Ausgabe 04/2005
April 2005

Interview mit Suzette Preiswerk da Mota Veiga,

Präsidentin des portugisischen Estrela Clubs 

2. Teil

Frage: Wenn man sich den Estrela anschaut, stellt man fest, daß diese Rasse einen recht einheitlichen Eindruck macht. Während bei anderen Rassen verschiedene Schläge sich erhalten haben, gibt es beim Estrela lediglich die Unterscheidung in Lang - und Kurzhaar. Und auch bei den Farben findet man noch kleinere Unterschiede. Woher kommt dieses einheitliche Erscheinungsbild?

Suzette: "Weil Asien z. B. so enorm gross ist, haben sich dort verschieden Schläge entwickelt. In Portugal ist dies nicht der Fall, da die Serra da Estrela sehr klein ist im Vergleich zu Zentralasien.

Trotzdem denke ich, dass auch bei den Hirten eine gewisse Inzucht bei den Hunden praktiziert wurde. Sehr oft behält ein Hirt ein Junges, das dann die Mutter und evtl. Schwester deckt. Nur starb früher alles, was nicht an die Umwelt angepasst war. Das hat dann auch zu der Spezialisierung der Rasse geführt."

Frage: Vielleicht noch ein Wort zu den Farben. Denn der Estrela hat auffällig wenig weiße Abzeichen oder Flecken und es gibt keine weißen Hunde.

Suzette: "Den Estrela gab es früher auch mit weißen Flecken, aber um die Rasse  einheitlicher zu gestalten, wurde dann im Laufe der Jahre, das Weiß vermieden (gut oder schlecht sei dahingestellt). Doch Weiß ist genetisch eine sehr dominante Farbe. Man kann weiss nie ganz wegzüchten. Deshalb haben die meisten Estrela-Hunde heute noch weiße Brustflecken. An den Pfoten ist es schon seltener. Es kommen zwar viele Welpen mit weissen Pfötchen zur Welt, aber dieses Weiß verschwindet in den ersten Lebensmonaten." 

Frage: Es gibt beim Estrela kurz- und langhaarige Hunde. Sind diese unterschiedlich in ihrem Gebrauch als Arbeitshunde?

Suzette: "Ich habe heute mit einem Hirten gesprochen, er hat kurzhaarige Estrela-Arbeitshunde, er sagt, er könne sich nichts besserers wünschen, seine Hunde gehen sogar allein mit der Herde in die umliegenden Hügel. Das ist eine sehr gute Arbeitslinie."

Frage: Bei einigen Rassen der Hirtenhunde gibt es Probleme mit der Felllänge in Bezug auf die Gesundheit und die Arbeitsfähigkeit. Hast Du so was auch schon bei Estrela beobachtet?

Suzette: "Ich konnte schon beobachten, dass arbeitende HSH mit langem Fell eigentlich gar keine Fellprobleme haben. Frei lebende Hunde kämmen sich selbst indem sie sich an einen Zaun reiben, oder an einer Mauer. Der Hirt kämmt natürlich nie. Ob sie die Hunde mit den Schafen scheren, konnte ich nicht feststellen, es könnte in einigen Fällen schon  möglich sein. Natürlich haben sie schon einige Zotteln hinter den Ohren und um die Beine, aber nicht, dass es die Hunde stört."

Frage: Wir haben mal ein Bild von Dir bekommen. Darauf zu sehen ein Hund an der Herde, der sehr hell ist und ein ganz kurzes Fell hat. Auf den ersten Blick könnte man ihn für einen Kangal halten. Ist das tatsächlich ein Estrela?

Suzette: "Ich bin ganz sicher, dass es ein Estrela ist. Wir haben hier überhaupt keine Hunde aus der Türkei und nicht einmal Türken. Die Einwanderer sind eher aus Afrika, Ukraine, Usbeskistan etc., aus Brasilien kommen sehr viele, Rumänien, Bulgarien, Marokko.

