Ausgabe 04/2006
April 2006

Der Pyrenäenberghund

Anfänge der Zucht in Deutschland

Rüde Fanto 1938
Foto: Museum Waldenburg

Über den heutigen Bestand dieser Hirtenhunderasse fand ich den Satz:

"In Deutschland werden jährlich ca. 120 Pyrenäenberghunde geboren und gelangen zur Eintragung in das Zuchtbuch. Der Bestand beträgt ca. 1.500 Hunde."

Wer oder wieviele Hunde in Deutschland aber waren die ersten und wer züchtete sie?

Die Frage soll dieser Artikel beantworten. Mindestens für geschichtlich Interessierte wird er sicher spannend sein, denn diese Rasse hat hierzulande eine besondere Vergangenheit.

So etwa 1905 veröffentlichte der Kynologe R. Strebel die Aufnahme eines Pyrenäenberghundes in seinem Buch "Die deutschen Hunde". Aber es sollte noch einige Jahre dauern, bis die Hunde im Zuchtbuch eingetragen und gezüchtet wurden.

Während in anderen Ländern im Laufe vieler Jahrzehnte der Pyrenäenberghund durch einen eigenen Club repräsentiert wird, vertritt ihn seit dem ersten Wurf der "Club für ungarische Hirtenhunde". Eigentlich nicht besonders logisch, denn außer der gemeinsamen Farbe - und selbst die stimmt nicht immer überein - haben die Rassen der ungarischen Tiefebene und der Pyrenäen nicht viele Gemeinsamkeiten, obwohl sie zu den Hirtenhunderassen gehören.

Dieser Club wurde 1922 gegründet und im Jahre 1934 eröffnete man die Sparte für den Pyrenäen, der erste zuchttaugliche Hund wurde eingetragen. 1933 fiel der erste Wurf und ab 1939 wurde er auf Ausstellungen gezeigt, z. B. auf der Reichssiegerschau in Stuttgart.

Auszug aus dem Waldenburger Tageblatt und Anzeiger
Foto: Schlossmuseum Glauchau
www.artiscausa.de

Zwinger "von Waldenburg"

Dort fiel 1933 der erste Wurf und Züchter und Besitzer war Günther Fürst von Schönburg-Waldenburg. So steht es in den Quellen und so ist es eigentlich auch richtig. Aber eben nicht ganz und deswegen gehört das erste Kapitel der Schwester des Fürsten. Denn sie war es, die den "Virus Pyrenäenberghund" nach Waldenburg "einschleppte".

Die Prinzessin und Fanto
Foto: Schlossmuseum Glauchau + Guggenberger & Mairovich Bukarest, 1934
www.artiscausa.de

Sophie Prinzessin von Schönburg – Waldenburg ...

... wurde 1885 in Potsdam geboren. Der Großvater residierte in Waldenburg, der Vater war Offizier im Leibhusarenregiment des Kaisers. Die Mutter war die Tochter einer rumänischen Prinzessin und eine sehr musische Frau. Prinzessin Sophie hatte noch drei Geschwister, von denen zwei während der Jugendzeit der Prinzessin verstarben.

Ihr Leben spielte sich in ihrer Kindheit in den Residenzstädten Potsdam und Dresden, auf den großelterlichen Anwesen in Waldenburg und Lichtenstein sowie in den riesigen mütterlichen Besitzungen in Rumänien ab.

Historischer Stich Schloss und Stadt Waldenburg
Foto: www.waldenburg.de

In einer Biographie der Prinzessin, herausgegeben von Robby Joachim Götze vom Schlossmuseum Glauchau fand ich die folgenden Sätze:

"Eine exponierte Rolle im Leben Sophie Schönburgs nahm Königin Elisabeth von Rumänien als mütterliche Freundin und künstlerische "Ziehmutter" ein, die unter dem Pseudonym "Carmen Sylva" in die Literaturgeschichte einging. Oft weilte Sophie als Gast in Bukarest, im Palast Cotrocenij und auf Schloss Pelesch in Sinaia, um als lernbegierige Schülerin an der Kulturmission der Königin teilzuhaben. Die kulturelle Prägung und Ausbildung in verschiedenen künstlerischen Techniken hat sie an diesem Hofe erfahren … Wie ihr Vorbild hat auch sie ihr späteres Leben ganz der Kunst und Kunstförderung gewidmet und die stetige Auseinandersetzung mit dieser auf den Gebieten der Musik, Dichtung, Malerei und Graphik als tätige Arbeit und Herausforderung begriffen.

Hier schloss sie erste Freundschaften mit Künstlern: z. B. George Enescu und Aurelia Cionca und engagierte sich aktiv für das durch die Königin ins Leben gerufene Blindenwerk. Immer wieder zog es sie nach Rumänien, wobei sie dem Königshaus auch nach dem Tod Elisabeths verbunden blieb."

