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Karakachan? …

 

Oder der bulgarische Hirtenhund

 

 

Foto: Zlatko Dinov

 

Einleitung

 

Sicher ist der Hirtenhund aus Bulgarien ein richtig großer Exot unter den vielen Hirtenhunden aus aller Herren Länder. Denn bei ihm sind sich die tatsächlichen und selbsternannten Experten noch nicht mal sicher und einig, wie diese Rasse denn nun heißt, oder wie man sie richtig schreibt.

 

Daher biete ich mal verschiedene Namen an und auch die verschiedenen Schreibweisen der Rasse. Als da wären: Karakatschan oder Karakachan. Oder auch Karakachansko Kuche, auf Englisch:  Karakachan Dog. In einem Artikel fand ich den Namen: Sarakatsániko Schäferhund oder Sarakatsaniko Tsopanóskilo.

 

Und Nicholay Atanassov, der bulgarische Kynologe schreibt:

 

“ … Unsere Rasse - Bulgarischer Hirtenhund, bestehe ich exakt auf diesen Namen.“

 

Und um die Verwirrung komplett zu machen, die Hunde werden auch als bulgarischer Poimenikos bezeichnet, was aus dem griechischen übersetzt dann aber auch nichts anderes als bulgarischer Schäferhund heißt.

 

 

Bulgarischer Hundenebel

Foto: Nicholay Atanassov

 

In dieses „Dickicht“, oder in diesen Nebel will ich mal Licht bringen, soweit dies überhaupt möglich ist. Denn immer wieder findet sich ein und dasselbe Ereignis in der Abstammung und Geschichte der Rasse sehr unterschiedlich interpretiert.

 

Aber der bulgarische Hirtenhund ist noch aus einem anderen Grunde eine absolute Ausnahme unter  den Hirtenhunderassen, er ist im deutschsprachigen Raum nahezu nicht anzutreffen, es gibt praktisch keine Literatur über ihn und das wenige, was bisher über ihn veröffentlicht wurde, ist äußerst mager, meistens abgeschrieben und stimmen tut es sehr oft auch nicht.

 

 

so fängt es an

Foto: Nicholay Atanassov

 

Abstammung:

 

Vor Jahren erzählte mir ein Grieche, es gäbe in Bulgarien eine kleine Volksgruppe, die betreibe seit Jahrhunderten Viehzucht und halte deswegen natürlich auch Hirtenhunde und damit seien sie wahrscheinlich die „Erfinder“ des bulgarischen Hirtenhundes. Der Name dieses Volkes: Karakatschani.

 

Was ein richtiger Bulgare ist und dann auch noch einen Hund aus dem Land hält, wird heftig protestieren und das nicht mal zu Unrecht.

 

Von wem aber stammen dann die Hunde ab?

 

Und auf diese Frage gibt es eine ganze Reihe von Antworten mit einem Nachteil, sie stimmen so meistens nicht und wurden leider wieder einmal von Anderen abgeschrieben. Über die Herkunft fand ich zum Beispiel die folgenden Zeilen:

 

„ … Der Karakachan (auf Bulgarisch "Karakachansko Kuche") ist eine sehr alte Rasse. Sein Stammbaum reicht zu den Hirtenhunden der antiken Thraker sowie zu den Herdenschutzhunden der Proto - Bulgaren zurück, einem Volksstamm, der von den Hindukusch - und Pamirgebirgen Zentralasiens auf den Balkan einwanderte.“ 

 

 

Foto: Veselin Paunov

 

Damit hätten wir mal zwei „Vorfahren“, wie sie nicht unterschiedlicher sein könnten. Nämlich die Hirtenhunde der antiken Thraker, die unter anderem das heutige Griechenland bewohnten und die Hunde der Proto - Bulgaren, die angeblich und erst viel später aus Zentralasien einwanderten.

 

Leider schreiben die Quellen nicht, wann das gewesen sein soll und daher zweifele ich die Proto- -Bulgaren an. Nicht die Menschen, denn sie sind sozusagen sehr wohl die „Urbulgaren“, sondern deren Hunde. Denn wenn diese sich aus den Tiefen Zentralasiens auf eine Art Völkerwanderung machten, mussten sie durch eine ganze Menge von besiedelten Gebieten und in denen gab es Nutztiere und Hunde. Und da diese Wanderung sicher länger als ein heutiger Urlaub gedauert hat, brachten sie ganz sicher nichts „Ursprüngliches“ aus ihrer alten Heimat mit und wenn, dann höchstens stark abgewandelt. 

 

 

12.03.2005 Beograd - Representation the breed in FCI Meeting

Quelle: Nicholay Atanassov

 

Zur Erinnerung daher noch mal ein Gedanke aus unserem Kapitel „Geschichte der Hirtenhunde“. Darin schrieb ich, die Hunde wanderten - natürlich zusammen mit den Nutztieren - von Mesopotamien aus über Griechenland in das weitere Europa und veränderten sich auf diesen Wanderungen immer dann, wenn es die örtlichen Gegebenheiten erforderten. Oder wie Erna Mohr sinngemäß schrieb, die Bedürfnisse machen den Hund aus.

 

Also ist eine Abstammung von Hunden aus dem heutigen Griechenland natürlich überhaupt nicht abwegig, auch wenn die Angehörigen der verschiedenen Völker auf „ihren Rassen“ bestehen.

 

 

... Und ewig ziehen die Herden

Foto: Zlatko Dinov

 

Zurück zu den Thrakern und über die findet man auch so manchen „Unsinn“. Auszug aus einer Veröffentlichung:

 

„ … Die Ursprünge des Karakachan reichen wie gesagt bis zu den Thrakern zurück, den ersten zur Gruppe der Indoeuropäer gehörenden Bewohnern des heutigen bulgarischen Territoriums. Die Thraker waren bekannt für ihre zahlreichen Schafherden.“

 

Obwohl ich mit diesen noch nicht gesprochen habe, bin ich mir sicher, auch sie hatten neben der Haltung von Nutztieren noch andere Beschäftigungen. Das ich da nicht so falsch liege,  bestätigt die gleiche Quelle indirekt, denn dort heißt es weiter:

 

„ … Ende des dritten, Anfang des zweiten Jahrtausends vor Christus hatten die Thraker aufgrund des Handels mit Westanatolien begonnen, den Einsatz von Tieren in der Landwirtschaft zu differenzieren. Zu dieser Zeit kam es wahrscheinlich zu Kreuzungen der lokalen Hundeschläge mit alten Mastiffrassen und Hirtenhunden asiatischen Ursprungs; der Grundstein  für eine neue regionale Form von Herdenschutzhunden war gelegt. Noch heute kann man Abbildungen dieser Hunde auf dem Goldschmuck der Thraker sehen. Während des 6. und 7. Jahrhunderts nach Christus besiedelten die ersten Bulgaren zusammen mit ihren Nutztieren und Hunden die Balkanhalbinsel. Auf ihrer Wanderung vom Ursprungssiedlungsgebiet im Hindukusch ließen sie sich kurzfristig (420-660) auch im Nordkaukasus nieder.“

 

 

Das Balkan – Gebirge

Foto: www.airmuek-reiseberichte.de/bulgarien.htm

 

Ausgeschlossen wäre das nicht, denn die Thraker sind kein geschlossenes Volk, in einer Quelle stehen die folgenden Sätze:

 

„ … Seine Wurzeln sollen bis zu den Thrakern, eines der ältesten und größten indoeuropäischen Völker, die Südosteuropa und Teile Kleinasiens besiedelten, zurück reichen. Die etwa 90 namentlich bekannten Stämme der Thraker hatten ihren Lebensraum zwischen dem heutigen Istanbul und der bulgarisch - serbischen Grenze, wobei der Lebensmittelpunkt das heutige Bulgarien war.“

 

Und damit wären wir mal wieder bei einer der alten, falschen und leider nicht ausrottbaren Legende, nämlich den Kreuzungen mit alten Mastiffrassen. Die aber kommen als Vorfahren egal welcher Hirtenhunderassen absolut nicht in Frage, denn Hirtenhunde gab es lange vor den Hunden, die wir heute als Molosser oder Mastiff bezeichnen.

 

 

Foto: Veselin Paunov

 

Und weil die Karakachanen durch alle Seiten geistern, muss eine Verbindung zu den Thrakern hergestellt werden und das liest sich dann so:

 

„ … Seinen Rassenamen verdankt der Karakachan den gleichnamigen nomadisierenden Schafhirten. Auch sie waren Nachfahren der Thraker. Im Sommer grasten ihre Herden in den bulgarischen Bergen, im Winter entlang von Mittelmeer und Schwarzem Meer. So konnten die Herden zu allen Jahreszeiten versorgt werden. Aufgrund ihrer konservativen Zuchtmaßnahmen blieben das rauwollige Zackelschaf sowie primitive Pferdeschläge in Europa erhalten. Diese Viehzüchternomaden und ihre Bedürfnisse spielten eine wichtige Rolle in der Selektion von Herdenschutzhunden; Hunde, die viele und spezifische Anfordernisse erfüllten. Aufgrund seiner perfekt angepassten Arbeitsqualitäten wurde der Karakachanhund bald in ganz Bulgarien gezüchtet. Historische Quellen aus dem 19. Jahrhundert zufolge besaß ein Viehzüchter aus dem Rhodopengebirge eine Schafherde von 12.000 Tieren, die er von 80 Herdenschutzhunden beschützen ließ.“

 

 

Im Rhodopen

Foto: www.naturetravel.de

 

Na also, hier finden sich dann eine ganze Reihe an Informationen und auch die sind abgeschrieben. Sicher richtig ist, dass auch die Karakaschani aus dem alten Griechenland stammen, aber ob sie mit den Thrakern verwandt sind, wage ich zu bezweifeln. Und auf die angeblichen alten Nutztierrassen der Karakaschani komme ich noch. Und bei dieser Gelegenheit soll mal wieder etwas wiederholt werden, was ich auch schon an anderer Stelle geschrieben habe. Nämlich die Vergleiche der Abbildungen auf irgendwelchen Schmuckstücken oder Wandmalereien,  die angeblich Hirtenhunde darstellen, ist bestimmt Unsinn. Denn Hirtenhunde waren viel zu unbedeutend, um zu so einer „Ehre“ zu kommen. Wer so eine Abbildung mal wieder sieht, schaue genauer hin, die Künstler waren vielleicht „Seher“ und haben Rottweiler  und anderen kräftige Hunde dargestellt, obwohl es die noch gar nicht gab, aber sicher keine Hirtenhunde.

 

Ein Witz ist dann allerdings die Behauptung, ein Züchter aus dem Rhodopen habe im 19. Jahrhundert seine 12 000 Schafe von 80 Hunden beschützen lassen und diese Behauptung findet man immer wieder. Ganz am Rande sei gefragt, ob dieser Züchter seine Schafe ständig zählte und ob es nicht auch mal 12001 gewesen sein können und drei Hunde mehr. Und noch etwas kommt hinzu und damit wird dann diese Behauptung vollends absurd. Auf dem gesamten Balkan gab es immer eine Milchwirtschaft, das heißt, die Hirten und Schäfer hielten auch Milchschafe und deren Milch wurde sofort an Ort und Stelle verarbeitet. Bei einer Herdenstärke von 12 000 Tieren hätte man daher alleine für die Verarbeitung zu Käse und anderen Milchprodukten  eine „Heerschar“ von Arbeitskräften benötigt. Also diese Mär einfach vergessen.

