Ausgabe 07/2006
Juli 2006

Foto: Dorette Knobbe

Das NOLANA-Haarschaf-Projekt

Ende Mai 2006 haben wir für unseren Bio-Hof eine kleine Herde Schafe gekauft, damit unsere Wiesenflächen im Landschaftsschutzgebiet natürlich "gemäht" werden. Erfahrungsgemäß sind die vorhandenen Rinder zumeist sehr wählerisch, bei dem vorhandenen Nahrungsangebot auf der Wiese, so dass eine Beweidung durch Schafe diese Haltung gut ergänzt. Schafe hatten wir schon oft, aber sie wurden immer wieder "abgeschafft", da durch den Aufwand, sie zu scheren, zusätzliche Kosten und unnötige Aufregungen in der Herde entstanden sind.

Wir haben von einem Schäfer gehört, der - auch in naturnaher Haltung - an einer Studie der Fachhochschule Osnabrück teilgenommen hat, die es sich zum Ziel gesetzt hat, eine neue Schafrasse zu züchten, die den Vorteil hat, das Fell auf natürliche Art und Weise im Frühjahr zu verlieren, aber auch wirtschaftlich als Fleischschaf zu nutzen ist. So ganz neu ist das nicht mit dem natürlichen Fellwechsel bei Schafen, denn den hatten sie, bevor der Mensch vor ca. 10.000 Jahren begann, Ihnen die Wolle für den menschlichen Bedarf "anzuzüchten". Es sind noch einige Ur-Schafrassen vorhanden, die diesen Fellwechsel durchleben, genannt seien hierbei die Soay-Schafe, und auch Rassen, die man "Haarschafe" nennt, tragen heutzutage auch ein Winter- und ein Sommerfell.

Für die Zucht dieser neuen Rasse werden also Haarschafrassen-Böcke in Fleisch- oder Landschafherden eingesetzt. Dabei sollen zwei Schläge der neuen, standortangepaßten Rasse entstehen: ein Fleischschaf und ein Landschaf, die beide nicht mehr geschoren werden müssen.

Auf der Webseite des NOLANA-Haarschaf-Projektes fand ich dazu folgende Zusammenfassung:

Das Nolana-Projekt
Zucht und Haltung von Haarschafen in Deutschland

Die Schafhaltung in der Bundesrepublik Deutschland leidet unter sehr niedrigen und stark schwankenden Rohwollerlösen von 0,20 bis 0,80 €/kg. Wolle kann bereits seit Jahren in unserem Lande kaum noch kostendeckend (Kosten der Wollerzeugung: Schur, Wollpflege, Vermarktung, etc.), geschweige denn gewinnbringend produziert werden. Die Textilindustrie wird von einem rasant verlaufenden Strukturwandel gebeutelt und deckt ihren Bedarf an Wolle heutzutage durch Importe aus Übersee. Arbeitsgänge wie das Waschen, Aufbereiten und Verarbeiten der Wolle finden kaum noch im Inland statt.

Aus diesem Grunde schlug Dr. Rolf Minhorst im Jahre 1997 vor, Haarschafe auf breiter Basis zu züchten und stellte die Projektidee erstmalig als „Nolana-Projekt“ in der Fachpresse der Öffentlichkeit vor. Die seither im Nolana-Projekt zusammengeschlossenen Züchter und landwirtschaftlichen Versuchseinrichtungen sind dabei, eine neue Fleischschafrasse im Haarschaftyp zu züchten. Diese „Nolana“-Schafe haben eine Kurzhaardecke (wie eine Ziege), produzieren kein Wollvlies und müssen daher nicht geschoren werden. Die bei der Wollproduktion entstehenden Kosten entfallen also und belasten die Schafhaltung nicht mehr zusätzlich.

Projektziele

Angesichts des Preisverfalls von Rohwolle soll der Schafzucht mit der Bereitstellung einer leistungsfähigen Haarschafrasse (Nolana-Schafe) eine neue Perspektive geboten werden.

  • Umzüchtung von Wollschafherden durch Rückkreuzung auf Haarschaf mit Böcken der Rassen Wiltshire Horn, Dorper und Barbados
  • Bereitstellung von Haarschafen für die Fleischerzeugung und die Landschaftspflege
  • Beratung der interessierten Schafzüchter-Öffentlichkeit im Hinblick auf die Umzüchtung vorhandener Herden
  • Beitrag zur Weiterentwicklung der Wirtschaftlichkeit der deutschen Schafzucht
  • Erhalt und Förderung des Einsatzes von Schafen in Landschaftspflege und Naturschutz
  • Unterstützung einer Landschaftsentwicklung, die aus ökonomischen Gründen auf tiergebundene Landschaftspflege zurückgreift

Warum die Bezeichnung Nolana-Schafe?