Am 30. November 1906 heiratete Sophie auf Schloss Waldenburg, arrangiert durch Königin Elisabeth von Rumänien, deren Neffen Wilhelm zu Wied. Nach der Hochzeit wohnte das Paar erst in Neuwied, dann in Charlottenburg und ab 1908 in Potsdam.

Sophie Prinzessin von Schönburg-Waldenburg + Prinz Wilhelm zu Wied
Quelle: worldroots.com
Brigitte Gastel Lloyd

Über diese Zeit schreibt Robby Joachim Götze:

"In die gesellschaftlichen Verpflichtungen des kaiserlichen Hofes von Berlin/Potsdam war sie eingebunden und pflegte engeren Kontakt zu Kronprinzessin Cecilie und lernte während dieser Zeit den Weltmann Harry Graf Kessler kennen. Ihr apartes Erscheinungsbild und extravaganter Kleidungsstil waren zuweilen Tagesthema in den Gazetten."

Sophie war eine sehr aktive und künstlerisch begabte Frau und trotz der beiden Kinder nahm sie Gesangsunterricht und verbesserte ihr Harfenspiel. Außerdem nahm sie bei Franz Skarbina Mal- und Zeichenunterricht. Prof. Albert Reimann, Begründer der sogen. "Schülerwerkstätten" war ihr Lehrer für textile Batiktechnik und für das Emaillieren von Schmuckstücken. Und ganz nebenher führte sie einen musikalischen Salon in Potsdam, der als der führende galt. Zahlreiche bekannte Künstler der damaligen Zeit verkehrten in diesem Salon, z. B. die gefeierte Sängerin Lilli Lehman, Engelbert Humperdinck, Max Bruch, Max Reger, Charles Marie Widor, Xaver Scharwenka, Henri Marteau, August Bungert, die Brüder Prill, Frieda Kwast-Hodapp und James Kwast u. v. a.

Sophie Prinzessin von Schönburg
Quelle: Wikipedia
www.wikipedia.org

Kurz vor Beginn des ersten Weltkrieges ließ sich das Prinzenpaar mit Unterstützung besonders von Österreich und Italien, aber auch dem rumänischen Königshaus auf das Abenteuer Albanien ein.

"Aus einer Vielzahl von Kandidaten für den Thron des Landes (Nicola von Montenegro, Prinz Wilhelm Bernadotte, Herzog Wilhelm von Urach, Prinz Franz Ferdinand de Bourbon-Orléans, Prinz Fuad von Ägypten, Reginald Vanderbilt u.v.a.) ging schließlich Prinz Wilhelm zu Wied als Favorit hervor.",

schreibt Robby Joachim Götze.

Nach nur 200 Tagen scheiterte das Paar 1914, da die europäischen Großmächte ihre zugesagte Unterstützung versagten und floh. Ebenfalls 1914 fiel ihr älterer Bruder an der Front.

Nach dem Zusammenbruch des Kaiserreiches lebte die sich unterdessen "Sophie von Albanien" nennende Fürstin nach der Trennung von ihrem Mann wechselweise in Waldenburg, Monrepos bei Neuwied und in Rumänien. Einige Wochen im Jahr verbrachte sie in Weimar und auch dort hinterließ sie ihre künstlerischen Spuren, sie initiierte zahlreiche künstlerische Feste. Götze schreibt.

" … So sind aus jenen Jahren neben Kontakten zu Hans Wahl (Direktor Goethe Nationalmuseum), Werner Deetjen (Direktor Anna-Amalia-Bibliothek ), Max Hecker (wiss. Archivar Goethe- u. Schiller-Archiv), Georg Lührig (Maler, Rektor Kunstakademie Dresden), Fride Kraze (Schriftstellerin "Heinz Gumprecht"), Walter Vulpius und Friedrich Lienhardt auch wiederholte Begegnungen mit Siegfried und Winifred Wagner, Elisabeth Förster-Nitzsche, Anna Luise Fürstin zu Schwarzburg, Peter Raabe, Börries von Münchhausen, Mathilde Freytag von Loringhoven, Hugo von Hofmannsthal und wieder Harry Graf Kessler u.v.a. belegt."

Götze weiter:

"Bereits als junges Mädchen zeigte Sophie ein schriftstellerisches Talent. Angeregt von der Märchen- und Sagenwelt Rumäniens schrieb sie recht früh ein Elfenmärchen "Lunka" und publizierte in den frühen 20ern zwei weitere Kunstmärchen als Prachtausgaben in der Gesellschaft der hessischen Bücherfreunde."