 

 

Auch in der feinen Gesellschaft waren sie zu finden

Foto: Antoan Hlebarov

 

Aber um an die Abstammung der bulgarischen Hirtenhunde und an deren Ursprünge heran zu kommen, ist es wohl nötig, einen Ablauf der Besiedelung des heutigen Bulgariens zu schildern. So meint endlich mal richtig Alexander Andreev von der bulgarischen Redaktion der deutschen  Welle in  Bonn:

 

„ … Auf dem heutigen Gebiet Bulgariens lebten in der Antike die Thraker und die griechischen Mazedonier. Ab dem 1. Jahrhundert nach Christi wurde das Land von den Römern verwaltet. Im 7. Jahrhundert siedelten sich dort slawische Stämme an, kurz danach kamen die Protobulgaren. Nach einem gewonnenen Krieg gegen Byzanz entstand 681 das Erste Bulgarische Großreich – immerhin der dritte anerkannte Staat auf dem Gebiet von Europa. Bis zum Jahre 1018, als Bulgarien an Byzanz angegliedert wurde, erlebte der junge Staat einige bemerkenswerte Ausweitungen, wurde christianisiert und begründete ein neues Alphabet: das Kyrillische. Nach einer Unterbrechung von ca. 180 Jahre wurde das Zweite Bulgarische Reich gegründet, das mit dem Vormarsch der Osmanen auf dem Balkan im 14. Jahrhundert in mehrere Kleinstaaten zerfiel und schließlich an das Osmanische Reich angegliedert wurde. Erst 1878, nach einem der Russisch-Türkischen Kriege, wird die bulgarische Staatlichkeit wiederhergestellt.“

 

Wichtig der Hinweis auf die „griechischen Mazedonier“, denn das waren ganz sicher die Karakaschani, oder auch Sarakatsanen und den beiden Bezeichnungen will ich ein Extrakapitel widmen.

 

 

Die Kirche Dryanovo

Quelle: Wikipedia

 

Nun stellt sich eigentlich nur noch die Frage, seit wann im heutigen Bulgarien Hirtenhunde leben und damit wäre die Frage nach der Abstammung geklärt. Siehe Alexander Andreev, seit der Antike, also vor unserer Zeitrechnung und über ein paar Jahre hin und her sollte man nicht diskutieren. Zumal es sehr unterschiedliche Zeitangaben gibt. Im Bezug auf die Kultur der Thraker fand ich die folgenden Sätze:

 

„ … Das Gold der Thraker und frühere Goldschätze: In Bulgarien wurde das älteste bearbeitete Gold (vom 5. Jahrtausend vor Christi) entdeckt. Die einmaligen Goldschätze der Thraker aus der Zeit nach dem 5. Jahrhundert vor Christi bereisen die Welt als wandernde Ausstellung.“

 

 

Quelle: Wikipedia

 

Und sicher wäre damit, die Hunde stammen aus dem ursprünglichen Siedlungsgebiet der damaligen Bewohner Bulgariens und das ist eben der ganze Balkan und davor Kleinasien. Ob diese „Ureinwohner“ letztendlich aus Zentralasien einwanderten, oder nicht, ist sicher nicht von Belang. Denn eine derartige „Völkerwanderung“ dauerte Jahrhunderte und in diesen Zeiträumen verändert sich eine ganze Menge.

 

Der ganze Balkan ist deshalb wichtig, weil die beteiligten „Völkchen“ sich nicht nur in Bulgarien niederließen, sondern auch in Rumänien, Mazedonien und Griechenland lebten. Antike oder alte Bezeichnungen wie Molotien, Ilirien oder der Epirus will ich hier weglassen, um die Verwirrung nicht total zu machen.

 

Aber die Namen der beteiligten Völker sind vielleicht wichtig, denn eines wurde neben den Karakatschani oder Sarakatsani, den Mazedoniern und Griechen noch nicht erwähnt, die Aromunen. Über die findet man übrigens ein Kapitel in der Rassebeschreibung des Sarplaninac.

 

 

Aromunische Trachten

Quelle:

http://www.romanianmuseum.com/Romania/RomaniaEthnoAROMAN.html#RomaniaD

 

Das die Hirtenhunde Griechenlands und Bulgariens sehr eng verwandt oder eigentlich ursprünglich der gleiche Hund sind, kann man an einer reichlich abergläubischen Überlieferung erkennen, die in beiden Ländern üblich war. Man schnitt nämlich den Hunden das rechte Ohr ab, dadurch hörten sie angeblich besser und das erhöhte ihre Arbeitsfähigkeit, eben Aberglaube.

 

Eines will ich mit der direkten Abstammung des bulgarischen Schäferhundes von den Hunden aus Griechenland aber keineswegs ausdrücken, nämlich dass diese eventuell minderwertig oder nur ein „Abklatsch“ dieser seien. Es zeugt vielmehr von der „Schlauheit“ der dortigen Hirten und Schäfer, egal zu welcher Volksgruppe sie gehören, dass auch sie die Hunde solange verändert haben, bis sie in die bulgarischen Verhältnisse am besten gepasst haben.

 

Einen Unterschied in den beiden Rassen werde ich im Kapitel Charakter beschreiben, denn laut der Aussage einer ganzen Reihe von Haltern und Besitzern gibt es da einen gravierenden Unterschied.

 

 

Foto: Antoan Hlebarov

 

Ganz im Sinne eines Ausschlussverfahrens soll aber eine Abstammungstheorie auch noch behandelt werden, nämlich die vom Do-khyi, denn auch die taucht im Zusammenhang mit dem bulgarischen Schäferhund mal wieder auf. So fand ich in einer Übersetzung den Hinweis auf den „Tibeter“ als Vorfahr. Es ist schon „dramatisch“, für welche Rassen dieser „arme Hund“ verantwortlich ist. Damit aber nicht genug meint diese Quelle weiter, er sei weiterhin aus den mongolischen Hirtenhunden Centralasiens, den beiden türkischen Rassen Akbash und Kangal, sowie den Hirtenhunden aus der Tatra und den Karpaten entstanden.

 

Von dieser ganzen tollen Verwandtschaft kann man nur den rumänischen Carpatin gelten lassen, der Rest klingt interessant, stammt aber aus den Geschichten aus Tausend und einer Nacht, ist also „Blödsinn“.

 

Geschichte

 

Über die Abstammung des bulgarischen Hirtenhundes war also einiges zu finden. Die Geschichte dieser Rasse aber liegt einige Jahrhunderte in ziemlichem Dunkel. Erst im letzten Jahrhundert finden sich wieder Aufzeichnungen. Woran aber liegt es, dass in einer derart langen Zeit nichts an schriftlichen Überlieferungen vorhanden ist?

 

Die Antwort dürfte einfach sein. Auch diese Hirtenhunderasse war eigentlich eine uninteressante Hundeart, sozusagen der Hund der armen Leute und als reiner Arbeitshund für nichts anderes zu gebrauchen.

 

 

Foto: Antoan Hlebarov

 

Die Hirten und Schäfer dieser Welt aber haben ihre Erfahrungen zwar gesammelt und ausgetauscht, aber das geschah in mündlicher Überlieferung. Da leider sehr viel von dieser alten Hirtenkultur verloren gegangen ist, machte sich auch niemand die Mühe, all das aufzuschreiben, was vielleicht noch in den Köpfen der Hirten und Schäfer vorhanden war.

 

Erst mit Beginn des letzten Jahrhunderts tauchten vereinzelt Aufzeichnungen über die Hunde auf. Und daher wissen wir erst seit dieser Zeit wieder etwas über die Entwicklung der Rasse.

 

Am Anfang schrieb ich, der bulgarische Hirtenhund sei ein wahrer Exot. Das trifft auch auf die Geschichte der Rasse zu. Denn durch die politischen Verhältnisse in Bulgarien müsste die Rasse entweder bereits ausgestorben, oder zumindest stark gefährdet sein.

 

 

Foto: Hristo Mikov

 

Und natürlich spielt in der Geschichte die Namensgebung ein große Rolle. Damit also dieses Kapitel nicht zu umfangreich und auch nicht zu kompliziert wird, werde ich die Namensgebung, also der Streit um den Karakatschan, in einem Extrakapitel behandeln.

 

Einiges weniges ist aber doch zu finden, denn es heißt über die Proto - Bulgaren, sie hätten es als „ein ernsthaftes Verbrechen“ angesehen, wenn ein Hund verletzt oder misshandelt wurde. Und man hätte den Hunden Opfergaben geboten. Ob das allerdings stimmt, lässt sich nicht belegen.

 

Und wenn wir schon bei den Proto - Bulgaren sind, sicher sind sie  als diejenigen zu sehen, die diese Rasse im Laufe vieler Jahre gefestigt haben. Ganz sicher kann man behaupten, dass der bulgarische Hirtenhund mehr unter slawischem Einfluss stand, was etwas verwundert, gehörte doch auch Bulgarien seit dem 14. Jahrhundert zum osmanischen Reich und erst 1878 nach dem russisch - türkischen Krieg wurde das Land wieder selbstständig.

 

Die Zeit bis zum 1. Weltkrieg

 

 

 

Quelle: Wikipedia

 

Nachdem Bulgarien 1878 wieder selbstständig wurde, regierte es als erster König der deutsche Fürst Alexander von Battenberg. Nach seinem Rücktritt regierte Ferdinand von Sachsen - Coburg und Gotha und dieser erklärte sich 1908 zum Zaren. In seiner Regierungszeit erlebte der junge Staat einen bemerkenswerten wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung.

 

 

Ferdinand von Sachsen - Coburg und Gotha

Quelle: Wikipedia

 

Besonders der wirtschaftliche Aufschwung bedeutete eine beginnende Industrialisierung und damit die Abkehr vom reinen Agrarstaat. Und damit wurden die ersten „Totenglocken“ für die Viehwirtschaft geläutet. Ähnlich wie in anderen Staaten des ehemaligen Ostblockes aber gerieten die Hirten und Schäfer erst nach dem 2. Weltkrieg in Bedrängnis und damit natürlich auch die Hunde. Aber man kann schon schreiben, dass diese Industrialisierung einen Rückgang der Viehwirtschaft bedeutete.

 

Allerdings entdeckte das bulgarische Militär so manch arbeitslos gewordenen Hirtenhund und so gibt es heute noch alte Fotos von bulgarischen Hirtenhunden, die als Wachhunde für militärische Anlagen und als Hunde der Grenzbeamten „arbeiteten“.

 

 

Foto: Antoan Hlebarov  

 

 

  Ende der 50er Jahre begann die damalige kommunistische Regierung Bulgariens eine generelle Verstaatlichung des landwirtschaftlichen Bereichs der Wirtschaft. Die Schäfer und Hirten des Landes sahen ihre Herden verschwinden und daraus wurden staatliche Viehzuchteinheiten gemacht.

 

Dieser Prozess führte dazu, dass die Hirtenhunde und auch die Hütehunde unnötig wurden. In einigen Regionen des Landes beschlossen die Behörden sogar, dass Hunde getötet wurden. Und in der achtziger Jahren wurde regional der Versuch unternommen, diese Hirtenhunde mit anderen Rassen (z.B. mit Bernhardinern, Neufundländern) zu paaren, um sie besser als Wachhunde verwenden zu können. Natürlich reduzierte sich durch diese Maßnahmen der Bestand an reinrassigen bulgarischen Hirtenhunden.

 

Zum ersten Mal ist der bulgarische Hirtenhund sozusagen „offiziell“ im Jahre 1938 in einem Artikel erwähnt worden. Dieser erschien in einer deutschen Hundezeitung und die Rasse oder die Hunde wurden als „Karakachan dog“ vorgestellt.

 

Heute leben die Hunde wieder in den Bergregionen Bulgariens und gehen ihrer alten Beschäftigung nach, sie beschützen die Herden vor zwei - und vierbeinigen „Räubern“ und das zur Zufriedenheit der Schäfer und Hirten.

