Ausgabe 05/2007
November + Dezember 2007

Unter dem Regenbogen ...

 

Fast ein Märchen aus Afghanistan

 

 

 

Joseph Anton Koch, Heroische Landschaft mit dem Regenbogen (1805)

Quelle: Wikipedia

 

In Jalalabad, der Hauptstadt der Provinz  Nangarhar lebt eine Familie. Eine richtige Familie ist es nicht, denn ihr fehlt der Vater. So muss die Mutter mit ihren beiden Töchtern und dem Sohn die Familie über Wasser halten und das ist im heutigen Afghanistan sehr schwer. Mit in der Familie lebt auch noch die Großmutter der Kinder.

 

 

 

Quelle: http://www.afghanistan-seiten.de/afghanistan/pro4a.html#nangarhar

 

Obwohl Jalalabad eine unterdessen größere Stadt ist – sie hatte 1979 nur ca. 5900 Einwohner und wuchs unterdessen auf ca. 168 000 Einwohner – ist die Arbeitslosigkeit sehr hoch und das Leben daher sehr beschwerlich. Das merken auch die Kinder, denn auch sie müssen ihren Beitrag zum Überleben der Familie beitragen.

 

 

Auch in Kabul gibt es heute noch

 in vielen Stadtteilen Kinder,

 die „beruflich“ Wasser tragen

 

Immer wenn der Enkelsohn nach einem schweren Arbeitstag müde und erschöpft nach Hause kommt, versucht die Großmutter ihn zu trösten und oft erzählt sie ihm die Märchen ihrer Kindheit.

 

Und eines dieser Märchen ist das vom Regenbogen. Denn vor langer Zeit wünschte sich ein kleiner Junge, ein Mädchen zu sein und dessen Mutter verriet ihm, wie das geht.

 

Damals sagte die Mutter zu ihrem Sohn:

 

„ ... Du musst unter einem Regenbogen durch gehen und einen Wunsch dabei aussprechen. Der geht dann in Erfüllung, wenn der Regenbogen nicht mehr zu sehen ist. Und wenn Du dir eben wünschst, ein Mädchen zu werden, geht auch das in Erfüllung.“

 

Der Sohn machte sich Gedanken über dieses Märchen und auch darüber, dass er viel schwerer arbeiten musste, als seine Schwestern. An einem Abend fragte er die Großmutter, ob das mit dem Regenbogen und dem Wunsch auch heute noch ginge, denn er wolle gerne ein Mädchen werden.

 

Die Großmutter meinte, sie wisse natürlich nicht, ob die Geschichte vom Regenbogen wahr sei, aber er könne sie ja mal ausprobieren. Aber vorher gebe es doch noch eine ganze Menge zu bedenken, denn das alte Märchen berichtete weiter, dass man einen Wunsch, den man unter dem Regenbogen erfüllt bekommen habe, nicht mehr rückgängig machen kann.

 

 

Ein Mädchen aus Kabul

 

Der Enkel wollte wissen, welche Bedenken sie denn habe und daher erzählte sie ihm von den alten Traditionen ihres Landes und wie schwer es Mädchen haben können. Aber auch davon, wie gefährlich, aber auch schön das Leben der Männer ist. Diese Geschichten dauerten viele Abende und der Enkel hörte sie mit großem Interesse.

 

Die erste Geschichte war die von der Stadt Jalalabad und ihrer Entstehung.

 

Jalalabad ließ der Großmogul Akbar, Enkel des Gründers des Mogul-Imperiums, Babur, 1570 erbauen. Die Stadt liegt 594 Meter über dem Meer und hieß im Laufe ihrer Geschichte auch Jalal Abad, Jelelabad, Jelalabad, Jalalkot, Dschalalabad und  Dschellalabad.

 

 

Akbar (reg. 1556 bis 1605) auf einer Zeichnung um 1605

Quelle: Wikipedia

 

Jalalabad ist die Hauptstadt der Provinz Nangarhar, oder auch Nangerhar, sowie Ningarhar und Nangrahar und hat seit 1964 den Status einer Provinz und zählt zur Ostregion. Leider ist der Mohnanbau in der Provinz der drittgrößte in Afghanistan, nach den Provinzen Badakhshan und Helmand.