Ihr in den 20er Jahren gedichtetes und komponiertes musikalisches Märchenspiel "Der goldene Schlüssel" kann man wohl als ihren künstlerischen Höhepunkt ansehen. Es wurde 1926 und 1927 im Park Grünfeld bei Waldenburg und im Schlosspark Lichtenstein aufgeführt.

Aber auch die Gründung des Deutschen Franz-Liszt-Bundes durch Peter Raabe (dem späteren Präsident der Reichsmusikkammer und Nachfolger Richard Strauss') war eine Initiative von Sophie von Albaniens.

Sophie Prinzessin von Schönburg-Waldenburg
Quelle: worldroots.com
Brigitte Gastel Lloyd

Letztendlich war sie als Musikerin geschätzt, denn sie spielte mehrere Instrumente, Harfe, Klavier, Gitarre, Pauken und Posaune und sammelte historische Musikinstrumente.

Einen Bruch stellte 1933 die Machtübernahme durch die Nazis dar. Götze schreibt:

"Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten legte sie demonstrativ 1933 (wie auch ihr Bruder, Fürst Günther von Schönburg-Waldenburg, der u.a. Mitgründer und Präsident der Deutschen Kunstgesellschaft Berlin und Präsident des Rotary Clubs Chemnitz war) ihre Ehrenämter nieder mit der programmatischen Bemerkung: 'Meiner Ansicht nach ist Politik der größte Feind der Kunst und beide sollten nichts miteinander zu tun haben ... die Kunst ist eine freie Himmeltochter, während die Politik eine sehr unfreie Erdentochter ist.'"

Die letzten Jahre ihres Lebens waren geprägt durch zahllose Reisen. Eine davon führte sie wohl auch in die Pyrenäen und dort erwarb sie zwei Pyrenäenberghunde. Damit schließt sich der Kreis und es ist sicher klar, dass sie die "Weißen" und die erste Zucht dieser Hunde in Deutschland wenigstens indirekt beeinflusst hat.

1936 starb Sophie von Albanien mit erst 51 Jahren im rumänischen Schloss Fantanele. Begraben wurde sie in der Gruft des Schlosses Lichtenstein in Sachsen.

Der "Hundefürst"

Und dieser "Titel" soll keineswegs respektlos klingen, sondern als Kompliment gedacht sein. Denn Fürst Günther Fürst von Schönburg-Waldenburg übernahm zwar nach dem Tode seiner Schwester auch deren Pyrenäenberghunde, aber er hatte schon davor bereits eine Vorliebe für Hunde und so zeigt mindestens ein Bild den Fürsten mit einem Terrier.

Günther Fürst von Schönburg-Waldenburg
Foto: www.waldenburg.de

Günther Fürst von Schönburg-Waldenburg wurde 1887 in Potsdam geboren, machte in Dresden Abitur und studierte am Trinnity College der Cambridge University und in Leipzig. Nach der Tätigkeit in einer englischen Bank leistete er 1906 - 1908 seinen Militärdienst ab und lebte 1909 in Rumänien. Ab 1910 studierte er Rechtswissenschaften in Leipzig, München und Darmstadt.

Sein Vater, der Erbprinz Otto Karl Viktor, starb, als Prinz Günther ein Jahr alt war. Seine Mutter war die Erbprinzessin Lucie von Schönburg - Waldenburg, geb. Prinzessin von Sayn-Wittgenstein-Berleburg. 1903 erbte er von dieser die rumänischen Besitzungen Fantanele, Valea Seca und Taslem Sarat.

Fürst Otto Viktor II.
Foto: www.waldenburg.de

Nach dem Tode seines älteren Bruders, des Fürsten Otto Viktor II., der im Alter von 32 Jahren am 14. September 1914 bei Reims in Frankreich fiel, wurde Prinz Günther als fünfter Fürst von Schönburg-Waldenburg nach Kriegsende 1918 Chef des Hauses Schönburg.

Unter seiner Regentschaft wurde Schloss Waldenburg zu einem Zentrum der Kunst und Kultur und Angehörige der Elite der späteren Weimarer Republik gingen dort ein und aus. So gab es z. B. regelmäßig die weit über die Grenzen von Waldenburg hinaus bekannten Konzerte im blauen Saal des Schlosses. Diese öffentlichen Konzerte wurden von namhafte Solisten, Ensembles und Orchester der damaligen Zeit bestritten. Weiter gab es Opernaufführungen und Freilichtdarbietungen im Grünfelder Park. Als Musiker traten unter anderen die Mitglieder der Dresdner Staatskapelle auf. Und eine weitere Mitwirkende war die Schwester des Fürsten, Sophie v. Albanien. Von dieser wurden auch eigene Kompositionen aufgeführt.