 

 

Foto: Ludmil Dobrev

 

In jüngster Zeit, propagiert durch die Arbeit der Bulgarian Biodiversity Preservation Society SEMPERVIVA (Bulgarische Gesellschaft zur Bewahrung der Artenvielfalt), der Karakachan Dog International Association sowie einiger Züchter, nimmt die Zahl der Arbeitshunde wieder leicht zu.

 

1994 wurde der  Karakachanhund auf die Rote Liste der in Bulgarien autochthonen Haustiere gesetzt. Sein Status wurde mit „disappearing“ („verschwindend“) und „kritisch“ festgesetzt.

 

 

Foto: Nicholay Atanassov

 

Unterdessen kann der Bestand der Rasse auch ohne die offizielle Anerkennung durch die internationalen Verbände als gesichert angesehen werden, dank der Bemühungen und dem Interesse einer ganzen Reihe von Züchtern und Liebhabern der Rasse. Und auch heute noch gibt es eine sehr große Vielfalt von Typen in  Bezug auf die Farben, die Felllänge und die Größe. Eines haben sie gemeinsam und das ist ihr Charakter und der kommt auch noch.

 

Übrigens wurde der Gedanke, die Herden wieder in der alten Tradition mit den Hunden zu schützen, nicht sofort und mit Begeisterung aufgenommen. Erst als die in - und ausländischen Organisationen, die diese Projekte unterstützen, an die Schäfer und Hirten kostenlos Hunde abgaben, stieg die Akzeptanz gegenüber den Hunden. Bis dahin hatte man es sich einfach gemacht, man zahlte eine Abschussprämie für erlegte Wölfe.

 

So besonders erfolgreich war diese Methode nicht, denn erst durch den Schutz der Hunde gab es weit weniger Verluste.

 

 

Foto: Nicholay Atanassov

 

Der Name

 

Seit einigen Jahren ist der bulgarische Hirtenhund in Deutschland als Karakachan oder auch Karakatschan bekannt. Nur ist dieser Name richtig?

 

Einige im Land wehren sich gegen diese  Bezeichnung und führen Gründe an. Zu ihnen gehört der bulgarische Kynologe Nicholay Atanassov,  er schreibt über die Namensgebung:

 

„ … Das ist unsere  nationale Herdenschutzhunderasse. Eine Menge Leute kennen diese Rasse unter dem nicht korrekten Namen "Karakachan Hund".

 

 

  Und weiter:

 

“ … Ich habe einige Informationen über unsere Rasse zusammengetragen… In unserem Land ist sie unter dem Namen Karakachan Hund bekannt, aber das ist ein und dieselbe Rasse… Im Hinblick auf die Tatsache, dass der Bulgarische Hirtenhund noch nicht gefestigt ist, und niemand eine ernsthafte Selektion mit ihnen durchführt, gibt es eine sehr große phänotypische Vielfalt. Das ist die Begründung von verschiedenen Erklärungen für zu viele Leute, aber das ist falsch.

 

Über unsere Rasse - Bulgarischer Hirtenhund, bestehe ich exakt auf diesen Namen, aus folgenden Gründen:

 

Die Bulgaren sind ca. 600 - 680 n. Chr. auf den Balkan gekommen. Sie sind mit solch einem Typ Hund gekommen und sie fanden Hunde ähnlichen Typs vor.

 

Die Karakachanen kamen aus dem Gebiet des heutigen Griechenland.

 

Die Karakachanen bezeichnen sich selbst als Verwandte der Griechen, wie gleichfalls eine Zahl von anthropologischen Ergebnissen heutzutage das gleiche Ergebnis zeigt.“

 

 

Foto: Nicholay Atanassov

 

Wie aber kommt dann der Name Karakachan zustande? Und dafür hat Nicholay Atanassov eine sehr einfache Erklärung. Sie lautet:

 

„ … Als H. Peters über die Hunde des Balkans schrieb, schrieb er: "Die Hunde, die von den Karakachanen benutzt werden." Leider ist es in der Bulgarischen Sprache grammatikalisch das gleiche wie "die Hunde der Karakachanen". Und einer der gossen Fehler begann in diesem Moment.

 

Einige Jahre später begann ein Todor Gaytandjiev (welcher kein Kynologe ist), einige bulgarische Hunderasse für die Jagd zu untersuchen. Das war seine Arbeitsgrundlage, aber zusammen mit Jagdhunderassen schrieb er auch über die Hirtenhunderassen, die von den Karakachanen benutzt wurden und nannte diese Rasse "Karakachan Hund". Das ist der Anfang der Geschichte mit dem Namen "Karakachan Hund".“

 

 

Foto: Nicholay Atanassov

 

An anderer Stelle liest sich diese Meinung etwas ausführlicher:

 

„ … Vor einigen Jahren war diese Rasse in Bugarien (und nun auch in größeren Teilen des Landes) nur als Hirtenhund bekannt.

 

Um 1970 - 1975 begannen unseren Printmedien über den Karakachan Hund zu schreiben. Es stimmt, der Name "Karakachan" ist seit vielen Jahren bekannt, hat aber einige Fehler. 

 

Circa 1937 (im Augenblick weiß ich nicht genau wann) kam Hans Peters nach Bulgarien. Er schrieb einige Reiseberichte über Bulgarien. Er schrieb auch über die Hunde in Bulgarien. Karakachan Schäfer wanderten quer durch Bulgarien mit großen Schafherden und in Begleitung von Hunden. Peters schrieb: "Ich nenne diese Hunde "Karakachan Hunde", weil ich sie bei den Herden dieser Menschen sah." Das ist der einzige "wissenschaftliche" Beleg, welchen einige der Hundeleute in Bulgarien benutzen, die für den Namen "Karakachan Hund" plädieren. Später wurde die Rasse in vielen unserer Zeitungen, Magazinen usw. als "Karakachan Hund" populär. Aber hier sind einige Punkte, die all diese "alten" Wissenschaftler ignorierten:

 

Die Karakachanen kamen im 16. Jahrhundert von Griechenland nach Bulgarien. In dieser Zeit existierte Bulgarien als unabhängiges Land seit 681. In all dieser Zeit (über 1.000 Jahre) züchtete das bulgarische Volk Schafe (natürlich mit Hunden), andere Tiere usw. …

 

In den letzten Jahren kamen hier einige bulgarische Leute, die den Namen "Karakachan Hund" bekannt machen wollen. Sie kommen mit Hunden und sagen: "Das ist ein Karakachan Hund".

 

Das Thema ist sehr kompliziert. Für mich ist das ein politisches und finanzielles Geschäft mancher Leute.“

 

 

Foto: Nicholay Atanassov

 

Manchmal aber kann man auch etwas mit ganz einfachen Mitteln erklären und so greift Nicholay Atanassov auf alte Fotos oder Postkarten zurück, er schreibt:

 

„ … Die Menschen auf den alten Bildern sind Bulgarische Soldaten. Das ist eine dokumentierte Tatsache, dass in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg die Menschen Bulgarischer Hirtenhund sagten, und nicht "Karakachan" Hund.“

 

 

Foto: Antoan Hlebarov

 

Daher muss natürlich noch mal betont werden, dass die bulgarischen Kynologen sich darin einig sind, die Rasse „Bulgarischer Hirtenhund“ zu nennen und diesen Namen auch bei der FCI einzureichen in der Hoffnung auf internationale Anerkennung.

 

Bulgarien war immer ein christliches Land, das änderte sich auch nicht in den Zeiten, als das Land unter dem Einfluss der Osmanen stand. Genauso übrigens wie Griechenland. Die orthodoxe Kirche war stärker. Zwar gibt es auch heute noch eine muslimische Minderheit, aber politisch hatte sie nie einen starken Einfluss.

 

Der Name Karakachan aber wird aus dem türkischen abgeleitet und schon daher kann er eigentlich nicht der richtige Name dieser Hirtenhunderasse sein. Nicholay Atanassov schreibt dazu in einem Forum wohl eher aus „diplomatischen Gründen“ und weil der Name Karakachan in Deutschland gebräuchlich ist:

 

„ … Ich denke wir können als Begriff "Karakachan Hund" verwenden, aber der richtige Name ist  und muss sein „Bulgarischer Hirtenhund“. Unter diesem Namen ist die Rasse im Bulgarischen Kynologischen Verband (Mitglied der FCI) registriert und im Moment ist die Rasse Bulgarischer Hirtenhund "vorgemerkt" für eine Registrierung bei der FCI.“

 

Aber der Name Karakachan taucht auch noch im Zusammenhang mit anderen Tieren, z. B. Schafen, Pferden und Ziegen auf und da fragt man sich dann schon, ob all diese Nutztiere mitsamt den Hunden alles Rassen der Karakachanen sind. Wenigstens ich habe da so meine Zweifel. Von diesen Haustierrassen später mehr.

 

 

Ohne bulgarischen Hirtenhund auch keine Weihnacht

Foto: Antoan Hlebarov

 

 

Der Standard

 

Anmerkung: Dieser Standard wurde von Herrn Nicholay Atanassov verfasst, basierend auf seinen eigenen Recherchen über die Rasse „Bulgarischer Hirtenhund“. Bis jetzt (Dezember 2006) ist diese Rasse von internationalen Organisationen nicht offiziell anerkannt, so ist es unmöglich, über eine Art von offiziell gültigem internationalen Standard zu sprechen. Zur Vorbereitung dieses Standards sind die äußeren Merkmale von mehr als 200 Hunden verwendet worden. Alle Daten sind statistisch verarbeitet worden.

 

Entgegen anderen Standards ist es Nicholay Atanassov wichtig, nicht nur auf die äußeren Merkmale der Rasse hinzuweisen, sondern auch den Charakter und die Verhaltensmuster dieser Rasse in den Standard einzubinden. Diese Vorgehensweise ist zwar etwas ungewöhnlich, aber durchaus wünschenswert, denn keine Hirtenhunderasse, die als Arbeitshund eingesetzt wird, sollte nach optischen Kriterien bewertet werden. Das heißt, ein Hund, der seine Arbeit zufrieden stellend erledigt, sollte natürlich die „erste Wahl“ sein gegenüber einem optisch gerechten Hund.

 

 

Auch in der Kunst geht es nicht ohne ...

Foto: Antoan Hlebarov

 

Bulgarian Shepherd Dog - Bulgarischer Hirtenhund

 

Ursprung:

 

Bis jetzt ist die Entstehung der molossoiden Hunde in unserem Land unbestimmt. Von Zeit zu Zeit erscheinen in verschiedenen Druckerzeugnissen Veröffentlichungen, welche in einem hohen Grade emotional ausgeschmückt sind, sie grenzen gewöhnlich an Intrigen und dienen der Profilierung der Autoren, ohne seriöse gut - fundierte Aussagen. Für diese nicht kleine Gruppe von Hunden, die eng mit den Schafzucht - Traditionen  der Bevölkerung der Balkan - Halbinsel zusammenhängt, gibt es keine komplexen wissenschaftlichen Ergebnisse. Die wenigen ausführlichen Veröffentlichungen basierten auf der Grundlage ihrer Seriosität bei kleinen Auszügen, welche wenn sie veränderlich - statistisch erfasst wurden, statistisch ungewiss blieben.

 

Verwendung:

 

Der Bulgarische Hirtenhund ist kein Hund für die Wohnung, welcher auf dem Sofa liegt, in der lauten Stadt zwischen Menschen und Autos spazieren geht, gern in Parks mit anderen "Kumpels" jedweder Art und Rasse zusammen ist.

