Ausgabe 04/2004
Juli + August 2004

"Alabai" v. Georg Meyer
schwer, plump, Hängelefzen
Foto: Hartmut Deckert

ALABAI oder eine neue Rasse?

Exotik klingt gut und wenn sich mit Exotik schon die Dorfhalle von Possendorf und die Aula in Absurdistan füllen läßt, warum sollte das nicht auch bei Hunden funktionieren. Also taucht seit einiger Zeit ein völlig neuer Typ von "Herdenschutzhund" auf, der centralasiatische Owtscharka, den man dann Alabai nennt. Und auch in Deutschland gibt es bereits die ersten Alabai.

Stellt sich die Frage, was ist ein Alabai? Antwort, ein Centralasiat der besonderen Art, denn der Begriff stammt angeblich aus Turkmenistan und das stimmt sogar. Die Turkmenen bezeichnen einen Hirtenhund dann als Alabai, wenn er ein Hund mit Flecken ist und meinen damit nichts anderes, als einen in der Grundfarbe weiß gefleckten Hund und der ist durchaus erwünscht. Allerdings kommt hinzu, die Hunde werden in einer jahrhundertalten Tradition gezüchtet und die muß eingehalten werden, sonst ist nix mit Alabai.

Allerdings hat diese Bezeichnung einen ernsten Hintergrund, denn in Turkmenistan, das als eines der wichtigeren Ursprungsländer der Centralasiaten gelten darf, wird seit Jahren versucht, den dort heimischen Schlag zu erhalten und letztendlich als eigenständige Rasse zu etablieren. Letzteres ist wenig empfehlenswert, denn damit würde die schon relativ kleine Zuchtbasis weiter eingeschränkt und zum anderen ist die "Vermischung" der Schläge schon zu weit fortgeschritten. Weiterhin müssten dann logischerweise auch die Turkmenen ihre Hunde nochmals unterteilen, denn gerade in den Ländern der Seidenstrasse gibt es sowohl den vielleicht stärker vertretenen Wüsten - oder Steppentyp, aber auch sehr massive Hunde, die dem Bergtyp zugerechnet werden müssen. Etwas anderes ist der Erhalt der eigenen Schläge, die lohnen wirklich.

Völlig in die Irre führt dann aber, wer einem "stinknormalen" centralasiatischen Owtscharka, der sowohl in Russland aber auch in den europäischen Ländern fälschlicherweise immer noch als mittelasiatischer Owtscharka bezeichnet wird, das Etikett Alabai umhängt. Fälschlicherweise deshalb, weil diese Hunde in der Regel in keiner Beziehung zu turkmenischen Hunden stehen, bzw. höchstens einen kleinen Anteil turkmenischer Ahnen haben, also auch ohne jegliches Verständnis der Traditionen gezüchtet werden.

Absicht oder Unwissen? Absicht sicher deswegen, weil ein Alabai mindestens in Deutschland in völlig neue Dimensionen vorstößt was die Exotik angeht und die hat bekanntlich ihren Preis. Kostete bisher ein Welpe der alten traditionellen Centralasiaten so etwa 1500.- bis 2000.- DM, wird beim Alabai 1:1 umgerechnet und so lautet der gut merkbare neue Preis eben 2000.- Euro.

Unwissen direkt vielleicht nicht, aber mindestens eine gehörige Portion Spinnerei, denn ein nicht gefleckter weißer Hund ist für Turkmenen kein Alabai, aber für die Käufer dieser Welpen schon, denn dafür haben sie bezahlt und sie wissen in der Regel über die Bedeutung des Namens nichts.

Einen Vorteil hat die Geschichte vom Alabai natürlich auch noch, dieser Hund taucht auf keiner Liste in irgendeinem Bundesland auf und das wäre ja schon mal was, denn der Mittelasiat steht sehr wohl in einigen Bundesländern auf dem Index und dies ist u.a. für den Verkauf nicht gerade förderlich.

Kehren wir vom hohen und wackeligen Teppich der Spinnerei wieder auf den Boden der Tatsachen zurück, vergessen wir Alabai und erinnern wir uns an eine ähnlich exotische Rasse wie den Goralenhund oder Liptak, vor dem wir mindestens in Nordrhein Westfalen lange geschützt wurden. Auch diesen Hund gab oder gibt es nie und wer statt dessen einen "waschechten" Centralasiaten haben möchte, kann durchaus auch in Deutschland fündig werden, nur nicht bei Züchtern, die einen "Mittelasiaten" aus Russland für einen Alabai verkaufen.

Und zum Schluss sei gesagt, ein Centralasiat, der tatsächlich aus Linien stammt, die in centralasiatischen Ländern angesiedelt sind, also z.B. Afghanistan oder Usbekistan und eben Turkmenistan, sieht ganz anders aus, als die russischen Hunde. Wer welchen Typ schöner findet, kann nur als Geschmacksfrage gesehen werden, ich ziehe die "echten" Asiaten vor, denn sie sind eleganter und erhabener, asiatisch eben.

Also kann dieser Artikel mit einer Warnung enden und die lautet, Finger weg vom Alabai, es sei denn, man ist sich ganz sicher, es mit einem turkmenischen Hund zu tun zu haben. Das allerdings ist in Deutschland fast ausgeschlossen, sondern es sind in der Regel Importe aus Russland. Aber auch vom Alabay sollte man die Finger weglassen, das ist aber eine andere Geschichte und die erzähle ich auch noch.

Hartmut Deckert