Der blaue Saal
Foto: Schlossmuseum Glauchau
www.artiscausa.de

1928 trat in Sachsen das Gesetz zur Auflösung der Familienanwartschaften in Kraft. Was das für die Eigentümer bedeutete, beschreibt ein Absatz in der HP der Stadt Waldenburg:

"… Als Gegenreaktion wurde der fürstlich-Schönburg-Waldenburgische Familienverein Schloss Waldenburg" gegründet. In ihm waren unter dem Vorsitz Dr. Hans Christoph Freiherr von Beschwitz die Chefs und einzelne Mitglieder der Linien des Hauses Schönburg-Waldenburg vertreten.

Um einen Zugriff des sächsischen Staates zu verhindern, wurde Schloss Waldenburg, wie auch andere Schönburgische Schlösser, als unteilbares Vermögen dem Besitz, der Verwaltung und Nutzniesung des Familienvereins unterstellt. Schloss Waldenburg befand sich also nicht mehr in Privathand des Fürsten.

Tagungen und Konferenzen fanden im Schlossgebäude statt, die öffentlichen Konzerte wurden nun vom Familienverein veranstaltet. Besonders tiefgreifend für die Privatresidenz Schloss Waldenburg war die Tatsache, dass die Repräsentationsetage in ein Museum umgewandelt wurde. Die schönsten Räume mit kostbarem Interieur, unter anderem die unverändert gebliebenen Wohnräume des Fürsten Otto Viktor II., konnten nunmehr öffentlich begangen werden."

Das chinesische Speisezimmer
Foto: J. Gerhardt, Chemnitz
www.artiscausa.de

Eine weitere Initiative des Fürsten war die so genannte Waldenburger Tafelrunde von 1921 bis 1939. Dazu fand ich auf der Waldenburger Seite folgende Hinweise:

" … fand auf Initiative des Fürsten Günther die sogenannte Waldenburger Tafelrunde statt, durch die er hohes Ansehen als aufgeschlossener und kultivierter Gastgeber erlangte. Er verwandelte sein Heim in eine Insel der Kunst und Kultur.

Auf Einladung des Hausherren trafen sich für zwei bis drei Wochen bedeutende Vertreter des Wissens und der Künste auf Schloss Waldenburg. Unter ihnen Karl Berling, Direktor des Dresdener Kunstgewerbemuseums; Professor Werner Deetjen, Direktor der Bibliothek der klassischen deutschen Literatur Weimar; Professor Max Hecker, Direktor des Goethe-Schiller-Archives Weimar; Anton Kippenberg, Besitzer des Inselverlages Leipzig; der Kleistforscher Professor Georg Minde-Pouet und der Maler und Graphiker Professor Georg Lührig. Des weiteren ergänzten Familienangehörige und Freunde des Fürsten die Gästeschar."

Diese Waldenburger Tafelrunde beschreibt der "Rundler" Professor Otto Eduard Schmidt in seinen Memoiren "Wandern, o wandern":

Bibliothek um 1930
Foto: Deutsche Fotothek Dresden
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" ... Morgens nahm man in der Halle seine Post in Empfang, ging nach oben in das Chinesische Speisezimmer zum Frühstück. Danach traf man sich zu kleineren Diskussionsgruppen. Mittags speiste man in der Halle. Die Sitzordnung bei Tisch wurde an jedem Tag so abgeändert, daß jedes Mitglied der Tafelrunde einmal neben dem Fürsten zu sitzen kam.

Nachmittage nutzte man zu Spaziergängen in den Parks oder man bereitete sich noch einmal auf die für den Abend zu erwartenden Vorträge vor. Um 16.00 Uhr ertönte ein lauter Gongschlag. Er lud zum politisch-ästhetischen Tee in die Bibliothek ein. Ab 19.00 Uhr war die Pflichtkleidung Smoking oder Frack. Es begann das allabendliche Konzert im Blauen Saal. Auf dem Programm standen Werke der Barockmusik, über Klassik, Romantik bis zur Moderne. Nach den kulturellen Freuden wurde der Gaumen beglückt. Das Diner servierte man im Gelben Saal des Schlosses. Auf das Hauptgericht der Speiseabfolge wies im Konzert immer die Zugabe hin. Erklang also zum Abschluss Schuberts Forellenquintett, konnten sich die Gäste auf "Forelle blau" freuen.