 

Der Bulgarische Hirtenhund besitzt bewiesenermaßen tatsächliche Arbeitseigenschaften / Charakteristiken in Kombination mit einem stabilen äußeren Erscheinungsbild. Dieser Hund verteidigt Tiere, schützt den Hof und passt auf seinen Halter und seine Familie auf. Ein fehlender Schutzinstinkt ist unerwünscht (oder  unzulässig), denn schlechter ist, wenn der Hund Angst vor den Nutztieren hat, oder gegen sie aggressiv ist oder sie angreift. Im Laufe der Jahre wurde dieser Hund nach seinem Vermögen, ohne Kommando zu beschützen selektiert - es ist schwierig seine Attacken oder Bisse vorherzusehen.

 

 

Historisches Foto

Foto: Antoan Hlebarov

 

Wissenschaftliche, systematische und wirtschaftliche (praktische) Klassifikation:

 

Um zu versuchen, die Rasse Bulgarischer Hirtenhund wissenschaftlich zu klassifizieren, muss man von der Tatsache ausgehen, dass einige Unterschiede im Erbgut - Schlüssel gegenüber dem Phänotyp bestehen, ähnlich der Rassen, die in anderen Regionen der Balkan - Halbinsel weit verbreitet sind. Unglücklicherweise wurden bis heute keine Untersuchungen in unserem Land angestellt und alle Erklärungen wären Hypothesen, hätten keinen wissenschaftlichen Charakter.

 

In seinem wirtschaftlichen oder praktischen Gebrauch ist der Bulgarische Hirtenhund zweifellos der Kategorie "Schutzhunde" zuzuordnen. Seine Auswahl, Stellung und Arbeitsnatur definiert ihn als "Hirtenhund".

 

Rasse:

 

Dieser Hund ist in seiner natürlichen Umgebung entstanden - Schafherden, unter dem Einfluss von natürlichen und klimatischen Faktoren.

 

Charakter:

 

Handelt in seinen Verteidigungsreaktionen erfolgreich. Aggressivität ist nicht stark ausgeprägt, aber die Hunde können zu gleicher Zeit zurückhaltend in ihrer Haltung gegenüber Feinden sein und Abstand demonstrieren, indem sie mit Knurren warnen und eventuell angreifen. Gegenüber Raubtieren, oder Beutegreifern, oft auch gegenüber Hunden,  erhöht sich die Aggressivität (od. Verteidigungsbereitschaft). Der Bulgarische Hirtenhund ist lebhaft, leicht an seine Umgebung anpassungsfähig, reagiert richtig in Situationen, in welche er verwickelt wird. Gegenüber seinem Halter oder Führer demonstriert er Unterwürfigkeit und Treue. Er nimmt seine Umgebung wahr über seinen Geruchs -, Gehör - und Gesichtssinn, welche sehr gut ausgeprägt sind.

 

Körperbau und Eignungsmerkmale:

 

Der Veranlagung entsprechend, ist der Hund überwiegend eine Kombination des starken -robusten Typs. Seine Knochen sind stark, robust und massiv. Seine Muskeln sind gut entwickelt und ausgebildet. Das Fell ist dicht, nah am Körper, lockerer am Nacken.

 

 

12.03.2005 Beograd - Representation the breed in FCI Meeting

Quelle: Nicholay Atanassov

 

Kopf:

 

Der Kopf des Bulgarischen Hirtenhundes ist typisch molossoid. Er weist weder das raue Oval der Mastiff typischen Hunde auf, noch zeigt er stark gerundete Wangenknochen. Massiv, breit und rund in leicht ovaler Kopfform. Der Oberkopf, von oben gesehen, hat die Form ähnlich eines Quadrates, zum Fang hin etwas enger zulaufend. Ein wenig überwiegt der Gesichtsschädel - Teil in der Länge.

 

Der Fang ist massiv breit, mittellang, etwas stumpf.

 

Der Nasenspiegel ist schwarz, gut geformt mit breiten Nasenlöchern. Die Zähne sind stark und weiß bis elfenbeinfarben gefärbt.

 

Das Gebiss ist ein Scherengebiss

 

Die Augen liegen tief, nicht herausstehend, dunkel in der Farbe und ausdrucksvoll. Wenn weiße Pigmente im Schädelbereich des Kopfes überwiegen, dann können sie auch heller sein.

 

Die Ohren sind normal angesetzt, oft etwas höher angesetzt. Auch Exemplare mit niedriger angesetzten Ohren werden festgestellt, das ist aber nicht typisch für diese Rasse.

 

 

Foto: Milla Joo

 

Im Ganzen ist der Bulgarische Hirtenhund kompakt und symmetrisch, mit leicht länglicher Körperform.

 

Bei Rüden beträgt das Verhältnis zwischen Länge und Höhe des Körpers ca. 8 - 10 %. Bei Hündinnen sind es 10 - 12 %.

 

Größe:

 

Höhe: Die größten Bulgarischen Hirtenhunde-Rüden variieren in der Höhe. Sie liegt zwischen 65 - 75 cm. Bei Hündinnen sind es 63 - 72 cm.

 

Gewicht: die Grenze liegt bei 45 - 57 kg bei Rüden. Bei Hündinnen 40 - 52 kg.

 

Hinweis: Wenn die Proportionen des Körpers stimmen, wenn keine Schwerfälligkeit in den Bewegungen und irgendwelche Einschränkungen beim Einsatz des Bulgarischen Hirtenhundes als Schutzhund entstehen, dann sind Exemplare dieser Rasse auch in höherer Größe und Gewicht zulässig. Dies sollte nicht die geschlechtlichen Unterschiede beeinflussen, welche, in allen Fällen, sichtbar zu erkennen sein sollten.  

 

 

Foto: Milla Joo

 

Hals:

 

Der Hals ist stark und breit mit leichten Hautfalten, ohne Verformung "Kragen" genannt. Seine Länge ist ungefähr so lang wie der Kopf. Er befindet sich in einem Winkel von 40°, bezogen auf die Relation der gedachten Verlängerung des Hinterkörpers.

 

 

Foto: Milla Joo

 

Brust:

 

Die Brust ist breit und tief (großräumig). Das Brustbein befindet sich ein wenig unterhalb der Ellenbogen. Die Rippen sind mäßig rund, weder rohrförmig noch zu flach. Die Schultern sind gut bemuskelt. Sie sind locker mit dem Hals verbunden, genauso wie mit dem Hinterkörper. Von vorn gesehen, ist die Brust gut gebaut, was die Stellung der Vorderbeine breit macht, aber nicht aufgestellt.

 

 

Foto: Milla Joo

 

Hinterkörper, Hüfte und Widerrist:

 

Der Hinterkörper ist stark, gerade und breit. Die Hüfte ist mittellang, der Widerrist kurz. Sie sind fest miteinander verbunden ohne hervorzustehen oder herunterzuhängen.

 

 

Foto: Milla Joo

 

Kruppe und Rute:

 

Der Widerrist zusammen mit den Beckenknochen bildet eine breite Kruppe mit einem guten Rahmen und Muskulatur. Die Rute reicht bis zum Sprunggelenk oder endet kurz darunter. In den meisten Fällen ist sie  sichelförmig oder wird ringförmig über dem Rücken getragen.

 

 

Foto: Milla Joo

 

Vorderhand:

 

Das Schulterblatt ist lang und breit, leicht mit dem Rumpf verbunden, dicht an der Brust mit deutlichem Bogen. Die Oberarmknochen sind mittellang und nah am Körper. Die Ellenbogen sind dicht an der Brust. Die Unterarmknochen sind senkrecht angeordnet in leicht ovaler Form. Die Mittelhand ist fest und straff.

 

 

Foto: Milla Joo

 

Hinterhand:

 

Die Oberschenkel sind lang, breit und muskulös. Die Unterschenkel sind lang, im rechten Winkel zum Oberschenkel. Die Sprunggelenke sind gut ausgebildet, fest, und parallel zueinander. Der Mittelfuß (die Verbindung zwischen dem Sprunggelenk und dem Fuß) ist fest und straff. Wie die Vorderhand, ist die Hinderhand gerade, parallel zur anderen und senkrecht. Die Pfoten sind breit, leicht oval in der Form. Die Ballen sind fest, aber elastisch. Die Krallen sind kräftig, lang, liegen an der Pfote an.

 

 

12.03.2005 Beograd - Representation the breed in FCI Meeting

Quelle: Nicholay Atanassov

 

Bewegungen:

 

Der Bulgarische Hirtenhund bewegt sich langsam. Die Bewegungen erscheinen schwerfällig in weit ausgreifendem Trab.  Das rührt von den relativ großwinkeligen Gelenken, hauptsächlich der Hinterhand.

 

Fell:

 

Das Fell ist mittellang bis lang. Das Gesicht ist mit kurzem Haar bedeckt. Einige Hunde haben auch an den Ohren kurze Haare. Kürzer ist das Haar an dem hinteren Teil der Vorderhand und am Unterarm bis zu den Pfoten.

 

Der rückwärtige Teil der Schulter und der untere Teil der Schenkel sind mit langem Deckhaar bedeckt. Die Unterwolle ist dicht und bedeckt den ganzen Körper, außer die Körperteile mit kurzem Haar.

 

Der Bulgarische Hirtenhund variiert in seinen Fellfarben. Bei den Schäfern überwiegt die weiße Farbe mit großen, asymmetrischen schwarzen Flecken, was das typische Haarkleid des Bulgarischen Hirtenhundes ist, aber es kann nicht als Zuchtstandard angesehen werden. Ganz schwarzhaarige Hunde sind ein erheblicher Fehler, und ganz Weiße könnten ein Hinweis für eine Vermischung mit einer Rasse sein, die weit entfernt vom natürlichen Vorkommen des Bulgarischen Hirtenhundes ist.

 

Der Geschlechtsunterschied ist stark ausgeprägt.

 

 

Foto: Milla Joo

 

Disqualifikationen:

 

Als Fehler wird jede Abweichung von den im Standard aufgelisteten Punkten angesehen, sofern diese sie anders ist als das beschriebene Exterieur, ein Hindernis zur Erfüllung der Aufgabe der Hunde darstellen und den Hunden die Möglichkeit einer normalen Fortpflanzung vorenthalten.

 

Nicholay Atanassov


Kynologe, Ordentliches Mitglied der Vereinigung der Wissenschaftler in Bulgarien, seit 1988

 

7, Hadji Dimitar St.

8900 Nova Zagora

B U L G A R I A

http://www.cynology.info

 

Das Aussehen

 

 

Foto: Veselin Paunov

 

Mit Aussehen meine ich natürlich nicht die Schönheit der Hunde, sondern die Vielfalt. Denn auch der Bulgare ist eine kunterbunte „Farbenschachtel“ und das soll so bleiben.

 

In der Forschung ist man nicht soweit, dass man sagen kann, ob an äußere Merkmale nicht auch gesundheitliche und charakterliche Merkmale gebunden sind. Daher kann man natürlich beim „umstricken“ von Hunderassen sehr viel unwiderruflich zerstören.

 

 

Foto: Milla Joo

 

Zwar sind wir es in Europa  gewohnt, eine Rasse in immer dem ziemlich gleichen Bild zu sehen, aber bei sehr vielen Hirtenhunden gibt es eben eine Buntheit, über die man nur staunen kann. Und Gott sei Dank lässt der Standard dieser Rassen eben auch verschiedene Farben zu.