  1. Für die im Entstehen begriffene, neue synthetische Rasse wurde der Name „Nolana“ eingeführt. Nolana ist ein latinisiertes Kunstwort und bedeutet „Keine Wolle“. Diese Bezeichnung ist inzwischen gut etabliert und wird von den Züchtern und auch von den Schafzuchtverbänden für die neuen Zuchtregister benutzt. Im Ausland wird diese Bezeichnung ebenfalls gut verstanden.
  2. Da die Kreuzungspopulation genetisch noch lange nicht konsolidiert ist, wird mit „Nolana-Schafe“ in der ersten Stufe lediglich ein „Haarschaf-Typus“ bezeichnet. Die Maßnahmen zur genetischen Konsolidierung haben im Jahre 2003 begonnen.

Wie funktioniert das Projekt?

Mangels öffentlicher Fördergelder wurde der Weg der Umzüchtung von Wollschafherden zu Haarschafherden mittels einfacher Rückkreuzung auf Wiltshire Horn mit in der R1- oder R2-Generation stattfindenden Inter-se-Parung und entsprechender Selektion auf den erwünschten Typ vorgeschlagen. Wegen Fehlens entsprechender Mittel kann das Vorhaben nicht experimentell durchgeführt sondern muß mit kooperationswilligen Züchtern realisiert werden. Die Praxis hat das Vorhaben allerdings sofort sehr gut angenommen. Um die erwünschten Kreuzungsprodukte bis zur R1- und R2-Generation herzustellen, setzten die Züchter bislang gekörte und genotypisierte Wiltshire Horn-Böcke aus verschiedenen Herdbuchzuchten ein. Es wurde in Anlehnung an die Entstehung des Deutsch-Angus Rindes verfahren. Seit Ende der 60’iger Jahre des vergangenen Jahrhunderts benutzten die Rinderhalter, die von der Milchvieh- zur Fleischrinderproduktion wechseln wollten, reinrassige Angusbullen für ihre Kühe, die den jeweils lokal vorhandenen Rassen angehörten. Erst als landesweit eine genügend große Anzahl von Kreuzungstieren zur Verfügung stand, begann man mit der genetischen Konsolidierung. So entstand das „Deutsch Angusrind“, welches nun seit langem eine anerkannte Zuchtrasse ist.

Die Zuchtleiter der drei großen Schafzuchtverbände in Nordwest-Deutschland kooperieren seit Oktober 1999 mit dem Nolana-Projekt. Im Juli 2000 wurde von Dr. Brüggemann, SZV Westfalen-Lippe, die Genehmigung des Nolana-Zuchtversuches in Düsseldorf beantragt. Nach Genehmigung Ende 2000 wurde eine Nolana-Zuchtregisterordnung aufgestellt und ein Zuchtregister eröffnet, das von anderen Verbänden übernommen wurde.

Das vorläufige Zuchtziel ist bis zu seiner endgültigen Festlegung folgendermaßen formuliert: „Die Ausprägung der Leistungseigenschaften des zukünftigen Nolana-Schafes müssen im guten Durchschnitt der Rassen liegen, die als Muttergrundlage benutzt wurden.“

Für das Nolana-Fleischschaf gelten also folgende Parameter:

  • mittlerer Rahmen (Böcke 100-125 kg LG, Auen 70-80 kg LG)
  • kein Wollvlies sondern Kurzhaardecke
  • Geburtsgewicht 4-5 kg
  • Absetzgewicht mit 4 Monaten mind. 40 kg
  • asaisonales Paarungsverhalten, hoher Anteil an Zwillingsgeburten
  • Haarschaf mit Winterfellbildung (4-5 cm) und natürlichem Winterfellwechsel im Frühjahr
  • Hornlosigkeit

Für das Nolana-Landschaf gelten folgende Parameter:

  • Kleiner bis mittlerer Rahmen (Böcke 75-100 kg LG, Auen 55-75 kg LG)
  • Kein Wollvlies sondern Kurzhaardecke
  • Geburtsgewicht 3,5-4,5 kg LG
  • Absetzgewicht mit 7-12 Monaten 40-45 kg LG
  • Asaisonales Paarungsverhalten, hoher Anteil an Zwillingsgeburten
  • Haarschaf mit Winterfellbildung (4-5 cm) und natürlichem Winterfellwechsel im Frühjahr
  • Überwiegend braun, schwarz und gescheckt pigmentiert
  • Hornlosigkeit