Der gelbe Saal
Foto: Foto: J. Gerhardt, Chemnitz
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Nach dem Diner traf man sich auf der Schlossterrasse, im Rosengarten oder im Gartensaal zu Gesprächsrunden in der Abenddämmerung; Zigarren inclusive. Um 22.00 Uhr fanden sich die "Rundler" in der Bibliothek ein. Die eigentliche Hauptarbeit begann. Jeden Abend wurde durch einen der Gäste ein Vortrag zu verschiedensten Sachgebieten gehalten. Meinungsäußerungen und Diskussionen folgten. Unter dem Vorsitz des Fürsten wurde nicht selten bis in die Nacht hinein debattiert. Das erklärt auch die späten Frühstückszeiten am nächsten Morgen. In einer Zeit des totalitären nationalsozialistischen Regimes in Deutschland wurden die Einladungen des Fürsten Günther begeistert aufgenommen. Die Tafelrunden waren für die Mitglieder eine Zeit der Ruhe und Erholung sowie eine Phase von Erfahrungsaustausch und Wissenserweiterung. Und sie regten das kulturelle Leben weit über die Region hinaus an."

Als weiteres wichtiges Betätigungsfeld des Fürsten kann man dessen Präsidentschaft der Deutschen Kunstgesellschaft in Berlin sehen.

Schloss Waldenburg Sommer 1936
Der Hang gehörte zu den Ausläufen der Hunde
Foto: Schlossmuseum Glauchau
www.artiscausa.de + Herfurth, Sommer 1936

Neben diesen Engagements unterstützte der Fürst aber auch viele humanistische Einrichtungen. "Die jährlichen Aufwendungen der Schlosskasse für wohltätige Zwecke werden auf mehrere hunderttausend Reichsmark beziffert", schreibt man dazu auf der Internetseite der Stadt Waldenburg.

Politisch war der Fürst der damaligen Zeit ganz und gar nicht angepasst, dazu fand ich den Hinweis:

"Bemerkenswert ist außerdem die ablehnende Haltung des Fürsten dem nationalsozialistischen Regime gegenüber. Auf Grund dieser Distanz wurden ihm mehrere Ehrenämter, so z. B. die Präsidentschaft der Deutschen Kunstgesellschaft oder der Vorsitz des Rotary-Clubs Chemnitz, ab 1936 aberkannt und seine öffentlichen Konzerte, Ausstellungen und die Waldenburger Tafelrunde durch die Geheime Staatspolizei verboten."

1939 stellte Fürst Günther Fürst von Schönburg-Waldenburg auf der grünen Woche in Berlin seine beiden eingeführten Pyrenäenberghunde "Fanto" und "Bigorre" aus und diese waren eine Sensation. Die Zucht des fürstlichen Zwingers lag in den Händen von Fräulein von Helldorff.

Von links nach rechts: Bigorée, Feri, Figaro, Desiderate, 1943
im Hintergrund: Fürst Günther
Foto: www.waldenburg.de

Über die Zeit nach 1945 sei die Seite der Stadt Waldenburg zitiert:

"Am 23. Oktober 1945 wurde Fürst Günther von Schönburg-Waldenburg verhaftet und mittels Güterwaggon über Coswig bei Dresden in ein Internierungslager auf der Insel Rügen verbracht. Nach Augenoperationen in Greifswald gelang ihm die Flucht in den Westsektor.

Er arbeitete zunächst als Dolmetscher am Oberlandesgericht in Celle. 1948 ging er mit seiner Frau Hertha nach Amerika, wo er an der St. Bonnaventura University New York als Professor für Deutsch und Französisch arbeitete. 1953 kehrte er nach Deutschland zurück. In Salem am Bodensee unterrichtete er an der Schlossschule verschiedene Sprachen.

Nach einer erneuten schweren Operation lebte er in Wiesbaden, arbeitete als Verlagslektor und unterrichtete an der dortigen Volkshochschule. Letztlich siedelte er nach Salzburg über, wo er am 18. März 1960 im Alter von 72 Jahren, ein Jahr nach seiner Ehefrau Hertha, verstarb. Beide sind auf dem Salzburger Kommunalfriedhof beigesetzt."

Und einen Satz möchte ich noch hinzufügen zu den Rundbriefen des Fürsten, denn die sollen veröffentlicht werden. Dazu schreibt man auf der Internetseite der Stadt Waldenburg:

"Seine Rundbriefe sind durch Herrn Robby Joachim Götze zusammengetragen und mühevoll aufgearbeitet worden, um in der erstmals vollzähligen Herausgabe durch den ARTIS CAUSA e.V. Schloss Waldenburg zu erscheinen. Sie vermitteln einen interessanten Abschnitt Zeitgeschichte und greifen in anschaulicher und auch humorvoller Weise Themen der Nachkriegszeit, des amerikanischen Bildungs- und Demokratiesystems, der Kultur und der scheinbar alltäglichen Widrigkeiten auf. Als einziges autobiographisches Zeugnis des Fürsten sind sie eine Bereicherung für jeden Interessierten."