 

 

Quelle: http://www.afghanistan-seiten.de/afghanistan/pro4a.html#nangarhar

 

Die ganze Provinz hat eine Fläche von 7727.36 qkm und die Einwohnerzahl beträgt 1 531 400 (2004).

 

In der Stadt und der Provinz leben hauptsächlich  Pashtunen, Tajiken und als Religionen sind Sunniten, Sufis,  Hindus und Sikhs vertreten.

 

Aber zurück in die Stadt. Jalalabad liegt in der Nähe Khyber Passes, an strategisch dominantem Ort, da von hier aus der Zugang zu den Laghman - und Kunar -Tälern kontrolliert werden kann. Die Stadt war und ist zentraler Verkehrsknoten im Handel mit Indien und Pakistan.

 

Die Bevölkerung bilden hauptsächlich Gilzai - Pashtunen, speziell Angehörige des Ahmadzai – Clans. In dessen Händen liegt hauptsächlich der Handel.

 

Aber auch Hindus und Sikhs leben hier, meist als Händler und Geldverleiher. Die meisten von ihnen gingen 1992, kehren nun aber allmählich zurück.

 

 

Teehaus, nur für Männer

 

Im ganzjährig sommerlichen Klima gedeihen Orangen, Reis, Zuckerrohr. Dieses wird an Ort und Stelle zu Zucker raffiniert. Es gibt außerdem die Papierindustrie. Und sie hat eine Universität und eine Medizinische Hochschule. Jalalabad war nicht zuletzt wegen seines Klimas beliebter Ferienort für Monarchen und ihre Aristokraten.

 

 

Im Laufe der letzten innerafghanischen Auseinandersetzungen nahm die Stadt Schaden wie nie zuvor, wird jetzt aber wieder aufgebaut, um auf ein Neues ihre strategische Stellung einzunehmen.

 

Jalalabad war immer Garnisonsstadt und zum militärischen Winterlager geeignet.

 

Während des ersten afghanisch – britischen Krieges (1838 – 1842) hatten die Briten Jalalabad gegen die Belagerung afghanischer Angreifer halten können.

 

Über den Krieg von 1838 – 2843 schrieb Theodor Fontane unter dem Titel: Das Trauerspiel von Afghanistan die folgenden Zeilen:

 

Der Schnee leis stäubend vom Himmel fällt,
Ein Reiter vor Dschellalabad hält,
"Wer da!" - "Ein britischer Reitersmann,
Bringe Botschaft aus Afghanistan.

Wir waren dreizehntausend Mann,
Von Kabul unser Zug begann,
Soldaten, Führer, Weib und Kind,
Erstarrt, erschlagen, verraten sind."

Die hören sollen, sie hören nicht mehr,
Vernichtet ist das ganze Heer,
Mit dreizehntausend der Zug begann,
Einer kam heim aus Afghanistan.

 

Was in diesem Gedicht beschrieben wurde, spielte sich 1842 nach einem Bericht so ab:

 

Es war im Januar 1842 — dem Exodus der Briten aus Kabul und vorläufigen Abschluss des ersten anglo–afghanischen Krieges, da nur ein Einziger Überlebender auf einem Pony das Fort in Jalalabad erreicht hat.

 

Am 5.1. soll die britische Garnison in Kabul von Jalalabad aus angehalten worden sein, wegen starken Schneefalls noch in Kabul auszuharren, da man Kälte und Schnee für die eigentlichen und vor allem einzigen Gefahren hielt. Den Ausziehenden nämlich war von afghanischer Seite freies Geleit zugesichert worden, genauer: von den Stammesoberhäuptern, mit denen der Befehlshaber der Kabuler Garnison, General Elphinstone, gegen enorme Gegenleistung an Geld und Waffen ebendies ausgehandelt hatte. Jene aber sollen weder fähig noch willens gewesen sein, die Bergstämme an diese Abmachung zu binden.