 

Im Standard des bulgarischen Hirtenhundes schreibt Nicholay Atanassov:

 

“ ... Der Bulgarische Hirtenhund variiert in seinen Fellfarben. Bei den Schäfern überwiegt die weiße Farbe mit großen, asymmetrischen schwarzen Flecken, was das typische Haarkleid des Bulgarischen Hirtenhundes ist, aber es kann nicht als Zuchtstandard angesehen werden. Ganz schwarzhaarige Hunde sind ein erheblicher Fehler, und ganz Weiße könnten ein Hinweis für eine Vermischung mit einer Rasse sein, die weit entfernt vom natürlichen Vorkommen des Bulgarischen Hirtenhundes ist.“

 

 

Foto: Veselin Paunov

 

Da er das Wort “könnten” benutzt hat, kann man das so stehen lassen, denn alleine aufgrund der „Verwandtschaft müssen eigentlich immer auch weiße Hunde vorkommen.

 

Auch bei dieser Hirtenhunderasse ist der ganz schwarze Hund als fehlerhafter Hund angesehen, wie auch z. B. beim Kaukasen. So besonders eng sieht man das aber anscheinend nicht, denn es findet sich schon sehr viel schwarz und das hat sicher auch psychologische Gründe, schwarz sieht gefährlicher aus, weiß ist eine freundliche Farbe.

 

 

Foto: Milla Joo

 

Vergleicht man die anderen Rassen des Balkan mit dem Bulgaren, fallen eben diese vielfarbenen Hunde auf, die es in ziemlich allen Ländern gibt und damit dürfte sicher sein, sie sind alle sehr enge miteinander verwandt.

 

Und noch etwas gehört zum Aussehen des bulgarischen Hirtenhundes, er hat das so genannte „magische Dreieck“. Und das möchte ich erklären.

 

Bei vielen Rassen ist die Schnauze oder der Fang deutlich abgesetzt, das heißt, sie ist schmäler als der Kopf. Bei den Hirtenhunden soll oder muss der Übergang vom Fang zur Stirn ein Dreieck und bei den meisten Rassen fliesend mit einem schwachen und nicht steilen Stop sein.

 

Standard – Blödsinn? Nein, das ganze ist einfache Physik, denn mit einem kräftigen Fang hält man besser fest, oder der Biss ist eben wirkungsvoller. Erinnert man sich an die Aufgaben der Hirtenhunde, ist es dann eben einleuchtend, dass dieses „magische Dreieck“ eine Notwendigkeit ist. Leider haben das viele Züchter vergessen und dann kommen auch bei Hirtenhunden diese schmalen Fänge raus und das wäre dann in meinen Augen ein schwerer Fehler, der auf jeden Fall zu einem Zuchtverbot führen muss. Schaut man sich z. B. viele Sarplaninac an, wäre bei denen ein Zuchtverbot bitter nötig. Das aber ist eine andere Geschichte.

 

 

Foto: Milla Joo

 

Charakter

 

Erinnert sei an einige Sätze aus dem Standard, dort heißt es: „Der Bulgarische Hirtenhund ist kein Hund für die Wohnung, welcher auf dem Sofa liegt, in der lauten Stadt zwischen Menschen und Autos spazieren geht, gern in Parks mit anderen "Kumpels" jedweder Art und Rasse zusammen ist.“

 

Und mit diesem Zitat ist schon eine ganze Menge gesagt, wenn es um den Charakter der Hunde geht. Denn im Umkehrschluss mag ein bulgarischer Hirtenhund all diese Dinge überhaupt nicht.

 

 

Es geht natürlich auch anders

Foto: Veselin Paunov

 

 

Daher mal der Reihe nach, was ich aus dieser Beschreibung herauslese.


Als erstes ist auch diese Rasse, wie die anderen Hirtenhunde auch, an eine gewisse Freiheit gewöhnt. Und natürlich sind auch diese Hunde sehr selbstständig. Das aber ist nicht angelernt, sondern steckt in den Genen. Daher muss man in der Haltung und Erziehung auch darauf Rücksicht nehmen. 

 

Eine laute und hektische Umwelt ist natürlich auch nicht der Hit im Leben eines Bulgaren, denn sie sind Hunde der Dörfer und der Berge. Dazu gehört dann eben eine gewisse Freiheit.

 

Zum Charakter gehört sein ausgeprägter Beschützerinstinkt. Er wird also alles beschützen, was nach seiner Meinung zu seiner Umwelt gehört. Das kann neben den traditionellen Tieren aber auch die „Menschenfamilie“, das Auto oder ein Grundstück sein, aber durchaus auch Gegenstände, die zum Haushalt gehören. Daher muss er rechtzeitig lernen, wann man bewacht und wann man es sein lässt. Die Beschreibung der „schutzwürdigen“ Objekte lässt also nicht den Schluss zu, er sei territorial bezogen, er ist ganz sicher objektbezogen, wie alle Hirtenhunde.

 

Umgekehrt ist dann aber bei dieser Rasse ein fehlender Schutzinstinkt unerwünscht und muss dann zu einem Zuchtverbot führen.

 

In einigen Quellen - und das sind die „Quatschquellen“ - ist zu lesen, man wisse bei diesen Hunden aufgrund ihres Schutztriebes dann auch nie, ob und wann sie zubeißen. Oder man kann lesen, die Hunde neigten zu unvermuteten Reaktionen und bei den ganz schlechten Quellen wird sogar eine relativ hohe Aggressivität unterstellt.

 

Das ist einfach falsch. Ein „wesensfester“ Hund wird sich so nicht verhalten. Vorausgesetzt, bei ihm stimmen die Gene und natürlich auch die Sozialisierung, darauf möchte ich dann im Kapitel Erziehung eingehen.

 

 

Foto: Rostislava Todorova

 

Der bulgarische Hirtenhund wird in allen guten Beschreibungen dieser Rasse als “ ruhig, unabhängig, intelligent, mutig und stolz“ beschrieben und diese Beschreibung würde schon deshalb passen, weil er eben in der Regel immer noch fast ausschließlich als Arbeitshund eingesetzt wird.

 

Damit wird dann auch ausgedrückt, dass auch dieser Hirtenhund eine sehr hohe Reizschwelle hat und dann stimmt auch dieser Satz: „Seiner Herde und seiner menschlichen Bezugsperson ist er selbstlos ergeben“. Oder anders ausgedrückt, er eignet sich sehr gut als Familienhund. Wobei man dabei immer berücksichtigen muss, dass eben seine Wachsamkeit und sein Beschützerinstinkt dafür sorgen, dass so mancher Fremde keine Chance hat, an Familienmitglieder heran zu kommen. Ist dieses Verhalten nicht erwünscht, muss daher trainiert werden, dass es der Hund in bestimmten Situationen oder bei bestimmten Besucher gut sein lässt.

 

Derartiges Training ist nicht besonders schwer, denn z. B. auf Pferdehöfen verhalten sich Hirtenhunde gegenüber den Besuchern absolut neutral, wenn sie gelernt haben, dass ein „Publikumsverkehr“ normal ist.

 

Das mit der Aggressivität hatten wir schon, aber ich möchte extra noch mal betonen, die Aggressivität dieses Hirtenhundes ist nicht sehr stark ausgeprägt. Denn seine angeborene Zurückhaltung und seine „Beobachtungsgabe“ verleitet eventuell dazu, dass man Aggressivität unterstellt.

 

Auch der bulgarische Hirtenhund ist in Situationen, die er als bedrohlich empfindet, ein hervorragender Schauspieler. Das heißt, er wird dann eben mit einer „Riesenshow“ denen imponieren, die er als Bedrohung empfindet. „Richtige Angriffe“, bei denen auch die Zähne eingesetzt werden, gibt es sehr selten, dann aber sind sie berechtigt. Dieser natürliche Schutztrieb ist einfach vorhanden und daher sollte er in keiner Weise gefördert werden, z. B. durch Schutzdienst auf Hundeplätzen.

 

Wenn der Charakter eines Hundes als ruhig beschrieben wird, heißt das noch lange nicht, dass Bulgaren wie Schlaftabletten wirken. Auch diese Hunde sind in der Regel lebhaft und an andere Umgebungen relativ leicht zu gewöhnen. Daher trifft auch auf sie die alte und falsche Erkenntnis nicht zu, Hirtenhunde seien in fremder Umgebung eher unsicher. Vielleicht gilt dies ja für „Herdenschutzhunde“.

 

 

Foto: Veselin Paunov

 

Unter anderem auch wegen ihrer Flexibilität wurden bulgarische Hirtenhunde bis zum Ende des zweiten Weltkrieges in der bulgarischen Armee als Wach - und Schutzhunde eingesetzt.  „Sie gelten als äußerst leistungsfähig, sehr beweglich und arbeiten unter den unterschiedlichsten Bedingungen. Wegen dieser Qualitäten sind sie in Bulgarien legendär.“

 

Wenn man dann noch über diese Rasse liest, sie sei sehr selbstständig, muss das eben sowohl bei der Beurteilung des Charakters, wie auch bei der Haltung und Erziehung beachtet werden.

 

Haltung

 

Nahtlos kann man vom Charakter dieser Rasse auf seine Haltung übergehen. Denn sicher wird es einleuchten, dass bei der Beschreibung eines Freiheit gewöhnten selbstständigen Hundes auch die Haltung angepasst sein muss. Das heißt, einsperren in einer Wohnung oder einem Haus ist ganz sicher falsch.

 

 

Ausnahmen bestätigen die Regel

Foto: Veselin Paunov

 

Auch diese Hirtenhunderasse fühlt sich am wohlsten, wenn sie „draußen“ leben kann. Erinnert sei an ein Bild, das einen Kaukasen zeigt, der sich sein Eigenheim selbst gebaut hat, sprich, er grub sich eine ausreichend große Grube und die war angenehm kühl und bot genug Platz.

 

Eine Hundehalterin aus Österreich, die eine Zuchtstation in Bulgarien besuchte beschreibt das so:

 

„ … Überhaupt leben die Hunde, die untereinander verträglich sind, es gibt nämlich auch hier die gegenteilige Variante, völlig frei im Gelände. Sie kommen morgens, wenn die Herde ausgetrieben wird, aus allen Himmelsrichtungen dahergetrottet, begrüßen den Schäfer, lassen sich kurz kraulen und marschieren dann mit der Herde mit.


Abends, wenn wieder eingetrieben wird, kommen sie zur Station, schlagen sich den Bauch voll (Weizenkleie mit Molke und Wasser gekocht, ab und zu mal ein kleines Stück Fleisch) und trollen sich wieder in die Botanik.“

 

Außerdem würde eine Haus - oder Wohnungshaltung viel zu reizarm sein. Denn wenn der Bulgare als wachsam beschrieben wird, muss er eben auch wachsam sein können. Daher ist die beste Haltungsmöglichkeit ein Haus mit Grundstück und auf diesem Grundstück sollte er sich bewegen können. Voraussetzung dafür, es ist ausbruchsicher eingefriedet. Dies schreibe ich deswegen, weil auch er wie alle anderen Hirtenhunde sich „aufblasen“ kann, wenn es in „bedrohlichen Situationen“ nötig ist, auf der anderen Seite aber sind eben Hirtenhunde durchaus in der Lage, sich auf Zwergdackelgröße zu minimieren, wenn es gilt, durch einen Zaun zu kommen. Sicher ist es daher am besten, der Hund ist unter Aufsicht, wenn er sich im Freien aufhält.

 

Unsere Hunde leben, wenn wir nicht zuhause oder draußen sind, in einem großen Gehege, das an einer „strategisch“ guten Stelle steht. Sie bekommen eine Menge mit und entsprechen passen sie auf unser Grundstück und das der unmittelbaren Nachbarn auf.

 

 

Das wäre absolut sicher

Foto: Nicholay Atanassov

 

Zur Haltung gehört natürlich auch die Frage, muss mein Hund überall mit hin. Wir haben die Frage damit beantwortet, dass wir uns entscheiden haben für ein klares Nein. Hirtenhunde sind auch nur „Gewohnheitsmenschen“ und daher müssen sie ja nicht als Begleiter herhalten bei jedem Ausflug den wir unternehmen, egal wie der aussieht. Spaziergänge oder Besuche z. B. eines Badesees sind natürlich etwas anderes.