Welpen der Hündin Capella, 1944
Foto: www.waldenburg.de

Stadt Waldenburg

Gegründet 1280, wurde sie erstmals 1306 urkundlich erwähnt und zwar als Bauern- und Handwerkerstadt. Ihre "Gründerväter" so wird vermutet, waren Kaufleute und Handwerker aus Altenburg.

Altstadt 1904
Foto: www.waldenburg.de

Wie und wann das Geschlecht der Schönburger die Stadtgeschichte beeinflusste, fand ich auf der Seite der Stadt. Da heißt es:

" Unterlagen über stadtrechtliche Verhältnisse aus der Herrschaftszeit der Herren von Waldenburg wurden nicht gefunden. Erst im 14 Jahrhundert legten die Schönburger das Stadtrecht in schriftlicher Form nieder. Aus aufgefundenen urkundlichen Unterlagen geht hervor, das die erste Stadtverwaltung in Waldenburg von "Geschworenen" geführt wurde. So wurden 1389 "Geschworene und mächtigere angesehen Leute" urkundlich erwähnt. Zitat: '...sie sollen den vom Burggrafen (Albrecht) von Leisnig für die Waldenburger Schule gestifteten Zins jährlich einfordern, nehmen und dem Schulmeister reichen ...'"

Lithographie Markt
Foto: www.waldenburg.de

Hieraus ist ersichtlich, das diese Geschworenen Bürger die Geschäfte der "Stadtverwaltung" erledigten. Nahmen die Geschäftstätigkeiten in der Stadtverwaltung zu, war es üblich noch einige Bürger als "consules" einzusetzen. Es entstand ein verstärktes Kollegium, zu dessen Vorsteher der Bürgermeister (Magister civium) ernannt wurde. Der "Rat" mit selbständiger Stadtobrigkeit war somit gebildet worden ...

... Hugo von Schönburg forderte ein Mitspracherecht bei den Ratswahlen. Es kam zu einem Vergleich mit der Stadt, indessen Verlauf festgelegt wurde, das "...ihm nur die getroffene Wahl anzuzeigen sei...". Da die Schönburger immer wieder ihr Mitspracherecht bei Ratswahlen forderten, ersuchte die Stadt beim sächsischen Kurfürsten um Hilfe. So ist z. B. 1739 ein Prozess zwischen dem Amt und dem Rat wegen der Ratswahlen entstanden. Vom sächs. Kurfürsten und König von Polen, August, ist decidiert ( entschieden ) worden, "....das der Rat ( bei der Neuwahl )das Vorschlagsrecht, hingegen das Amt das Auswahlrecht aus den vorgeschlagenen Personenkreis habe, wie es die Akten besagen...".

Und weiter:

"Die Amtsgeschäfte wurden vorwiegend in privaten Häusern abgewickelt. Als die Verwaltungsarbeiten jedoch zunahmen, soll die Stadt im Jahre 1473 ein Bürgerhaus am Markt gekauft haben, das als Rathaus eingerichtet wurde. Einen urkundlichen Beweis dafür gibt es allerdings nicht."

"Garküche" 1912
Foto: www.waldenburg.de

Bereits damals hatte man mit einigen Auswüchsen so seine lieben Probleme und die haben sich bis heute erhalten. Eines davon wird in der Stadtgeschichte beschrieben:

"Ein weiteres Übel dieser Zeit wird von Caspar, Herr von Schönburg in seiner 1640 für die Herrschaft Glauchau errichteten Polizeiordnung geklagt: '... das Branntweinbrennen hat viel Unrath (Unheil) angestiftet, indem das liebe Getreidig dazu gebraucht wird, und sich mancher zu frühem Morgen vollsaufet....'

Weil etliches Volk schon vormittags beim Branntwein zusammengekommen war, hierbei unflätige Possen und Schlägerei verübt hatten und ihre Haushaltung und Arbeit versäumt, verbot die Polizeiordnung bei einer Strafe von 10 Talern das Branntweintrinken in den Schankstätten am Vormittag. Nach d.o. genannten Polizeiordnung durften die "gebrannten Weinhändler" (Branntweinhändler) nicht über einen Groschen Branntwein abgeben, während der Predigt überhaupt nicht. Gäste durften sich nicht setzen. Für jeden Übertretungsfall waren 3 gute Schock als Strafe zu zahlen."

Portrait von Professor Moritz Meurer
Foto: www.waldenburg.de

Als bedeutenden "Sohn der Stadt" kann man sicher Professor Moritz Meurer, geboren 1839 in Waldenburg, bezeichnen. Er war Kunstmaler und Kunsttheoretiker und besuchte die Kunstakademien in Dresden und München. Später arbeitete er auch in Berlin und viele Jahre in Rom. Heute wird sein reichhaltiger Nachlass im Museum aufbewahrt.