Wenn man hier, selbst in Hundekreisen, das Wort Kangal sagt, weiss kein Mensch was das ist. Die Farbe des Hundes auf dem Photo finde ich auch sehr schön. Der Hirt sagte mir, die Mutter dieser Hündin sei eine gestromte braun-graue Hündin, die auch dort war.

Ein Hirt käme nie auf die Idee einen Hund ausserhalb seines Gebietes zu holen. Ich wusste schon immer, dass die Kangals dem Estrela-Kurzhaar sehr ähnlich aussehen. Bei den Estrelas ist diese hellgraue Farbe durchaus normal, doch eher etwas seltener. Hier in Portugal werden keine ausländischen Strassenhunde importiert, wie in Deutschland (wir haben genug selbst). Höchstens Rassenhunde werden importiert."

Sandfarbener Kurzhaar Estrela

Frage: Das stimmt, die Ähnlichkeit ist sehr stark. Aber auch beim langhaarigen Estrela gibt es sehr viel Ähnlichkeiten mit anderen Hirtenhunden.

Suzette: "Der langhaarige Estrela Hund sieht dem Kaukasen oder teilweise auch dem Sarplaninac unheimlich ähnlich."

Frage: Also wir finden, daß der Estrela eleganter und daß die Ähnlichkeit mit einem Sarplaninac ausgeprägter ist.

Suzette: "Estrela kann man auch elegant nennen und sie haben gute Bewegungen, sie sind aber vom Körperbau her doch robust. doch sollte man sie nicht überfüttern, sondern normal schlank halten.

Ja, auf den ersten Blick und auch auf Photos sehen sich Sarplainac und Estrelas sehr ähnlich. Der Estrela darf alle Braun- und Grautöne aufweisen, auch gemischt und gestromt, bis zu sehr dunkel (aber nicht total schwarz, bis zu hellbeige, aber nicht weiß. Das Typische sind Brauntöne. Die grauen Töne sind genetisch weniger dominant, deshalb seltener. Es gibt keine Erbkranheiten, die auf die Farbe bezogen sind, wie beim Collie z. B."

Sarplaninac oder Estrela? Ein grauer Estrela.

Frage: Hier in Deutschland herrscht oft die Meinung, die "richtig ursprünglichen Hunde" bekommt man bei Hirten, während Züchter aus komerziellen Gründen schlechtere Hunde züchten, die nur auf Show "getrimmt sind. Wie sieht das denn in der "portugisischen Wirklichkeit" aus? Diese Meinung hat sich gerade bei Rassen aus Osteuropa gebildet.

Suzette: "Ich frage mich, sind denn wirklich alle östlichen Hirtenhunde Rassen, die es in Deutschland und Zentraleuropa gibt, so kapputt gemacht?. Sicher gibt es schlechte Züchter. Sind aber tatsächlich alle Züchter dieser Rassen so schlecht und nur mit rein kommerziellen Gedanken an ihr Werk? Ich kann dies kaum glauben, denn das wäre wirklich Pech für die Rassen (und dann wäre der Estrela-Hund fast der einzige unter den Hirtenhunden, der noch gesund und normal ist). Ich möchte an dieser Stelle sagen, Vorsicht! Nicht alles was vom Hirten kommt ist gut und was vom Züchter kommt ist verdorben.

Ein kleines Beispiel: Ich kenne einen Hirten in Manteigas, der hat zwei gute Estrela und noch eine Schäfermix-Hündin. Ein Estrela hat die Schäferhundmix-Hündin gedeckt und der Hirt behielt zwei sehr schöne Welpen von dieser Kreuzung. Die Welpen waren superschön und hatten gar nichts von Schäferhund. Jemand, der den Hintergrund nicht kennt, würde denken, dass er da eine Super-Entdeckung gemacht hat und speziell robuste, absolut schöne Estrela-Hunde gefunden hat, direkt vom Hirt. Ich kann Euch nur sagen, wie solche Situationen täuschen können!