 

Apropos Spaziergänge, auch der Bulgare ist nicht der große Läufer, der Tag für Tag Kilometer „fressen“ muss. Viel interessanter ist es für ihn, wenn er die Dauer eines Spazierganges selbst bestimmen kann. In der Praxis heißt das, unsere Hunde drehen ihre alltägliche Runde mal in ca. einer halben Stunde, sie kann aber auch das doppelte an Zeit dauern.

 

Joggen, Radfahren und an der Leine laufen stehen in der Hitparade eines Bulgaren ganz weit hinten, er will seine Spaziergänge ohne Leine als „Informationsgang“ eben selbst bestimmen. Sehr oft wird in diesem Zusammenhang übrigens gesagt, man solle Hirtenhunde nicht ohne Leine laufen lassen. Falsch aus mehreren Gründen.

 

Zum einen muss sich ein derart großer Hund an den menschlichen Schritt anpassen und das wird ganz schön ungesund, weil er mit einem normalen Schritt einen größeren Abstand hinter sich bringt, als ein Mensch. Andererseits kann dann ein Hund nicht dann stehen bleiben oder laufen, wie er will.

 

Daher werden unsere Hunde abgeleint, wenn wir ein paar Meter von den Häusern entfernt und auf den Wiesen sind. Allerdings finden wir das Verhalten anderer Hundebesitzer nicht gut, die ihre Hunde immer ohne Leine laufen lassen. Dies aber nur aus einem einzigen Grund: Jede Gemeinde hat eine so genannte Polizeiverordnung und die schreibt nun mal in der Regel vor, dass Hunde innerhalb der bewohnten Fläche an die Leine sollen. Auch zum Schutze der Hunde ist dies sinnvoll. Außerhalb allerdings soll es eine Selbstverständlichkeit sein, die restlichen Spaziergänge ohne Leine zu machen.

 

 

Nicht jeder hat so ein „Taxi“

Foto: Nicholay Atanassov

 

Freie Hunde setzen eine einigermaßen gute Erziehung voraus, aber das kommt dann anschließend.

 

Obwohl in einigen Ursprungsländern Hirtenhunde einen Teil ihres Lebens an der Kette verbringen, ist diese Haltung schlicht und ergreifend Tierquälerei. Genauso, wie übrigens die Haltung in einem 2 x 3 Meter großen Fertigzwinger. Wer wie die angeblich so tierfreundliche „Hundeflüsterin“ Christiane Rohn gleich mehrer Hirtenhunde in derartigen Zwinger hält, beweist, dass er diese Hunde misshandelt. Abgesehen davon, dass aufgrund der Größe und des Gewichtes dieser Rassen so eine Haltung ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz ist. So wird nicht nur mir das Bild des eingesperrten Centralasiaten Baghira immer in Erinnerung bleiben. Kann man sich eine andere Haltung nicht leisten, sollte man es mit einem Stofftier probieren, nicht aber mit einem Lebewesen.

 

Eine Rolle spielt bei der Haltung eines Bulgaren auch die liebe Nachbarschaft. Ist diese tolerant genug, das Verhalten eines wachsamen Hirtenhundes zu akzeptieren, oder nicht? Unsere Nachbarn fühlen sich durch unsere Hunde sicherer, denn die meinen, ihnen gehört das ganze Dorf und so passen sie eben auch auf alles auf.

 

Viele Hirtenhunde haben im Hause fest zugewiesene Plätze und auch das ist Blödsinn, denn im Winter darf es durchaus auch mal der weiche und warme Teppich sein, während im heißen Sommer der Platz im Keller auf den kühlen Fliesen sicher das Paradies darstellt, oder eben die selbst gebuddelte Grube. Darum wäre es ideal, wenn man seinem Hirtenhund die Wahl selber überlässt. Denn mit Zu - oder Abneigung gegenüber seinen Menschen hat diese Wahl nichts zu tun.

 

 

Im kühlen Hausflur

Foto: Veselin Paunov

 

Zur Haltung gehört natürlich die ganze Familie, also auch Kinder. Daher sollte jedem Halter eines Hundes klar sein, Kinder und Hunde müssen immer unter Aufsicht stehen und mal eben den Hund mit den „lieben Kleinen“ raus schicken, weil man keine Zeit hat, geht nicht, bzw. geht in der Regel in die Hosen.

 

Im Kapitel über den Mastin de los Pirineos habe ich als Abschluss des Kapitels Haltung geschrieben und das gilt natürlich auch für den bulgarischen Hirtenhund:

 

„ …Zusammenfassend kann man zur Haltung vielleicht schreiben, Halter und Züchter sollten versuchen, so nahe wie möglich an die ursprüngliche Lebensweise des Mastin de los Pirineos zu kommen. Das heißt dann, soviel Freiheit wie möglich in unserer Zivilisation bei der Erziehung und Haltung. Mit viel Vertrauen in und zu seinem Hund eine legere Einstellung zu den kleinen Macken der Hirtenhunde haben und alles vergessen, was einem Hundesportvereine und vor allem Hundetrainer zu Zusammenleben mit dieser Rasse sagen. Denn eines ist ganz sicher, wenn es in Deutschland mehr als einen Trainer oder eine Trainerin überhaupt gibt, der/die diese Rasse überhaupt kennt, dann wäre das schon eine Überraschung.“

 

Pflege

 

Vor der Erziehung steht natürlich die Pflege, denn wer will schon außer mir mit einem ungepflegten Hirtenhund irgendwo auftauchen.

 

Aber dieses Kapitel kann bei allen Hirtenhunderassen - also auch beim bulgarischen Hirtenhund - schnell abgeschlossen werden. Denn einen großen Pflegeaufwand muss man bei dieser Rasse nicht betreiben.

 

Haaren die Hunde einmal im Jahr richtig aus, genügt es, gelegentlich das lockere und abgestorbene Haar auszuzupfen, oder zu bürsten.

 

Baden ist tabu, denn man würde die natürliche und sehr ausgeprägte Fettschicht der Hunde unnötig schädigen, oder gar zerstören. Nicht umsonst schwören eine ganze Menge von „Pulloverliebhabern“ auf die Wolle von Hirtenhunden, wenn es darum geht, einen möglichst wetterfesten Pullover zu bekommen und das eben nur wegen dieser „fettigen“ und selbstreinigenden Wolle.

 

Stehohrige Rassen haben in der Regel weniger Probleme mit verschmutzten oder gar entzündeten Ohren.

 

Da aber alle Hirtenhunde Kippohren haben und nicht mehr alle kupiert sind, sollte man der Ohrenpflege einige Aufmerksamkeit schenken. Kein großes Problem, denn wenigstens ich kenne keinen Hirtenhund, der sich nicht gerne in und an den Ohren kraulen ließe. Dabei eben ab und an die Ohren anheben und mal reinschauen. Die äußeren Gehörgänge kann man mit weichen Wattestäbchen reinigen. Hat es aber ein Hund mal richtig im Ohr, hilft nur der Tierarzt.

 

 

Guter Ohrenansatz, nicht sehr schwere Ohren

Foto: Hristo Mikov

 

Ebenfalls sollte ein guter Hundehalter gelegentlich die Zähne seines Hundes anschauen. Oder er sollte zur täglichen Zahnpflege etwas hartes füttern. Darauf komme ich im Kapitel Ernährung zurück.

 

Thomas Schoke schrieb in seinem genial daneben Buch über „Herdenschutzhunde“, Kaukasen hätten schlechtere Zähne als andere Rassen. Unsere kaukasische Hirtenhündin Leika (8 Jahre alt) zeigt zwar gelegentlich und sehr vorsichtig unserem Tierarzt die Zähne, aber der meint, da muss noch nichts getan werden, z. B. den Zahnstein entfernen. Das liegt sicher auch an den harten Leckerli. Nur danach schauen muss man eben immer mal wieder.

 

Ansonsten meine ich, ein gesunder Hirtenhund mit einer rassetypischen Fellstruktur ist etwas für Menschen, die eher faul sind und nicht den großen Pflegetrieb haben.

 

Erziehung

 

Früher ging ich mit unseren Schäferhunden kurze Zeit mal auf einen Hundeplatz, damit sie das lernen, was nach Meinung der dortigen Ausbilder nötig ist für einen zivilisierten Hund. Heute meine ich, für unsere Hirtenhunde und ihr Landleben genügen einige wenige Kommandos und die müssen sie so einigermaßen beherrschen und ausführen.

 

Früh übt sich, wer ein Meister werden will und deshalb sollten man so früh wie möglich anfangen. Wer also einen Welpen bekommt, sollte bereits aus dem Spiel heraus mit der Erziehung beginnen. Dazu gehört erst mal, bestimmte Dinge zu verbieten. Als da wären, Möbel und Kleidungsstücke als Spielzeug zu betrachten, denn ein bulgarischer Hirtenhund hat als erwachsenes Tier ein beachtliches Gebiss.

 

 

Das geht bald auch nicht mehr

Foto: Veselin Paunov

 

Vor lauter Begeisterung seine Mitmenschen anzuspringen muss auch nicht sein, denn 50 bis 60 kg. vor der Brust zu haben, gefällt nicht jedem.

 

Erziehung soll den Alltag erleichtern und daher übertreiben wenigstens wir das ganze nicht. Zu den Übertreibungen gehört z. B., dass ein Hund für das tägliche Futter etwas tun muss. Schließlich muss ich auch nicht Pfötchen geben oder sauber vorsitzen, bevor meine Frau das Essen serviert.

 

In den meisten meiner Portraits habe ich geschrieben, dass sich Autorität der Besitzer nicht dadurch ausdrückt, dass ein Hirtenhund aufstehen muss, wenn er seinen Besitzern im Wege liegt, oder das er nicht vor diesen durch einen Durchgang gehen darf. Unsere Hunde tun das und unserer Autorität hat das bisher keinen Abbruch getan. Daher kann man auch beim bulgarischen Hirtenhund diesen Blödsinn weglassen.

 

Ein Streitthema ist die Frage, ob ein Hirtenhund auf den Hundeplatz sollte, egal um welche Ausbildung es geht. Nach meiner Meinung sollte man einen Platz meiden, denn mit den meisten Kommandos kann weder ein Hirtenhund noch sein Besitzer viel anfangen. Im Gegenteil, sie sind eher kontraproduktiv. Leine laufen und das noch sauber am Fuß ist bei einem solch großen Hund eher lästig, denn läuft der Hund vor seinem Menschen, hat der ihn besser im Auge und es entspricht mehr dem Naturell des Hundes.

 

Agyliti ist für einen Bulgaren unter seiner Würde, albern und einfach überflüssig. Daher wird er streiken und das war’s.

 

Absolut die Finger sollte man von der Ausbildung zum Schutzdienst lassen. Der bulgarische Hirtenhund hat einen natürlichen Schutztrieb und der darf nicht noch gefördert werden. Beißen eines Lebewesens soll die absolute Ausnahme sein und muss nicht erlernt werden. Diesen Ratschlag gebe ich deswegen, weil ich schon mitbekommen habe, dass Hirtenhundebesitzer mit ihren Hunden Schutzdienst machen. Davon mal ganz abgesehen, meine ich prinzipiell, dass Zivilisten oder „Otto Normalbürger“ von solchen Ausbildungen die Finger lassen sollten. Und selbst bei Diensthunden kommen mir an dieser Ausbildung erhebliche Zweifel, wenn ich sehe, welche Beamte mit welchen Hunden arbeiten. Als Negativbeispiel fällt mir der Leiter der Ravensburger Diensthundestaffel der Polizei Klaus Sch. ein. Denn dem spreche ich ab, mit einem Hund verantwortungsvoll und im Sinne des Tieres richtig umzugehen.