"An seinem Geburtshaus am Kirchplatz ist eine Gedenktafel angebracht."

Gemälde von Moritz Meurer
Foto: www.waldenburg.de

Waldenburg ist eine Stadt mit ca. 5.000 Einwohnern und noch immer eine überschaubare Handwerkergemeinde. Zu diesen Handwerkerbetrieben zählt auch heute noch die alte Tradition des Töpferhandwerkes. An Industrie ist höchstens die Waldenburger Bettwarenherstellung erwähnenswert.

In den letzten Jahren wurde versucht, den Tourismus auszubauen. Dies wird sicher deswegen erfolgreich sein, weil neben dem Museum auch wieder das Schloss kulturell genutzt werden soll. Dieses befindet sich im Besitz des Landkreises und wird derzeit aufwendig saniert. Vieles aus der Zeit des Fürsten Günther Fürst von Schönburg-Waldenburg und seiner Vorfahren ist erhalten geblieben.

Etwas besonderes ist das Naturalienkabinett der Fürsten,

"es beherbergt etwa 8.000 Exponate aus den Bereichen Naturreich (Mineralogie, Paläontologie, Fisch- und Reptiliensammlung, Chonchilien, Vogel- und Säugetiersammlung, Herbarien) und das Museum zeigt astronomische und physikalische Gerätschaften sowie kunsthandwerkliche Exponate aus der Barockzeit. Eine kleine ethnologische Sammlung bildet den Abschluss."

Das Naturalienkabinett
Foto: www.museum-waldenburg.de

Wer sich über dieses interessante Museum informieren will, dem sei die Seite

www.museum-waldenburg.de

empfohlen.

Ebenfalls im Museum zu sehen ist eine stadtgeschichtliche Sammlung. Dazu fand ich den folgenden Hinweis:

"Die stadtgeschichtliche Sammlung ging aus einer Altertumsausstellung hervor, die Waldenburger Bürger zusammentrugen und im Jahre 1900 zum ersten Mal zeigten. Nach dem Umbau der Remise zog die Ausstellung 1935 als ständige Schau in das heutige Museumsgebäude ein.

Die Geschichte der Stadt prägten die Fürsten von Schönburg-Waldenburg, deren Vorfahren um 1375/78 die Herrschaft Waldenburg übernahmen und bis in 18. Jahrhundert landesherrliche Rechte besaßen. Erst 1740 wurden die Schönburgischen Herrschaften nach Sachsen eingliedert. Das Waldenburger Schloss diente bis zur Bodenreform im Jahr 1945 als fürstliche Residenz.

Haupterwerbszweig in der Altstadt Waldenburg war über Jahrhunderte die Töpferei. Neben den keramischen Produkten zeigt die stadtgeschichtliche Ausstellung Exponate zum städtischen Handwerk, zur Textilherstellung, weiterhin ein Turmuhrenwerk (um 1700), eine Pfeifensammlung und ein Biedermeierzimmer. Bäuerliche Arbeitsgeräte und Möbel widerspiegeln das Leben der dörflichen Umgebung."

Töpferware aus der Töpferei Tauscher
Foto: www.waldenburg.de

Und weil die Töpferei erwähnt wurde, auch das Waldenburger Steinzeug ist im Museum zu bewundern. Die Autorin Ulrike Budig schreibt dazu:

"Seit der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts stellen Waldenburger Töpfer Steinzeug her. Der für die Steinzeugproduktion erforderliche sinterfähige kaolinreiche Ton kam aus Fronsdorf (8 km entfernt) und wurde über einen eigens dafür bestimmten Weg, die Tonstraße, nach Waldenburg geholt.

Die für das 14. Jahrhundert belegten Dornrandkannen mit Applikationen fanden vorerst nur eine lokale Verbreitung. Anders dagegen sah es für die Wellenfußgefäßen aus, die nach rheinischem Vorbild ab Ende des 14. Jahrhunderts in Waldenburg produziert wurden. Sie wurden als Jacobakannen, Gesichtskrüge, Igelgefäße weit über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus gehandelt und waren wegen ihrer hohen Qualität sehr geschätzt. Archäologische Funde belegen, dass Waldenburger Steinzeug bis in das Baltikum, nach Skandinavien und Ungarn in großen Mengen exportiert wurde. Waldenburg zählte damit neben Siegburg zu den wichtigsten Töpferstandorten in Deutschland.

Im 16. Jahrhundert ging die Bedeutung des Waldenburger Steinzeugs zurück. Vorherrschend waren nun Verzierungen wie Noppenbesatz oder Rollstempeldekore. Heute arbeiten noch 5 Töpfereien in Waldenburg, die Steinzeug produzieren. Neben der historischen Keramik bewahrt das Museum die Innungsurkunde der Waldenburger Töpfer von 1388."

