Paschtunen sind unbekannt. Es gibt keine schriftlichen Quellen, die die
Herkunft dieses Volkes eindeutig klären könnten.
Sie sind vielleicht Nachkommen der indoeuropäischen Saken, die sich im Laufe der Zeit mit vielen anderen Völkern der Region vermischt haben.“
Loya Jirga
Eine
kleine „Jirga“
Aber
die Männer haben auch eine große Verantwortung, erzählt die Großmutter. Denn
nur sie bestimmen das politische Leben im Land und in den Provinzen. Für 4
Jahre werden die Mitglieder des Provinzrates gewählt und in jeder Kommune gibt
es einen Stadt – oder Gemeinderat und der wird für 3 Jahre gewählt.
Und
von der Loya Jirga erzählt sie auch, was diese ist und warum sie stattfindet,
aber auch seit wann es diese gibt.
Loya
Jirga ist eine „große Versammlung“ und im Unterschied zu den verschiedenen
kleinen Jirgas innerhalb eines Stammes, eines Clans oder einer Familie eine
„Ratsversammlung aller Stämme. Auch ihr gehören fast immer nur Männer an. Und
ein solches Mitglied könne ihr Enkel auch mal werden, meint die Großmutter.
Eine
lange Geschichte hat diese „Versammlung. Der Begriff „Jirga“ stammt aus dem
Altaischen und bedeutet in Paschto, Dari, und Farsi soviel wie Kreis, Gruppe,
Zelt, Handeln, Diskussion, Disput und Streit. Er wird in Afghanistan allgemein für
Verhandeln, Handel und für regionale Ratsversammlungen verwendet.
Die
Loya Jirga wird selten einberufen und nur für Belange, die von großem
nationalem Interesse sind. An ihr nehmen die Delegierten aller Stämme und
religiösen Minderheiten Afghanistans teil.
Die
erste Loya Jirga soll in Kandahar im Jahre 1414 abgehalten worden sein. Grund
der Versammlung war das Vorhaben des Jussefzai - Stamm, von Kandahar nach
Peshawar umzusiedeln. Ergebnis der Sitzung. Der Stamm Jussefzai siedelt doch
von Kandahar nach Peshawar um.
Der Wiederaufbau
Brücken
+ Straßenbau
Afghanistan
ist durch die vielen Bürgerkriege schwer getroffen und zerstört worden, deshalb
meint die Großmutter, braucht es Männer, die statt zerstören, wieder aufbauen.
Viele Strassen werden neu gebaut werden müssen. Und diese Arbeit ist sehr
schwer.
Aber
der Enkel könne sich auch überlegen, ob er nicht eines Tages als Viehbesitzer
mit seinen Tieren durch das Land zieht, denn auch heute gebe es noch Nomaden,
die eine alte Tradition hätten, aber auch ein immer noch wichtiger
Wirtschaftszweig wären, genau wie die Hirten und Schäfer.
Nomaden
„Mein
Großvater“, erzählt sie, „hatte eine große Herde. Er besaß Ziegen und Schafe
und alles, was die Familie nicht brauchte, wurde verkauft.
Tag
und Nacht wurde diese Herde von großen Hirtenhunden bewacht und kein
„Viehdieb“, egal, ob mit zwei oder vier Beinen wagte sich and diese Herde. Mit
den Vierbeinern meinte sie Wölfe und Bären und andere Tiere, die immer wieder
versuchten, Schafe und Ziegen zu reißen.
Diese
Hunde waren ein Schatz für jede Familie und ohne sie wäre diese Tierhaltung
nicht möglich gewesen, daher genossen die Hunde großen Respekt.“
Der Vater
Eines
Tage fragte der Enkelsohn nach seinem Vater und warum er gestorben ist und auch
darüber wusste die Großmutter zu berichten:
„Im
Jahre 2005, genauer vom 9. bis 13. Mai wurden 16 Demonstranten
von Polizei und Armee - Soldaten getötet. Anlass der Kundgebungen war der
Bericht einer amerikanischen Zeitung (Newsweek) über Koranschändung auf Guantanamo Bay.