 

Ein wichtiges Ziel der Erziehung muss sein, dass auf Spaziergängen Menschen und Tier in Ruhe gelassen werden. Auch wenn es viele Hundebesitzer nicht einsehen und nicht verstehen, es gibt Menschen, die vor Hunden Angst haben und dann gehen wenigstens unsere Hunde  einige Meter an der Leine.  Vollends unverschämt finde ich das Verhalten von Hundebesitzern, wenn man es mit Kindern, älteren Menschen oder gar einer Schwangeren zu tun hat. Auch wegen solchen Uneinsichtigkeiten nimmt die Akzeptanz gegenüber Hunden immer mehr ab.

 

 

Godina 1890

Foto: Antoan Hlebarov

 

Wichtig ist sicher das Kommando „steh“, denn wenn unsere Hunde mal etwas zu weit entfernt sind, lasse ich sie lieber stehen. Dieses Kommando befolgen die Hunde besser, als ein Abrufen oder Sitzen.

 

Auch ein Kommando, dass sozusagen zur Grundausstattung gehört, ist „Sitz“. Das hat praktische Gründe. Sitzt ein so großer Hund wie ein Bulgare, ist er am einfachsten anzuleinen, man kann am besten in seine Ohren und in das Gebiss schauen und unser Tierarzt hat am schnellsten die Spritze bei der jährlichen Impfung drin. Also gehört auch Sitz zu den wichtigen Dingen im Leben eines Hirtenhundes.

 

Was können unsere Hunde sonst noch? Nur noch Blödsinn, Leckerli im Flug fangen oder auch nicht, Platz machen um sich dauernd zu drehen, das war’s dann.

 

Uns reicht das übrigens auch. Und einen großen Vorteil hat das auch noch, was man nicht kann, muss man nicht machen. Und was man nicht machen muss, kann man auch nicht falsch machen. Daher kommen wenigstens wir mit sehr wenig „Bestrafung“ aus, was unseren Hunden wiederum gefällt.

 

 

„Sitz“ kann schon der junge Hund

Foto: Veselin Paunov

 

 

Wichtig in der Erziehung ist sicher, diese ohne jeden Druck zu machen, denn Druck erzeugt bei einem selbstbewussten Hirtenhund Gegendruck. Und man darf natürlich nicht erwarten, dass alles gelernte so schnell ausgeführt wird, wie bei einer reinen Schutzhunderasse. Daher ist Toleranz angesagt, was übersetzt heißt, ein Kommando „hier“ sollte spätestens beim dritten wiederholen so langsam ausgeführt werden.

 

Wer mal in den Ursprungsländern Hirten bei der Arbeit beobachten konnte, merkt schnell, mit was für einer Gelassenheit sie selbst große Herden und die dazu nötige Anzahl von Hunden führen und das schon seit Jahrhunderten, oder noch länger.

 

Logik und Konsequenz sind die einfachste Methode, um einen bulgarischen Hirtenhund zu erziehen, das gilt dann aber auch für die ganze Familie. Andersrum, alle ziehen entweder an einem Strang und arbeiten zusammen, oder der Hund wird mit Teilen der Familie machen, was er will. Kommt dann noch Geduld und Spucke hinzu, wird diese intelligente Rasse sehr schnell ein tolles Familienmitglied.

 

Bei der Beschreibung des Charakters schrieb ich, dass diese Hirtenhunde sehr anhänglich und ergeben gegenüber ihren Menschen sind, daher möchte ich einige Sätze aus anderen Beschreibungen übernehmen, sie lauten:

 

„…  HH

Ein Hirtenhund gehorcht aus reiner Zuneigung zu seinem Besitzer“

 

Oder:

 

„ … Man sollte immer daran denken, dass Hirtenhunde seit jeher selbständig arbeitende Hunde waren. Ihnen allein oblag der Schutz der Herde … Sie mussten entscheiden, ob Gefahr drohte oder nicht und richteten ihre individuellen Reaktionen mehr nach dem eigenen Instinkt als nach den Anweisungen des Hirten aus. Von selbständig agierenden Hunden kann man keinen "Kadavergehorsam" erwarten. Sie wurden nicht dazu gezüchtet, dem Menschen aufs Wort zu gehorchen. Trotz allem: Mit Konsequenz und Einfühlungsvermögen lassen sich auch einem Hirtenhund die Grundlagen der Erziehung nahe bringen und es ist wichtig, dass der Hunderiese seinen Besitzer bedingungslos akzeptiert und lernt, welches Verhalten erwünscht, welches jedoch unerwünscht ist.“

 

Und damit kann dieses Kapitel abgeschlossen werden.

 

Ernährung

 

 

Das sieht schon sehr gut aus

Foto: Nicholay Atanassov

 

Auch in dieser Rassebeschreibung möchte ich vorab schicken, dass ich kein Lebensmittelchemiker bin und darum über Futtersorten nichts schreiben kann.

 

Aber vielleicht erinnert sich so mancher Hirtenhundehalter daran, dass man bei Hirtenhunden immer sagt, die Hunde sollten „groß gehungert“ werden. Das heißt zwar nicht, man gebe ihnen minderwertiges Futter, aber auf jeden Fall immer weniger, als die Hersteller angeben. Und auch die Zusammensetzung sollte sorgfältig ausgewählt werden. Also scheidet alles „Hochleistungsfutter“ aus, denn es enthält zuviel Proteine und Eiweiß.

 

Josef Müller beschreibt es in seinem Buch über die Pyrenäenhunde so:

 

„… Viele werden sich schon gefragt haben, wie ein so großer und relativ schwerer Hund in einem als extrem sparsam bekannten Milieu traditionell sich ernährt hat. Die Antwort ist ganz einfach: mit Brot, Essensabfällen - falls es welche gab -, Molke, die täglich zweimal anfällt, aber mit den Schweinen geteilt werden muss, Schafkot, der ebenfalls täglich abfällt, und Nachgeburten, die bei den asaisonalen Schafrassen übers ganze Jahr vorkommen. Der weidende Herdenschutzhund frisst selten Gras, so oft wie alle anderen Hunde auch, viel öfter frisst er den Kot der Schafe, der ihm Ballaststoffe und Vitamine zuführt, natürlich auch Würmer... Wie kann unter diesen Bedingungen die Hundemutter einen Wurf aufziehen? Indem ihr der Mensch auf eine für uns Heutige ziemlich radikale Weise hilft: Im Wurf wurden prinzipiell nur die Welpen belassen, die man brauchte. So blieben von sechs bis acht Welpen nur zwei, vielleicht drei übrig, die von der Mutter relativ sicher durchgebracht werden konnten. “

 

Noch Fragen? Vielleicht die, was füttern wir dann in unseren Breitengraden, wenn Hirtenhunde möglichst langsam und gleichmäßig wachsen sollen?

 

Eine Antwort ist schon gegeben worden, immer weniger, als die Hersteller angeben. Und das heißt, die Etiketten dieser Futtermittel studieren, da wo Proteine und Eiweiß am niedrigsten sind, kann man anfangen. Welpenfutter auf jeden Fall weglassen, das ist zu „gut“ für Hirtenhunde und z. B. gleich auf die „Leicht - Version“ eines Hersteller umstellen.

 

Und wie oft soll ein Hirtenhund gefüttert werden? Während der ersten sechs Monate ist eine dreimalige Fütterung am besten, denn das belastet den jungen Hund am wenigsten, anschließend sollte man diese Rasse zweimal am Tage füttern.

 

Ein Zitat aus einer anderen Beschreibung:

 

„ … Die Begründung für zweimaliges Füttern ist in meinen Augen richtig, wenn man damit eine gleichmäßige Verdauung und eine nicht zu starke Belastung des Magens erreichen will. Falsch ist sicher das Argument, man könne damit eher eine Magendrehung verhindern. Diese ist ein Problem aller großen Rassen und nicht hirtenhundespezifisch. Wenn nämlich die „Aufhängungen“ nicht mehr stabil genug für derart große Hunde sind, kann eine Magendrehung auftreten, sind diese aber kräftig und normal entwickelt, passiert so was eben nicht.“

 

Bei uns gibt es daher morgens und Abends etwas zu essen. Morgens können die Hunde in aller Ruhe verdauen, denn wir sind den ganzen Tag berufstätig und sie haben ihre Ruhe. Abends gibt es erst Futter nach dem Spaziergang und dann folgt eben die Nachtruhe. Vorher zu füttern verbietet wenigstens uns das alte Sprichwort: Mit vollem Magen ist schlecht arbeiten.

 

Einen Ratschlag der großen Experten befolgen wir nicht, nämlich, man solle den Hunden immer eine Gehorsamsübung abverlangen, bevor sie Futter bekommen. Das vergleiche ich dann einfach mit mir und solange meine Frau nicht eine Gegenleistung von mir verlangt, müssen unsere Hunde eine solche auch nicht bringen. Den Ratschlag sollte man also ruhig vergessen, denn er kommt aus der Spielkiste der uralten Erziehung anno Tobak.

 

Und noch etwas ist vielleicht wichtig, die Mahlzeiten sollten ein Ritual sein. Das heißt, sie finden möglichst immer zur gleichen Zeit statt und sie haben immer den gleichen Ablauf. Wie der aussieht, muss jeder Hundehalter für sich entscheiden, denn jeder hat andere Verhältnisse in seiner Umwelt. Fütterung auf dem Balkon oder hinter dem Haus, oder in der Waschküche sind so dumme Ratschläge, dass ich darauf nicht mehr eingehen will, wie schon geschrieben, Mottenkiste letztes Jahrhundert.

 

Der Arbeitsplatz

 

 

Foto: Milla Joo

 

Der bulgarische Hirtenhund genießt unter den Hirtenhunden eine Sonderstellung. Denn um ihn und in seiner Umgebung ist alles mehr oder weniger geschützt, die Landschaft und die Nutztiere und da man in Bulgarien anscheinend tiefer und ausgiebiger denkt, auch gleich die Hirtenhunde mit.

 

Das macht den „Arbeitsplatz“ des bulgarischen Hirtenhundes ziemlich sicher und davon soll dieses Kapitel handeln.

 

 

 

Fange ich mit der Landschaft an, in der heute wieder Weidewirtschaft betrieben wird, wäre erwähnenswert, dass große Teile des Rila und das Pirin Gebirges, sowie die Rhodopen unter Naturschutz stehen und dass diese Landschaft auch aus touristischen Gründen in ihrer Ursprünglichkeit erhalten werden soll. Das ist aber nur mit Weidewirtschaft möglich, ähnlich z. B. der schwäbischen Alb oder anderer Mittelgebirgslandschaften in Deutschland, in denen ebenfalls die Schafe eine wichtige Rolle spielen.

 

Diesen Mittelgebirgen möchte ich einige extra Sätze widmen, denn sie sind wahre Kleinode.

 

 

Das Rhodopen Gebirge

Foto: www.airmuek-reiseberichte.de/bulgarien.htm

 

Die Rhodopen - übersetzt aus dem Thrakischen heißen sie „Gebiet des rotbraunen Flusses" - sind ein bewaldetes Rumpfgebirge, das zum größten Teil im Süden Bulgariens liegt, der Rest im Nordosten  gehört zu Griechenland. Der höchste Gipfel ist mit 2.191 m der Goljam Perelik, weitere Gipfel sind Goljama Sjutkja (2.186 m), Goljam Persenik (2.091 m), Batashki Snezhnik (2.082 m), Malka Sjutkja (2.079 m) und Prespa (2000 m).