 

Jedenfalls, ungeachtet der Wetterwarnung aus Jalalabad, begann der Auszug bereits am folgenden Tag: am 6.1.1842 um 10 Uhr verließen 4.500 britisch -indische Soldaten unter Führung von Major Pottinger Kabul, um die 150 km ostwärts liegende Stadt Jalalabad zu erreichen, die noch in britischer Hand lag. Mit ihnen zog ein Tross von 12.000 Zivilisten jeden Alters und Geschlechts, überdies geschwächt, da sie schon seit Wochen auf Mangelration gesetzt waren, zu Fuß, auf Pferden, Maultieren und Ochsenkarren.


Der Treck, der sich durch den Schnee quälte, musste schwere Waffen zurücklassen und war auch deshalb risikolos angreifbar.


Schon im Tal von Kabul wurden die ersten Briten von afghanischen Kämpfern gefangengenommen, darunter die Ehefrau und Tochter des Kommandanten von Jalalabad, General Sale, sowie einige Offiziere.

 

Was immer ihren Anführer Akbar Khan zu diesem Vorgriff bewog, jedenfalls wurden diese Gefangenen vorzüglich behandelt, während man die übrigen Soldaten und ihr schwerfälliges Gefolge sich weiter vorwärts arbeiten ließ bis zur Khurd – Kabul- Schlucht. Hier schlugen der Held Akbar Khan und seine Leute zu.

 

Aus der Schlucht war kaum zu entkommen. Denen es dennoch gelang, die wurden verfolgt. Es sollen weniger als 200 gewesen sein, die es bis zum Eingang des Jagdalok - Passes schafften. Hier fielen fast alle dem Massaker zum Opfer. Nur einer entkam der afghanischen Umzingelung: Surgeon - Major Dr. William Brydon, ein junger britischer Arzt, der verwundet am 13. Januar 1842 Jalalabad erreichte und über das horrible Desaster berichten konnte.

 

 

Die Strasse nach Kabul

 

Vom gesamten Zug überlebten 20. Dazu zählten die Gefangenen: Lady Sales und viele Offiziere. Man forderte Sales in Jalalabad zur Kapitulation auf. Er lehnte ab, und im Februar war die afghanische Belagerungsarmee völlig geschlagen. Im August war Kandahar von den Rebellen geräumt, im September Ghazni, und im selben Monat Kabul von den Briten wieder eingenommen, wobei die Soldaten einen Teil der Stadt plünderten und viele Einwohner niedermachten. Ihr Favorit allerdings — Shuja Shah — war gleich nach ihrem Abzug umgebracht worden und sie mussten Dost Muhammad wieder als Herrscher Afghanistans akzeptieren. Am 12. Oktober verließen die Briten Kabul und marschierten über Jalalabad und Peshawar zurück nach Indien.

 

Quelle: www.afghanistan-seiten.de/afghanistan/pro4a.html#nangarhar

 

Aber die Großmutter erzählte auch von den Männern.

 

Den großen der Geschichte und den Männern, die auch heute noch das Leben in der Stadt und im ganzen Land bestimmen.

 

Sie erzählte z. B. von Darius dem Großen (522-486 v.u.Z.), der Gandhara, Kabul, Jalalabad und Peshawar in sein Achaemeniden - Reich eingliederte.

 

 

Amir Habibullah Khan

Quelle: Wikipedia


Oder von Amir Habibullah Khan, dem Regenten Afghanistans von 1901-19, der in Jalalabad begraben ist und von dessen Sohn Amir Amanullah Khan, der von 1919-29 regierte und der den Aufstand politisch nicht überlebt hat, am 26. April 1960 starb und ebenfalls in Jalalabad neben seinem Vater begraben liegt.

Ein wichtiger Mann war Abdul Samad Hamid, der am 8.1.1929 in Jalalabad geboren wurde, in Kabul gelehrt und an Afghanistans Verfassung von 1964 mitgewirkt hat.

 

Eines Abends fragt die Großmutter ihren Enkel, ob er denn wirklich ein Mädchen werden wolle, weil er dann bestimmt nicht mehr zur Schule gehen könne. Die Analphabetenrate in Afghanistan sei während der vielen Kriege der letzten Jahre enorm angestiegen. Der größte Teil der Kinder, die keine Möglichkeit haben, eine Schule zu besuchen, sind allerdings Mädchen. Nur 3% der Mädchen besuchen auf dem Lande die Schule.