Abkömmlinge dieses Geschwisterpaar würden dann plötzlich zeigen, dass sie doch nicht so rein sind und hätte dann plötzlich Stehohren oder ähnliches. Es kam nicht soweit, es ist ihnen irgend etwas passiert und sie starben. Man muss auch wissen, Hirtenhunde haben eine hohe Sterbensrate, oft passiert ihnen ein Unglück, Verkehr, Gift, das jemand für einen Fuchs ausgelegt hat und anderes mehr. Also glaubt mir, wenn jemand einen seriösen Züchter findet, der auch Garantien gibt gegen Erbkrankeiten, ich würde nicht zögern und einen Züchter statt einen Hirten wählen, wo ich einen Hund erstehen würde. Kommt zu mir und ich zeige Euch alle Details, von was ich rede."

Frage: Anscheinend ist es den portugisischen Züchtern gelungen, ihre Hunde in einer normalen und standardgerechten Größe zu halten. Bei anderen Rassen sieht man sehr oft "Giganten". Wie steuerst Du Deine Zucht, um solche Riesen zu verhindern?

Suzette: "Wenn die Leute meine Zuchtstätte besuchen, staunen alle über den Bolero und wollen einen Welpen wie den Bolero. Doch meistens benutze ich einen Sohn von Bolero als Zuchtrüden, der noch perfekter ist, den Beirao, der nicht bei mir, aber auch in Manteigas wohnt. Da Bolero doch sehr gross ist, vererbt er manchmal seine Grösse und ich will ja keine Riesen züchten (doch die Leute mögen gross)."

Bolero

Frage zu diesem Thema: Aber die Vereine könnten doch auch Einfluß nehmen, wenn Du das ja eigentlich auf freiwilliger Basis machst?

Suzette: "Hunde-Vereine, die Konsequenzen ziehen müssen, ist leichter gesagt als getan. Ich bin Präsidentin eines solchen Vereines und tue mein möglichstes, die Züchter so gut wie möglich zu orientieren und informieren. Aber niemand kann jemandem verbieten zu züchten, wenn der Platz vorhanden ist. Natürlich sehe ich gute und schlechte Züchter. Das einzige was ich tun kann, ist mit den "schwarzen" Schafen reden und schauen, ob sie mich verstehen. Aber viel kann man nicht tun. Gerade habe ich heute den Auftrag bekommen, vom Club Portugues de Canicultura CPC, einen Züchter zu kontrollieren, da etwas nicht stimmt mit den Angaben, die er macht. Es können auch DNA Analysen veranlasst werden, wenn die Situation es erfordert. Nicht immer eine leichte Aufgabe! In Deutschland ist die Situation wahrscheinlich schlimmer, weil es viele Ost-Importe hat mit diesbezüglichen Hundehändlern, falschen Papieren etc. Diese kommen zum guten Glück nicht bis nach Portugal. Da muss man eine ganz gründliche öffentliche Aufklärungsarbeit leisten, bis jeder Idiot informiert ist. An dieser Aufklärungsarbeit beteilige ich mich in Portugal auch und die Zeitungen und Fernsehen berichten des öfteren, wo man einen Hund kaufen soll etc."

Frage: Immer wieder werden Prüfungen und Ausbildungen verlangt, bevor jemand züchten darf. Macht man es nicht den Besitzern von Hunden zu einfach, die eben mal so beschließen, ab der nächsten Hitze meiner Hündin bin ich Züchter?

Suzette: "Ich hätte nichts dagegen, dass so eine Züchterprüfung existieren würde, denn ich kenne auch Züchter, die sollten diesen Namen nicht verwenden. Aber das Durchführen von solchen Bestimmungen ist nicht einfach, viel schwieriger als Jagdbestimmungen. Denn es kann jeder eine Hündin decken lassen und dann die Welpen verkaufen. Wer kann das verhindern? In Frankreich, wo schon recht viele Bestimmungen existieren, "züchten" einfach viele neben den Bestimmungen vorbei, ohne Papiere. Auch in Portugal installieren sich viele Bestimmungen. Wie erwähnt, bekam ich heute die Meldung, zu einem Züchter zu gehen und schauen, ob der Wurf wirklich von den angegeben Hunden stammt."