Das Amtsgericht 2003
Foto: www.waldenburg.de

Kehren wir zum Schluss noch mal zur Stadtgeschichte nach 1945 zurück, so ist sicher interessant, dass die Stadt eigentlich zum amerikanisch besetzten Gebiet gehörte. Erst nach der Konferenz von Potsdam im Schloß Cecilienhof im Juli/August 1945 fiel das Waldenburger Territorium an die Sowjetische Besatzungsmacht, deren Gebiet bis dahin sozusagen vor der Haustür, an der Waldenburger Muldenbrücke, endete.

"Nachdem Stadt und Schloss durch die Rote Armee besetzt worden waren, richtete man im Seitenflügel des Schlosses die Kommandantur ein. Fürst Günther blieb im Schloss wohnen."

Der Markt
Foto: www.waldenburg.de

Dazu folgende Zeilen aus der HP der Stadt:

"Erstaunlicherweise gestaltete sich das Zusammenleben mit den Besatzern zunächst recht gut. Die antifaschistische Haltung des Fürsten und sein hohes humanistisches Engagement während der Kriegsjahre waren den neuen Machthabern bekannt. Die Situation änderte sich, als im September der Befehl zur Enteignung des Großgrundbesitzes in der Sowjetischen Besatzungszone erfolgte.

... Schloss Waldenburg wurde im Sommer 1947 durch die Sowjetische Besatzungsmacht geräumt.

Der Kreisrat Glauchau setzte sich seit Mai 1947 für die Einrichtung einer Lungenheilstätte im Schlossgebäude ein, die im August 1948 eröffnet wurde. Dadurch konnte nicht nur die geplante Sprengung des Gebäudes verhindert, sondern Schloss Waldenburg für die folgenden Jahrzehnte in eine Nutzung als Fachkrankenhaus überführt werden, die den Erhalt des Bauwerkes sicherte."

Wer nun Lust bekommen hat, Waldenburg und seine Geschichte der Pyrenäenberghunde zu besuchen, die Stadt liegt etwa 30 km von Chemnitz und 100 km von Dresden entfernt. Das Schlossmuseum Glauchau ist etwa 10 km entfernt.

Genauer beschrieben:

"Waldenburg in Sachsen liegt inmitten des Städtedreiecks Chemnitz-Zwickau-Altenburg und ist gekennzeichnet von der Schönheit und der Vielfalt des Erzgebirgsvorlandes. Große Waldgebiete und malerische Flußauen der Zwickauer Mulde prägen die Landschaft. Waldenburg gehört zur Ferienstraße "Das Tal der Burgen", die sich mit zahlreichen Burgen und Schlössern entlang der Zwickauer Mulde ihren Weg vom Vogtland bis nach Sachsen-Anhalt bahnt.

Durch die hervorragende Verkehrsanbindung an die Autobahn A4 und die Bundesstraßen 175 und 180 können Sie schnell und bequem nach Waldenburg anreisen."

Sicher interessant sind die Internetseiten der Gemeinde und des Schlossmuseums Glauchau.

Historische Aufnahme Schloss Waldenburg
Foto: www.waldenburg.de

Nachsatz

Bei den Überlegungen über die künftige Nutzung des Schlosses Waldenburg bitte ich die Verantwortlichen, sich ein paar Gedanken darüber zu machen, ob für die Hunde des Fürsten nicht irgendwo ein Plätzchen eingerichtet werden kann. Zwar war es ein Zufall, dass gerade in Waldenburg die ersten Pyrenäenberghunde in Deutschland gezüchtet wurden, aber einer Erwähnung ist es allemal wert. Und der Fürst und seine Schwester würden sich neben vielen Liebhabern dieser Rasse sicher freuen über so eine Erinnerung.

Hartmut Deckert

Unser Dank für die zahlreichen Informationen und Bilder gehen an Ulrike Budig vom Museum Waldenburg und an Herrn Robby Joachim Götze vom Schlossmuseum Glauchau.

Quellen:

"Ungarische Hirtenhunde" von Erna Mohr
Internetseite der Stadt Waldenburg www.waldenburg.de
Internetseite Museum Waldenburg www.museum-waldenburg.de
Internetseite des Schlossmuseums Glauchau www.artiscausa.de
Club für ungarische Hirtenhunde

Einige Bilder haben wir der Seite Quelle: worldroots.com von Brigitte Gastel Lloyd entnommen. Leider konnten wir mit der Betreiberin keinen Kontakt aufnehmen, da keine gültige E-Mail-Adresse angegeben war. Wir hoffen, dass Brigitte Gastel Lloyd einverstanden ist. Ansonsten bitten wir sie, mit uns Kontakt aufzunehmen.