 

 

In Afghanistan gibt es Klassen nur getrennt

 

Der Junge kam ins Grübeln, denn wenigstens die Schule, die er gelegentlich besuchen konnte, machte ihm Spaß. Darauf verzichten? Das musste gut überlegt sein.

 

 

Schulklasse für Jungen

 

Um ihm bei seinen Überlegungen zu helfen und weil die Großmutter natürlich wollte, dass ihr Enkel auch weiterhin eine Schule besucht und später vielleicht mal eine Ausbildung machen kann, erzählte sie ihm auch von den Männern, die heute in Afghanistan Einfluss haben.

 

Zum Beispiel von dem Präsidenten Hamid Karzai, der seit 2001 Präsident ist.

 

Er wurde am 24. Dezember 1957 in Karz nahe Kandahar geboren und ist Paschtune  und stammt aus dem mächtigen Clan der Popalsai, aus dem viele afghanische Könige hervorgegangen sind.

 

Der heutige Präsident - erzählt sie weiter - studierte von 1978 bis 1983 Politik in Indien an der Himachal – Universität in Shimla.

 

 

Hamid Karzai + Burhanuddin Rabbani

 

Ende der 1980er Jahre kehrte er nach Afghanistan zurück, um anti-sowjetische Kräfte zu unterstützen. Nachdem die sowjetischen Streitkräfte aus Afghanistan abgezogen waren, war er Minister im Kabinett von Burhanuddin Rabbani.

 

Mitte der 90er Jahre übernahmen die Taliban die Macht im Lande und Karzai unterstütze sie zunächst. Den Taliban wurde die Ermordung seines Vaters nachgesagt und er brach sehr schnell mit ihnen, unter anderem auch, weil ihm die Nähe der neuen Regierung zu Pakistan nicht gefiel.

 

Nach dem Anschlag vom 11. September 2001 arbeitete er mit den USA zusammen, um die Taliban Regierung zu stürzen und wurde am 4. Dezember 2001 auf der Afghanistan-Konferenz auf dem Petersberg bei Bonn zum Präsidenten der Übergangsregierung ernannt.

 

Einem Anschlag in Kandahar am 5. September 2002 entging er knapp. Ein Schütze in der Uniform der afghanischen Armee eröffnete das Feuer, verwundete den Gouverneur von Kandahar und einen Angehörigen der US -Armee. Der Schütze und ein Leibwächter Karzais starben.

 

Vom 14. Dezember 2003 bis zum 4. Januar 2004 leitete Karsai die mehrwöchige Große Ratsversammlung (Loja Dschirga), die am Ende dem Entwurf der Verfassung für Afghanistan als einer islamischen Republik mehrheitlich zustimmte. Am 9. Oktober 2004 wurde Karzai mit einer Mehrheit von über 55 % der Stimmen zum Präsidenten gewählt.

 

 

Präsident Hamid Karzai

 

Und auch über den Clan der Popalzai wusste die Großmutter etwas zu erzählen.

 

Die Popalzai, die etwa 500.000 Mitglieder zählen und in den südafghanischen Provinzen Qandahar, Helmand, Nimrus und Uruzgan leben, sind in Afghanistan einer der wichtigsten und "adligsten" Stämme der Paschtunen.

 

1747 gründete Ahmad Shah aus dem Stamm der Popalzai das Durrani Reich.  Viele Afghanen erblicken in diesem Imperium, das sich von Khorasan bis nach Kaschmir und Punjab erstreckte, die Grundsteinlegung für das moderne Afghanistan. Bis 1823 regierten Herrscher aus dem Stamm der Popalzai Afghanistan. Seitdem wird das afghanische Herrscherhaus von Clans aus dem mit den Popalzai verwandten Stamm der Barakzai gestellt.

Quelle: Wikipedia

 

Taliban

 

Von 1969 erzählt die Großmutter an einem regnerischen Abend, an dem es kalt und ungemütlich war. Sie erzählt also von dem Jahr, als die Provinz Nangarhar unter Taliban - Herrschaft geriet: In diesem Jahr kehrte Usama bin Ladin nach Afghanistan zurück, vermutlich nach Jalalabad, wo Abdul Qadir Chef der Shura (Rat) war.