Frage: Können eventuell Bestimmungen oder Zuchtordnungen der Clubs etwas verändern?

Suzette: "Es ist bekannt, dass Deutschland und die Schweiz mit Reglementen sicher nicht sparsam sind, aber niemand kann verhindern, dass eine Familie ihre Hündin decken läßt, um eine Hundegeburt zu erleben.Ich habe auch nichts dagegen, denn soviel Freiheit soll es geben. Es soll durchaus verschiedene Arten von Züchter geben, der Hobbyzüchter … ist ebenso wichtig wie ein Züchter, der sich in diese "Kunst" vertieft. Vielleicht versteht eine Familie rein nichts von Hunden, aber trotzdem wachsen die Welpen normal heran und finden Abnehmer. Es kann auch schief laufen und eine hohe TA-Rechnung geben statt Welpen. Übrigens wage ich zu behaupten, züchten ist sehr schwierig, man erlebt viele Rückschläge und Probleme. Wenn sich jemand nicht richtig informiert, geht er nicht weit. Man muss sehr viel investieren an Wissen. Wenn jemand glaubt, damit reich zu werden, wird er bald eines Besseren belehrt werden und aufgeben. Man könnte schon Züchterprüfungen machen, aber da jede Rasse ganz anders ist, müsste es für jede Rasse eine eigene Prüfung geben. Dann würde man seine Zeit in Kursen verbringen statt mit den Hunden und die Theorie ist auch immer ganz anders als die Realität. Es gibt schon Seminare. Mit der Informatik und DNA-Analysen besteht schon eine gute Kontrolle über die Geburten und es gibt Regeln die man achten muss, sonst wird der Wurf nicht registriert. Natürlich kann jemand ohne Papiere züchten, deshalb bin ich persöhnlich eher für Papiere, weil da mehr Kontrollen sind."

Suzette und Bolero

Frage: Und wie könnte Deiner Meinung nach etwas verbessert werden?

Suzette: "Ich denke, alles muss durch Aufklärung gehen, nicht durch Zwang, weil dieser umgangen wird und die Situation nur verschlimmert. Ein Beispiel: früher (vor 30 Jahren) hörte ich, dass die Holländer rücksichtslose Züchter sind, nur auf Gewinn aus. (Das ist keine Behauptung, sondern war ein Gerücht, das man hörte.). Heute kenne ich in Holland sehr gute Züchter und es gibt vielleicht nur noch sehr wenige schwarze Schafe.

Heute fängt man an, in Portugal Zuchtstätten und Würfe zu kontrollieren, früher nicht. Deshalb muss alles Schritt für Schritt gehen und in 10 Jahren werden wir weiter sein als heute."

Frage: Bei allen Bestimmungen, die man einführen könnte, bleibt aber immer übrig, daß eben auch die Bereitschaft dazu gehört, zu lernen. Viele Hundebesitzer wollen aber nicht lernen und statt dessen eine "schnelle Mark" machen.

Suzette: "Je länger ich züchte, je schwieriger finde ich es. Ich meine nicht, dass alles schlecht geht, aber man will das Beste. Ich überlege mir auch immer lange, welche Hündin mit welchem Rüden. Es ist sehr viel Intuition und Glück dabei. Ich habe schon mittelmässige Hündinnen gesehen, die tolle Welpen geben und manch superschöner Hund ist ein mässig guter Vererber. Es braucht viel Erfahrung. Deshalb gehe ich auch an Ausstellungen um die Hunde der anderen zu sehen und zu hören, was so geht. An Ausstellungen ist natürlich immer viel Neid, aber ich versuche sehr objektiv zu sein. Es gibt sehr viele wunderbare Hunde, die gar nie auf Ausstellungen gehen, vielleicht sogar die schönsten."