Und so sehen die Nolana-Fleischschafe aus:

Links Nolana Mutterschafe und rechts ein Schafbock

(Quelle: www.nolana-schafe.de - Pressemappe)

Soweit zum Projekt der Fachhochschule Osnabrück - und nun zurück auf unsere Weide des Bioland-Hofes. Uns interessiert für die Landschaftspflege der leichtere Landschaf-Typ, der im Zuchtziel dann braun, schwarz oder gescheckt vorkommt, für die Wiesenpflege.

Was wir nun gekauft haben, sind teilweise Auenlämmer der Ausgangsrassen für und Vorstufen zur neuen Rasse NOLANA.

Das Wilteshire-Horn-Schaf vererbt den natürlichen Fellwechsel
Foto:Dorette Knobbe

Rechts eine Suffolk-Schaf, der Fleisch-Vererber, links eine
gelungene Kreuzung, die bereits die Wolle natürlich verliert
Foto:Dorette Knobbe

Das erste, was wir von Besuchern zu hören bekamen, war die Frage, ob die Tiere "krank" seien, da sie diese kahlen Stellen haben. Nachdem ich dann über die Eigenschaften der Rasse berichtete, fanden alle diese "Rückzüchtung" interessant und wichtig, für die Wirtschaftlichkeit der Schafhaltung im Allgemeinen, aber auch, darum, dass das Schaf jetzt nicht mehr wegen der entfallenden Schur auf den Menschen angewiesen ist. So gewöhnungsbedürftig die Haarschafe während des Fellwechsels im Aussehen sein mögen - wer schon einmal eine frisch geschorene Schafherde gesehen hat, weiß, wie wirklich "nackte" Schafe aussehen.

Den natürlichen Fellwechsel kennen wir auch von unseren Hirtenhunden, die - ganzjährig im Freien lebend - auch die Unterwolle auf der Weide verlieren. In diesem Falle "freuen" sich die Vögel, und nutzen diese für ihren Nestbau.

Bei unseren Hirtenhunden kennen wir auch den saisonalen Fellwechsel
Foto: Dorette Knobbe

Im Falle der Nolana-Schafe wird dies kein größeres zu erwartendes Problem sein, denn wir bekamen die Tiere als sie mitten im Fellwechsel waren, und können jetzt, nach Abschluß des Fellwechsels keine größeren Beeinträchtigungen wie herumliegendes Vlies entdecken. Die Schafe haben das Fell in kleinen Büscheln oder Flocken verloren, wobei die meisten Stücke davon im Stall angefallen (zu dem sie jederzeit Zugang haben) und bei der Reinigung der Einstreu mit entsorgt werden.

Vorsichtiges Kennenlernen der neuen Mitbewohner
Foto: Dorette Knobbe

Ich sehe in der Entwicklung dieser neuen Schafrasse eine Alternative, die die Artenvielfalt herkömmlicher Schafrassen keinesfalls ersetzen, aber ergänzen kann. So wie wir haben viele Tierhalter bisher auf eine längerfristige Schafhaltung zur Landschaftspflege oder Fleischerzeugung verzichtet, da die ungenutzte Wolle bei einem kleineren Betrieb einen zusätzlichen Aufwand an Kosten für das Scheren und letztendlich doch nur ein Abfallprodukt darstellt. Studien belegen, dass sich Schafe ohne Wollvlies wohler fühlen, weniger parasiten- und krankheitsanfälliger, aber fruchtbarer sind.

Nach Beurteilung des Projektleiters der Nolana-Schafe, Herrn Dr. Rolf Minhorst, FH Osnabrück, sind unsere Auenlämmer eine gute Ausgangsgrundlage für den Aufbau einer neuen Nolana-Herde. Daher haben wir uns entschlossen, aus dem Versuchsbetrieb "Waldhof" der FH Osnabrück, auch einem Bioland-Betrieb, zu gegebener Zeit einen Nolana-Bock zu kaufen, um eine Zucht aufzubauen und weitere Erfahrungen mit dieser neuen Rasse zu sammeln. Dann wird es über unsere ersten Zuchtergebnisse einen neuen Bericht geben.

Dorette Knobbe

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