 

Qadir jedenfalls soll bin Ladin willkommengeheißen haben.

 

Im September brachten die Truppen der Taliban die Provinz Nangarhar unter ihre Kontrolle, die Shura (Rat) von Jalalabad wurde aufgelöst.

 

Nicht alles unter der Herrschaft der Taliban habe sie abgelehnt, erzählt sie weiter. Noch heute erinnere sie sich daran, dass im Jahre 2000 und zwar am 5. April, der Gouverneur von Nangarhar, Mullah Abdul Kabir, von Staatschef Mullah Umar die Anweisung erhielt, den Mohnanbau um ein Drittel zu reduzieren. Daraufhin wurden einige Mohnfelder zwischen Jalalabad und Pakistan verwüstet.

 

 

Usama bin Ladin

Quelle: Wikipedia

 

Und auch 2001 fuhr der Taliban - Staat die Drogenwirtschaftspolitik weiterhin zurück. Als einzig bedeutendes Drogenzentrum seines Herrschaftsbereichs verblieb die Ostprovinz Nangarhar. Im Fernsehen habe man damals berichtet, die UN stelle einen Rückgang des Anbaues um 99 % fest.

 

Quelle: www.afghanistan-seiten.de

 

Gegründet wurden die Taliban - Bewegung im von Paschtunen bewohnten Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan, sie rekrutierten ihre „Kämpfer“ hauptsächlich aus ihren Reihen (Ghilseis, Ahmadseis u.a in Pakistan).

 

Aber die Taliban hatten nie die Herrschaft über das ganze Land. Durch massive Unterstützung Pakistans eroberten die Taliban zwar  in kurzer Zeit (1994–1996) den gesamten Süden Afghanistans und marschierten ohne größere Gegenwehr auf Kabul zu, aber der Norden gehörte nicht zu ihrem Herrschaftsgebiet.

 

Von einem Mann, der den Taliban immer Widerstand geleistet hatte, erzählte die Großmutter und der wird auch heute noch im Land sehr verehrt, von dem Mujaheddin – Kämpfer Ahmad Schah Massoud.

 

Massoud wurde am 1. September 1953 in Panjshir geboren und starb durch ein Attentat am 9. September 2001, er gehörte der Volksgruppe der Tadschiken an und war führendes Mitglied der Nordallianz, der einzigen militanten Widerstandsbewegung gegen die Taliban.

 

In den 70er Jahren studierte er am „Kabuler Polytechnischen Institut für Ingenieurwesen und Architektur“ und schloss sich der ismalistischen und antikommunistischen Bewegung an. 1973 trat er offiziell der „Partei der Islamischen Union“ bei.

 

Nach missglückten Putschversuchen der Islamisten gegen die Regierung verließ Massoud Afghanistan und tauchte in Pakistan unter. Dort absolvierte er eine militärische Ausbildung.

 

Zwar musste sich Massoud aus einigen Gebieten zurückziehen, weil die Übermacht der Taliban zu groß war und sich in sein Stammland, das Panjshirtal, zurückziehen und dabei ging auch Kabul sehr schnell verloren, aber es ist den Taliban nie gelungen, Massouds Heimat Panjshir zu erobern.

 

 

Ahmad Schah Massoud

Quelle: Wikipedia

 

Über seinen Tod schreibt Wikipedia:

 

“ ... Am 9. September 2001, zwei Tage vor den Anschlägen in New York und Washington, wurde Massoud durch arabische Selbstmordattentäter der Al –Kaida, die sich als Fernsehjournalisten ausgaben, getötet. Dabei wurde eine mit Sprengstoff präparierte Fernsehkamera während des Interviews gezündet. Es wurde danach diskutiert, ob Bin Laden sich damit eine Absicherung seiner Position in Afghanistan durch die Taliban schaffen wollte. Zuvor warnte Ahmad Shah Massoud bei seinem Besuch des Europaparlamentes in Brüssel, im April 2001 vor Osama bin Laden und Al Qaida. Er habe hinreichende Indizien hierfür, dass jene terroristische Aktivitäten auf amerikanischem und europäischen Boden planen.“

 

Massoud ist auch heute noch bei den Tadschiken, aber auch bei vielen Usbeken und anderen ethnischen Gruppen, ein Volksheld – auch außerhalb Afghanistans, wie zum Beispiel in Tadschikistan und im Iran. Und in seiner Heimat nennt man ihn den „Löwen von Panjshir“.