Frage: Wie soll man an einen Züchter herangehen, wenn man sich entschlossen hat, einen Welpen zu kaufen?

Suzette: "Das Misstrauen zu Züchtern sitzt bei vielen tief. Deshalb rate ich, unbedingt die Zuchtstätte zu besuchen und viel mit dem Züchter zu reden. Dann merkt man bestimmt, ob Ehrlichkeit da ist oder nicht. Leute, die lügen, widersprechen sich manchmal oder sagen Sachen, die nicht überein stimmen können. Auch die Hunde gut anschauen und berühren etc. Das ist sehr wichtig. Ein guter Züchter gibt einen Teil des Geldes zurück, falls ein Vererbungsfehler später zum Vorschein kommt. Deshalb ist ein seriöser Züchter sehr bemüht, eine gute und gesunde Zucht zu haben, denn es ist nicht lustig, wenn man das Geld wieder zurück senden muss. Natürlich reden sich viele Züchter aus dem Zeug raus, deshalb vor dem Kauf alles ansprechen. Wenn etwas zugesagt wurde, ist es schwieriger, später nicht dazu zu stehen. Die meisten Leute, die einen Hund kaufen, gewinnen ihn sehr lieb und geben ihn nie zurück.

Ich kannte einen Fall wo ein Estrela mit Dysplasie an Leute in der Nähe von Manteigas verkauft wurde. Wenn der Hund jung ist,  kann man die Dysplasie nicht voraussehen. Die Leute reklamierten beim Züchter. Dieser sagte ihnen, sie sollen den Hund zurück geben und er gäbe einen Neuen. Die Leute waren zu Recht empört. Ich trat mit dem Züchter in Verbindung und sagte ihm, wieso will er den Hund zurück, den er auch nicht brauchen kann. Er sagte mir, er würde den Hund einem Hirten geben. Ich schimpfte mit ihm und sagte, er solle froh sein, dass der Hund in gute Hände ist, die Leute werden ihn nie zurück geben und so soll es auch sein. Er solle nur denken, dass ein zufriedener Kunde 10 Neue bringt.

Nach über einem Jahr: dem Hund geht es sehr gut, die Dysplasie ist praktisch unsichtbar. Die Leute wollen doch nicht züchten, wie zuerst gedacht. Ich kann als Präsidentin des Klubes keine Wunder vollbringen und kann die Leute nicht umerziehen, es ist schon schwierig genug, alle die verschiedenen Ansichten unter einen Hut zu bringen und verhindern, dass die Mitglieder aufeinander losgehen. Die sind tatsäclich oft schlimmer im Raufen als die Hunde. Dann gibt es die Mitglieder die krankhaft gerne andere reizen und es gibt immer sehr viel Neid. Lange will ich nicht in dieser Stellung bleiben, zu mühsam und zu viel Arbeit."

Frage: Gibt es in Portugal eine Bestimmung, daß die Welpen eines Wurfes den gleichen Anfangsbuchstaben haben müssen und die Würfe in alphabetischer Reihenfolge benannt werden?

Suzette: "In Portugal gibt es keine feste Regeln, wie man den Hund nennt. Manche Züchter nennen Würfe mit alphabetischer Reihenfolge, aber es muss nicht sein. In Frankreich müssen alle Tiere im selben Jahr mit dem selben Buchstab en anfangen."

Frage: In Deutschland gibt es immer wieder die Behauptung, in Ursprungsländern würde nicht ordnungsgemäß geimpft und daher sei es ein Risiko, Hunde zu importieren. Wie hältst Du es mit Impfen?