In
mehreren Städten kam es zu Ausschreitungen, darunter Jalalabad, Ghazni, Kabul
und Maimana, während der Protestierende Feuer legten und Regierungs - und
UN-Gebäude plünderten.“
An
diesen Demonstrationen hatte der Vater teilgenommen und er überlebte. Aber am
11. Mai 2005 geschah das Unglück. Akhtar Muhammad Tolwak, Parlamentskandidat
und Delegierter zweier Loya Jirgas, und sein Chauffeur wurden auf einer Fahrt
in der Nähe des Distriktes Diyak im Osten der Provinz Ghazni getötet und der
Vater des Jungen war der Chauffeur.
Und
am Schluss erzählt die Großmutter von dem Leben der Männer außerhalb der
Arbeit. Wenn sie in die Teehäuser der Stadt gehen, sind sie unter sich und in
der Moschee haben sie ihre eigenen Plätze, während die Frauen getrennt von
ihnen im hinteren Teil ihren Platz haben.
Teehaus
im Bazar
„Überlege Dir gut“
Ob
du wirklich ein Mädchen werden willst, gibt sie als klugen Rat an ihren Enkel.
Denn auch Mädchen haben es sehr schwer im Land.
Und
der Junge hat lange überlegt. Für was er sich entschieden hat? Die Antwort
kommt später.
Denn
täglich sah er auf den Strassen immer noch die Frauen, verschleiert durch die
Burka und so etwas wollte er natürlich nicht tragen.
Braune
Burka
Diese Burka (eigentlich Burqa, arabisch in Pakistan auch als Barqa, in Namibia als Birqa bezeichnet) ist ein Kleidungsstück, das von Frauen in Afghanistan und teilweise in Pakistan und Indien (bei der muslimischen Minderheit) getragen wird.
Blaue
+ „Goldene“ Burkas
Afghanische
Burkas sind meist blau, werden aber auch in den Farben (schwarz, grün, orange,
golden oder weiß gefertigt. Sie sind teilweise kunstvoll bestickt.
Vor
der Herrschaft der Taliban wurde die Burka nur in der Stadt getragen. Im Dorf
war die Verschleierung unüblich. Nach der „Machtübernahme war das Tragen der
Burka allgemein Pflicht.
Wikipedia
schreibt über die Farbe blau und deren Status:
“
... Die ursprünglich teurere blaue
Burka entwickelte sich für die Afghaninnen unter den Taliban zu einer der
wenigen Möglichkeiten, sozialen Status durch Kleidung auszudrücken. Diese Mode
wurde bald auch von weniger wohlhabenden Frauen nachgeahmt, so dass diese Farbe
jetzt dominiert.
Nach
dem Ende der Taliban-Regierung wurde die Burka - Pflicht aufgehoben, dennoch
wagen erst wenige Frauen, das Haus ohne Burka zu verlassen, vor allem aus Sorge
um ihren Ruf und ihre persönliche Sicherheit. Auch ist die Burka z. Zt.
ein willkommenes Mittel, die eigene Mittellosigkeit zu verschleiern. Die Burka
wird auch aus religiösen Gründen und traditionellem Stammesdenken getragen.“
weiße
Burka
Ausklang
Der
Enkel ist nach Abschluss seiner Schulzeit zur Familie der Großmutter zurück
gekehrt und lebt heute mit einigen Tieren und einer kleinen Landwirtschaft in
einem Dorf ... und er ist immer noch ein Mann. Das mit dem Regenbogen und dem
Mädchen könne er sich immer noch überlegen.
Und
übrigens, er hat natürlich auch zwei Hirtenhunde angeschafft und die bewachen
das Eigentum der Familie, das lebendige und Haus und Hof.
Afghanischer
Kochee,
besser
bekannt als Centralasiate
Unser Dank geht an
Von
seinen unzähligen Bildern konnten wir nur einen ganz kleinen Teil zeigen, wer
sie alle sehen möchte, hier ist seine Seite:
Übrigens,
mit dieser Kamera hat er seine Bilder nicht gemacht, aber sicher seinen
afghanischen Kollegen und dessen „Wunderwerk“ bestaunt.
Hartmut
Deckert
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