 

Einmal gefragt, wie er sich ein Afghanistan in der Zukunft vorstellt, antwortete Massoud:

 

“ ... „Die künftige Regierung sollte in direkten Wahlen durch die Stimmen der gesamten Bevölkerung bestimmt werden. Männer wie Frauen sollten daran teilhaben. Die einzige Regierungsart, die in der Lage wäre, einen gesellschaftlichen Ausgleich der verschiedenen Ethnien zu schaffen, ist die Demokratie“.

 

 

Die Grabstätte von Ahmad Schah Massoud

Quelle: Wikipedia

 

Der Junge hörte sehr aufmerksam seiner Großmutter zu und fragte sie, welchem Volksstamm denn seine Familie angehörte. Ihre Antwort, auch wir sind Tadschiken. Daraufhin fragte er, ob sie etwas über die Paschtunen wusste und die Großmutter erzählte:

 

„ ... Die meisten Paschtunen leben mit rund 20 Mio. Angehörigen in Pakistan. Das sprachlich und kulturell zusammenhängende Gebiet der Paschtunen, das "Pakhtunkhwa" wurde 1893 als Produkt der britischen Kolonialpolitik, geteilt.“

 

Heute existieren noch kleinere Gemeinden von Paschtunen in Australien, Afrika und Südamerika, die einst dort von den Engländern als Arbeitskräfte angesiedelt wurden. Viele Paschtunen flohen während des Bürgerkrieges in den 90er Jahren auch nach Europa, vor allem nach Großbritannien (ca. 88.000), Deutschland (55.000) und Frankreich (40.000).

 

Wikipedia schreibt über den Namen Paschtun:

 

“ ... Der Name Pakhtun hat möglicherweise die selben Wurzeln wie die beiden afghanischen Provinzen Paktika und Paktiya, welche sich vom Wort Pactyan ableiten, dem Namen eines von Herodot erwähnten iranischen Stammes in der altpersischen Provinz Arachosien entspricht in etwa dem heutigen Gebiet um Kandahar.

 

Eine weitere Theorie besagt, dass der Begriff Paschtune, der im nördlichen und östlichen Dialekt des Paschto als Pakhtun ausgesprochen wird, vom Begriff Bakhtar (Baktrien) abstammt, zumal dieser Terminuns griechisch ist und nicht iranisch, denn der iranische Name Bakhtriens war Zarti(s)a. Diese Theorie ist vor allem bei paschtunischen Historikern sehr beliebt, ist aber aus linguistischer und kulturhistorischer Sicht nicht haltbar. Zudem lebten Paschtunen bis ins 20. Jahrhundert zu mehr als 1/3 als Nomaden (von den Kuchis abgesehen), so, dass sie erst durch die paschtunische Regierung Afghanistans zunehmend sesshaft wurden.

 

Die Ursprünge der Paschtunen sind unbekannt. Es gibt keine schriftlichen Quellen, die die Herkunft dieses Volkes eindeutig klären könnten.

 

Sie sind vielleicht Nachkommen der indoeuropäischen Saken, die sich im Laufe der Zeit mit vielen anderen Völkern der Region vermischt haben.“

 

Loya Jirga

 

 

 

Eine kleine „Jirga“

 

Aber die Männer haben auch eine große Verantwortung, erzählt die Großmutter. Denn nur sie bestimmen das politische Leben im Land und in den Provinzen. Für 4 Jahre werden die Mitglieder des Provinzrates gewählt und in jeder Kommune gibt es einen Stadt – oder Gemeinderat und der wird für 3 Jahre gewählt.

 

Und von der Loya Jirga erzählt sie auch, was diese ist und warum sie stattfindet, aber auch seit wann es diese gibt.

 

Loya Jirga ist eine „große Versammlung“ und im Unterschied zu den verschiedenen kleinen Jirgas innerhalb eines Stammes, eines Clans oder einer Familie eine „Ratsversammlung aller Stämme. Auch ihr gehören fast immer nur Männer an. Und ein solches Mitglied könne ihr Enkel auch mal werden, meint die Großmutter.