Suzette: "Ich lasse meine Hunde auch jährlich impfen gegen die üblichen Krankheiten, auch gegen Zwingerhusten. Bei den Jungen passe ich besonders auf, denn diese sind besonders gefährdet für Parvovirose, da gehe ich kein Risiko ein. Allerdings kann ich mir vorstellen, dass eine Zuchtstätte anders vorgehen muss als jemand, der einfach einen oder zwei Hunde hat. Ich empfehle immer meinen Welpenabnehmern, den jungen Hund pünktlich zu impfen und mit 3 Monaten den Hund in der Tierarztpraxis immer auf dem Arm zu halten (mit 3 Monaten ist ein Welpe schon recht schwer, ca. 12-15 Kg), denn dort kann es gefährliche Viren geben, schliesslich bringen die Leute ihre kranken Hunde in die TA-Praxis, auch wenn diese sehr steril aussieht.

Bei erwachsenen Hunden (nach 2 Jahren) ist eine so strenge Impfung vielleicht nicht mehr so wichtig, ausser wenn man an Ausstellungen geht, wo viele Hunde zusammen kommen."

Frage: Wie war denn die Situation in Portugal, bevor man gegen Parvo impfen konnte, bzw, wie hast Du diese Übergangszeit erlebt?

Suzette: "Ich erinnere mich, am Anfang als ich zu züchten anfing, war die Parvovisose noch relativ neu hier (und anderswo). Es hatte damals noch nicht so viele Tierärzte wie heute (heute gibt es auch auf dem Land viele TA, mit sehr gut eingerichteter Praxis, was früher gar nicht so war). Es gab schon die ersten Impfstoffe, aber auf dem Land keine spezialisierten Tierärzte, nur solche, die Schweine und Schafe behandelten.  Damals wussten manche Viehtierärzte gar nicht, was dieser Durchfall war und gaben blöde Anweisungen und banale Medikamente. Das war eine schlimme Zeit, wenn so eine Krankheit ausbrach. Ich habe damals auch ein paar Würfe verloren und wünsche diese schrecklichen Momente nicht mal meinen schlimmsten Feinde (falls ich solche haben sollte). Denn es ist entsetzlich, Welpen mit dieser Krankheit zu sehen. Ich ging damals (vor 18 Jahren) sogar zum normalen Dorfarzt, der Venen-Tropfinfusionen den Welpen gab, gegen die Austrocknung, aber es starb trotzdem alles. Damals war die Parvovirose mit ihrer ganzen Kraft aktiv. Heute gibt es so Nebenviren (von der Parvovirose abstammend), aber nicht mehr so gefährlich. Trotzdem tue ich natürlich alles, um diese Viren auszuschliessen."

Frage: Wie weit ist es zum Tierarzt?

Suzette: "Der TA kommt zur Impfung zu mir nach Hause, wenn die Kleinen 7 Wochen alt sind, und auch den Microchip bekommen. Ich impfe nach ca. 2 Wochen nach, denn der TA ist nicht aus Manteigas. Danach könnnen die neuen Besitzer die Welpen abholen."

Frage: Thema Läufigkeit. Man sagt Hirtenhunden nach, daß sie seltener als andere Rassen läufig werden und vor allem später. Wie sind Deine Erfahrungen?

Suzette: "Die meisten meiner Hündinnen werden ca. mit einem Jahr zum 1. Mal läufig, manchmal auch etwas später. Jady ist sogar erst mit zwei Jahren zum 1. Mal läufig geworden. Dann werden natürlich oft gleich mehere zusammen läufig oder hintereinander."

Frage: Ab wann darf man eine Hündin decken? Gibt es eine Beschränkung in Bezug auf die Anzahl der Würfe und wie lange darf mit einer Hündin gezüchtet werden?

Suzette: "Hier darf man Hündinnen erst nach 18 Monaten. decken und sie dürfen nicht mehr als 8 Würfe haben und nicht später als 8 Jahre gedeckt werden."

Frage: Wenn Du so viele Hunde hast, gibt es dann nicht auch Probleme, wenn Deine Hündinnen läufig werden? Wir stellen es uns schlimm vor, wenn Rüden Tag und Nacht "Randale" machen, oder versuchen, mit Gewalt an eine Hündin zu kommen.