 

Eine lange Geschichte hat diese „Versammlung. Der Begriff „Jirga“ stammt aus dem Altaischen und bedeutet in Paschto, Dari, und Farsi soviel wie Kreis, Gruppe, Zelt, Handeln, Diskussion, Disput und Streit. Er wird in Afghanistan allgemein für Verhandeln, Handel und für regionale Ratsversammlungen verwendet.

 

Die Loya Jirga wird selten einberufen und nur für Belange, die von großem nationalem Interesse sind. An ihr nehmen die Delegierten aller Stämme und religiösen Minderheiten Afghanistans teil.

 

Die erste Loya Jirga soll in Kandahar im Jahre 1414 abgehalten worden sein. Grund der Versammlung war das Vorhaben des Jussefzai - Stamm, von Kandahar nach Peshawar umzusiedeln. Ergebnis der Sitzung. Der Stamm Jussefzai siedelt doch von Kandahar nach Peshawar um.

 

Der Wiederaufbau

 

 

Brücken + Straßenbau

 

Afghanistan ist durch die vielen Bürgerkriege schwer getroffen und zerstört worden, deshalb meint die Großmutter, braucht es Männer, die statt zerstören, wieder aufbauen. Viele Strassen werden neu gebaut werden müssen. Und diese Arbeit ist sehr schwer.

 

Aber der Enkel könne sich auch überlegen, ob er nicht eines Tages als Viehbesitzer mit seinen Tieren durch das Land zieht, denn auch heute gebe es noch Nomaden, die eine alte Tradition hätten, aber auch ein immer noch wichtiger Wirtschaftszweig wären, genau wie die Hirten und Schäfer.

 

 

Nomaden

 

„Mein Großvater“, erzählt sie, „hatte eine große Herde. Er besaß Ziegen und Schafe und alles, was die Familie nicht brauchte, wurde verkauft.

 

Tag und Nacht wurde diese Herde von großen Hirtenhunden bewacht und kein „Viehdieb“, egal, ob mit zwei oder vier Beinen wagte sich and diese Herde. Mit den Vierbeinern meinte sie Wölfe und Bären und andere Tiere, die immer wieder versuchten, Schafe und Ziegen zu reißen.

 

Diese Hunde waren ein Schatz für jede Familie und ohne sie wäre diese Tierhaltung nicht möglich gewesen, daher genossen die Hunde großen Respekt.“

 

Der Vater

 

Eines Tage fragte der Enkelsohn nach seinem Vater und warum er gestorben ist und auch darüber wusste die Großmutter zu berichten:

 

„Im Jahre 2005, genauer vom 9. bis 13. Mai wurden 16 Demonstranten von Polizei und Armee - Soldaten getötet. Anlass der Kundgebungen war der Bericht einer amerikanischen Zeitung (Newsweek)  über Koranschändung auf Guantanamo Bay.

 

In mehreren Städten kam es zu Ausschreitungen, darunter Jalalabad, Ghazni, Kabul und Maimana, während der Protestierende Feuer legten und Regierungs - und UN-Gebäude plünderten.“

 

An diesen Demonstrationen hatte der Vater teilgenommen und er überlebte. Aber am 11. Mai 2005 geschah das Unglück. Akhtar Muhammad Tolwak, Parlamentskandidat und Delegierter zweier Loya Jirgas, und sein Chauffeur wurden auf einer Fahrt in der Nähe des Distriktes Diyak im Osten der Provinz Ghazni getötet und der Vater des Jungen war der Chauffeur.

 

Und am Schluss erzählt die Großmutter von dem Leben der Männer außerhalb der Arbeit. Wenn sie in die Teehäuser der Stadt gehen, sind sie unter sich und in der Moschee haben sie ihre eigenen Plätze, während die Frauen getrennt von ihnen im hinteren Teil ihren Platz haben.

 

 

Teehaus im Bazar  

„Überlege Dir gut“

 

Ob du wirklich ein Mädchen werden willst, gibt sie als klugen Rat an ihren Enkel. Denn auch Mädchen haben es sehr schwer im Land.

 

Und der Junge hat lange überlegt. Für was er sich entschieden hat? Die Antwort kommt später.

 

Denn täglich sah er auf den Strassen immer noch die Frauen, verschleiert durch die Burka und so etwas wollte er natürlich nicht tragen.

 

 

Braune Burka

 

Diese Burka (eigentlich Burqa, arabisch  in Pakistan auch als Barqa, in Namibia als Birqa bezeichnet) ist ein Kleidungsstück, das von Frauen in Afghanistan und teilweise in Pakistan und Indien (bei der muslimischen Minderheit) getragen wird.

 

Die afghanische Burka ( der Ganzkörperschleier wird in Afghanistan Tschaderi, und das Kopftuch Tschadar genannt) besteht aus einem großen Stofftuch, in dem oben eine flache Kappe vernäht ist. Im Bereich der Augen befindet sich ein Sichtfenster, in dem eine Art Gitter aus Stoff oder Rosshaar eingesetzt ist. Das Gesicht ist bei der afghanischen Burka vollständig bedeckt. Der asymmetrische Stoff fällt hinten bis auf den Boden und vorne bis zu den Fußgelenken.

 

 

Blaue + „Goldene“ Burkas

 

Afghanische Burkas sind meist blau, werden aber auch in den Farben (schwarz, grün, orange, golden oder weiß gefertigt. Sie sind teilweise kunstvoll bestickt.

 

Vor der Herrschaft der Taliban wurde die Burka nur in der Stadt getragen. Im Dorf war die Verschleierung unüblich. Nach der „Machtübernahme war das Tragen der Burka allgemein Pflicht.

 

Wikipedia schreibt über die Farbe blau und deren Status:

 

“ ... Die ursprünglich teurere  blaue Burka entwickelte sich für die Afghaninnen unter den Taliban zu einer der wenigen Möglichkeiten, sozialen Status durch Kleidung auszudrücken. Diese Mode wurde bald auch von weniger wohlhabenden Frauen nachgeahmt, so dass diese Farbe jetzt dominiert.

 

Nach dem Ende der Taliban-Regierung wurde die Burka - Pflicht aufgehoben, dennoch wagen erst wenige Frauen, das Haus ohne Burka zu verlassen, vor allem aus Sorge um ihren Ruf und ihre persönliche Sicherheit. Auch ist die Burka z. Zt. ein willkommenes Mittel, die eigene Mittellosigkeit zu verschleiern. Die Burka wird auch aus religiösen Gründen und traditionellem Stammesdenken getragen.“

 

 

weiße Burka

 

Ausklang

Mein „Gewährsmann“ hat mir erzähl es har lange gedauert, aber an einem Abend im Winter hat er seiner Großmutter erzählt, was er machen wird, wenn er ein „richtiger Mann“ ist und das hat er auch getan.

 

 

Der Enkel ist nach Abschluss seiner Schulzeit zur Familie der Großmutter zurück gekehrt und lebt heute mit einigen Tieren und einer kleinen Landwirtschaft in einem Dorf ... und er ist immer noch ein Mann. Das mit dem Regenbogen und dem Mädchen könne er sich immer noch überlegen.

 

Und übrigens, er hat natürlich auch zwei Hirtenhunde angeschafft und die bewachen das Eigentum der Familie, das lebendige und Haus und Hof.

 

 

Afghanischer Kochee,

besser bekannt als Centralasiate

 

Unser Dank geht an

 

Unser Dank geht an den Amerikaner Luke Powell. In über 2 Jahrzehnten hat er Afghanistan immer wieder bereist und seine Bilder sind bestimmt eine einmaliges Fotodokument über dieses Land. Daher wurden sie in zahlreichen Ausstellungen gezeigt.

 

Von seinen unzähligen Bildern konnten wir nur einen ganz kleinen Teil zeigen, wer sie alle sehen möchte, hier ist seine Seite:

 

http://www.lukepowell.com/

 

Übrigens, mit dieser Kamera hat er seine Bilder nicht gemacht, aber sicher seinen afghanischen Kollegen und dessen „Wunderwerk“ bestaunt.

 

 

 

 

Hartmut Deckert