Suzette: "Ich stelle fest, dass die Rüden es sehr gut ertragen, wenn eine Hündin läufig ist und nicht begattet werden kann. Sie heulen so oder so, auch wenn sie begatten. Wenn ein Rüde eine Hündin deckt, heult er 10 Minuten darauf genau gleich, als ob er nicht gedeckt hätte. Der Deckakt bringt dem Hund nicht die von Menschen gewünschte Ruhe, er verlangt immer nach noch mehr."

Großes Gehege

Frage: Wie kannst Du denn in dieser Zeit Rüden und Hündinnen trennen?

Suzette: "Mit der Läufigkeit geht es ganz gut. Ich habe die Möglichkeit läufige Hündinnen ins grosse Gehege zu bringen, das 300 Meter von Bolero entfernt ist. Im Moment habe ich einigermassen verträgliche Hündinnen, so dass alle zusammen sind. (Ein kleines Risiko besteht immer, dass es zu einer Beisserei kommt). Oder ich bringe die läufige Hündin auf die Terrasse, auch da beruhigt sich Bolero. Führe die Hündin natürlich 2x am Tag aus, damit sie sich versäubern kann. Da heult dann der Bolero. Ich benutze in letzter Zeit oft einen anderen Deckrüden, den Beirao, den Sohn von Bolero, der aber nicht bei mir wohnt. Der ist fast noch perfekter als Bolero. Bolero gibt manchmal sehr grosse Hunde und die Rasse soll ja nicht zu gross werden. Somit geht Bolero in letzter Zeit leer aus. Aber wenn die Welpen zur Welt kommen, benimmt er sich wie ein guter Vater. Ich denke, Hunde erinnern sich im nachhinein nicht mehr, ob sie gedeckt haben oder nicht (nicht wie bei den Löwen oder Wölfen)."

Frage: Wie denkst Du über den Schutz der Herden in unserer "modernen Zeit"? Gäbe es denn zu den Hirtenhunden überhaupt eine Alternative, wenn man mit den Herden unterwegs ist?

Suzette: "Ich denke, Hirtenhunde sind der einzige richtige Schutz für eine Herde, wo es Wölfe hat. Hier in Portugal begleitet der Hirt die Herde und wandert umher. Aber oft lässt er die Herde in einem Pferch und geht ins Dorf. Die Hunde müssen dann mit der Herde blieben. Deshalb muss der Menschenkontakt nicht zu gross sein. Die Hunde müssen sich mit der Herde indentifizien. Die Hunde sollen den Hirt gut erkennen und als Oberchef akzeptieren, aber mehr untereinander ein Rudel bilden, das, wenn möglich bei der Herde bleibt. Die Hunde sollen ziemlich jung in die Herde integriert werden und immer mit den Schafen schlafen. Die Hunde sollten nicht allzu bissig sein, sonst beissen sie Touristen oder Spaziergaenger und es wird Reklamationen hageln."

Frage: Welchen Typ von Hund findest Du am besten geeignet als Arbeitshund an einer Herde?

Suzette: "Gemäß meinen Beobachtungen eignen sich besonders gut leicht ängstliche Hunde, solche die etwas scheu sind. Sicher werden mir manche widersprechen (man redet immer von dem mutigen Charakter, aber diese Hunde zeigen auch Mut, um ihre Angst zu überspielen) aber diese bleiben immer bei der Herde, weil sie etwas ängstlich sind, gehen auch nicht zu den Touristen, aber bellen gleich, wenn etwas ungewohntes ist. Eine Herde muss immer von mehreren Hunden begleitet sein. Ein HSH allein ist nicht gut. Meistens spielt sich das Rudel gut mit der Herde ein.

Arbeitshunde müssen eine total andere Erziehung haben als Familienhunde, das ist sehr wichtig. Und wie gesagt, gemäß meinen Beobachtungen sind leicht ängstliche oder misstrauische Hunde besonders gut geeignet."

Wird fortgesetzt ...

Alle Bilder sind von Suzette Preiswerk da Mota Veiga