 

Im Osten der Rhodopen herrschen Buchen - und Eichenwälder vor. In den höheren westlichen Rhodopen dagegen Nadelwälder und dort befinden sich auch die höchsten Gipfel.

 

Im Nordwesten schließt sich das deutlich höhere Rila - Gebirge, im Südwesten das ebenfalls höhere Pirin -Gebirge an. Größere Städte sind Welingrad, Smoljan, Peschtera, Kardschali und Batak. Es gibt Rohstoffvorkommen an Blei, Kupfer und Zink und Mineralquellen in Welingrad und Naretschen.

 

 

Pirin Gebirge

Foto: www.airmuek-reiseberichte.de/bulgarien.htm

 

Karstlandschaften prägen die Gegend mit zahlreichen Höhlen, tief eingeschnittenen Schluchten und auffälligen Felsformationen, wie z.B. die Trigrad - Schlucht, die Höhlen Teufelsschlund , Uhloviza, Jagodinska und die Felsformationen Wunderbare Brücken.

 

Die westlichen Rhodopen sind die Heimat der Pomaken, in den östlichen Rhopdopen leben Angehörige der türkischen Minderheit, das Gebirge ist somit ein Zentrum des Islam in Bulgarien.

 

 

Die Festung Perperikon in den Ostrhodopen

Foto: www.naturetravel.de

 

Das Pirin Gebirge liegt im äußersten Südwesten Bulgariens, aber es gibt auch einen Berg mit dem gleichen Namen und der ist 2593 Meter hoch. Auch eine kleine Stadt trägt denselben Namen und es gibt ein im Handel erhältliches Quellwasser, auch mit demselben Namen.

 

Noch nicht genug Pirin? Bitte schön, es gibt noch einen Nationalpark mit demselben Namen und der bulgarische Teil Mazedoniens wird Pirin - Mazedonien genannt.

 

Bliebe noch das Rila - Gebirge und das liegt im Südwesten Bulgariens, sein höchster Gipfel ist der Mussala mit 2925 Metern Höhe. Auf bulgarisch heißt dieses Gebirge übrigens Puna und es ist das höchste Gebirge auf der Balkanhalbinsel. Auch hier gibt es mehrmals Rila, denn ein Kloster trägt den gleichen Namen. Dieses ist eines der größten orthodoxen Klöster und in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen. Es wurde im 10. Jahrhundert von dem Mönch Iwan Rilski gegründet. Zur Lage des Klosters schreibt Wikipedia:

 

„Das Rilakloster liegt relativ abgeschieden in einem Tal, das von der Westseite her ins Rilagebirge schneidet. Die Nordseite des Tals erhebt sich einige hundert Meter über dem Kloster. Hinter der Nordseite des Tales liegt der Berggipfel Maljoviza. Zur Berghütte Maljovitza ist es eine Tageswanderung weit.

 

Das Tal des Rilaklosters führt weiter zu den "Fischseen" und der Berghütte "Fischseen" (ca. 3 Stunden Fußweg).

 

Geprägt ist dieses Gebirge durch fast immer schneebedeckte Gipfel, zackige Felsformen, tiefe Schluchten und eisige Bergseen. Außerdem gibt es eine Vielzahl von Mineralquellen. Die heißeste Quelle (102 °C) befindet sich in Sapareva Banya. Am Südrand des Gebirges liegen die Wintersportzentren Bansko und Raslog.

 

Im Rila befinden sich mehr als 150 Seen in Höhen zwischen 2.100 und 2.500 m. Der höchste davon liegt auf 2.709 m am Fuße des Mussala. Das Rila - Gebirge ist der Ursprung der Flüsse Mariza, Iskar und Mesta.“

 

 

Innenhof des Rila – Klosters

Foto: www.airmuek-reiseberichte.de/bulgarien.htm

 

Der Artenreichtum in den bulgarischen Gebirgen ist groß. Man findet u. a. Bären, Wildschweine, Luchse, Ziegen, Hirsche, Falken und Adler und natürlich auch Wölfe. All diese Tier stellen eine Gefahr für die Herden der Schäfer und Hirten dar und sichern damit die Arbeitsplätze des bulgarischen Hirtenhundes.

 

Aber nicht nur die Landschaft ist zum großen Teil geschützt, sondern man hatte in Bulgarien beschlossen, alles in einem Abwasch zu erledigen und daher sind die alten Nutztierrassen gleich mit einbezogen worden. Schützt man aber Nutztiere in Landschaften, in denen es Wölfe, Bären, Luchse und Füchse, sowie Greifvögel als natürliche Feinde gibt, muss man eben nach A auch B sagen und so wurden die bulgarischen Hirtenhunde auch gleich in dieses Programm mit einbezogen. Und deswegen kann man schon behaupten, diese Rasse ist ein wenig privilegiert.

 

 

Auch das gehört zu den Rhodopen

Foto: www.airmuek-reiseberichte.de/bulgarien.htm

 

Anscheinend ist dieses Programm von den zuständigen bulgarischen Stellen nicht alleine zu schultern, oder internationale Organisationen haben eben ein Interesse an der Erhaltung der Landschaft und ihrer Nutztiere, auf jeden Fall werden diese Maßnahmen auch von außerhalb des Landes unterstützt.

 

So fand ich die folgenden Zeilen:

 

„ ...1992 begannen Wissenschaftler und Projektmitarbeiter typische und ursprüngliche Hirtenhunde zu suchen und in einem Zuchtprogramm zusammen zufassen. Mit den registrierten Hunden wurde die Zucht neu aufgebaut.“

 

In der Zuchtstation "Kara Kitan" (nahe Pernik) werden bulgarische Hirtenhunde gezüchtet  und die Jungtiere gibt man kostenlos an die Schäfer ab. Seit Beginn des Zuchtprogramms hat sich die Zahler der reinrassigen  bulgarischen Hirtenhunde auf 600-700 erhöht und im Zuchtbuch sind derzeit  mehrere hundert Hunde eingetragen.

 

Aber das war nicht immer so, daher zur Erinnerung noch mal einige Sätze über die Zeit, in der die kommunistische Regierung glaubte, die alte Traditionen der Weidewirtschaft sei nicht mehr zeitgemäß und überflüssig:

 

„ … Nach der Verstaatlichung des privaten Viehs in Bulgarien im Jahre 1957 wurde die Haltung von Hirtenhunden als "nicht erforderlich" eingestuft und eine große Anzahl der Hunde wurde getötet. Zu dieser Zeit wurde auch die Jagd auf den Wolf in vernichtender Weise betrieben, er wurde dadurch in Bulgarien fast ausgerottet. Anfang der sechziger Jahre ordnete die sozialistische Regierung sogar den Handel mit Fellen von Wölfen und Hunden an…

 

Nach 1991, als die sozialistischen Strukturen zerbrachen und die staatlichen Bauernhöfe aufgegeben werden mussten, wurden viele der Hirtenhunde "heimatlos", streiften umher und wurden von Jägern getötet. Wegen der geringen Gesamtpopulation und einem extremen Mangel an reinrassigen Hündinnen, begannen die Schäfer mit der Einkreuzung von Hunden ähnlicher Eigenschaften.“

 

Bei den Bemühungen der ausländischen Organisationen und ihrer Vertreter kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen über den Namen der Haustierrassen und der Hunde, denn der Name „Karakachan“ wurde von den bulgarischen Organisationen größtenteils abgelehnt.

 

Auszüge aus einem Protokoll:

 

„ ...  so wurden bei unserem Besuch die Mitglieder ...ziemlich ultimativ aufgefordert, die Karakachan - Pferde als das ‚urbulgarische Pferd‘ zu bezeichnen und den Namen Karakachan aufzugeben.“

 

Der letzte Satz wird noch einmal im Kapitel „Karakachan“ wichtig, Denn auch andere Kynologen und Haustierforscher vertreten die Meinung, der Name Karakachan sei nicht richtig.

 

Liest man das Protokoll weiter, findet man weitere Zweifel, so heißt es dort:

 

„ … Staatliche Institute: Diese haben noch Zuchtherden verschiedener alter Rassen. Im Falle der Karakachan Schafe ist aber offen, ob es sich tatsächlich um ursprüngliche Tiere handelt. Aus Fotos zu schließen sind es eher ‚veredelte Karakachan‘. Wie im Ostblock üblich, hatten die Institute u.a. den Auftrag, Primitivrassen zu veredeln, was bei Schafen oft geschah, um begehrte Qualitätswolle nicht auf dem Weltmarkt kaufen zu müssen. Bekannt sind die Walachen - und Schumava - Schafe in der ehemaligen CSFR, bei denen die veredelten Typen der Institute (improved Valachian bzw. Sumavka) nach der Wende (leider) verschwanden, die spärlichen Originaltypen von Pro Specie Rara aber (u.a. mit Hilfe des Schweizer Nationalfonds) erhalten werden konnten. Mit „DNA - Analysen und Wollproben mit Vergleich im staatlichen Wollarchiv (dort sind 2000 alte Proben archiviert), wäre im Fall der Karakachan - Schafe Klarheit zu schaffen.“

 

Die Beteiligung ist wirklich vielfältig, so heißt es weiter in diesem Protokoll:

 

“ ... Wird im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu einer Zusammenarbeit motivieren. Es muss jedoch die offene Frage hinsichtlich der Reinrassigkeit der Karakachan - Instituts - Bestände angegangen werden, sonst werden ‚Äpfel und Birnen vermischt‘. Die schon im Jahre 2000 ... geäußerten Bedenken sollten nicht beiseite geschoben, sondern gründlich geklärt werden. Die Institutspopulationen könnten durchaus als ‚veredelte Karakachan‘ weiter gezüchtet werden, damit sie nicht das gleiche Schicksal wie andere erleben…“

 

 

Quelle: Wikipedia

 

Karakachani?

 

Noch mal zur Erinnerung, wenn es an die Frage geht, ob der bulgarische Hirtenhund nicht doch Karakachan heißt, Nicholay Atanassov, der bulgarische Kynologe schreibt:

 

“ … Unsere Rasse - Bulgarischer Hirtenhund, bestehe ich exakt auf diesen Namen.“

 

Warum aber ist er so sicher, oder andersrum gefragt, warum kann oder soll man auf dem Namen bulgarischer Hirtenhund bestehen?

 

Auch für den bulgarischen Hirtenhund gilt, was fast alle Hirtenhunde des Balkan auszeichnet, sie standen oder stehen nicht unter dem Einfluss der Türkenherrschaft. Das heißt dann: Obwohl weite Teile des Balkan von Türken oder Osmanen lange Zeit beherrscht wurden, hat sich das bis auf wenige Ausnahmen nicht auf die Hirtenhunde ausgewirkt. Eine der Ausnahmen ist der Begriff Karabash beim Sarplaninac. Den kennt man aber nur im Kosovo und in Mazedonien.

 

Wie weit die bulgarische Sprache von türkischen Einflüssen geprägt ist, vermag ich nicht zu beantworten, aber ich könnte mir vorstellen, dass dieser Einfluss nicht sehr groß ist. Denn Bulgarien war lange vor der „Türkenherrschaft“ bereits ein christlich geprägter und selbstständiger Staat.

 

Zwar gibt es auch heute noch einen kleinen Anteil der Bevölkerung, der türkischer Herkunft ist, aber der verliert immer mehr an Einfluss, genauso, wie andere Minderheiten auch. Lediglich die Roma kann man in diesem Zusammenhang ausnehmen. Allerdings sind die Sprachen der Minderheiten mehr oder weniger im Lande anerkannt oder zugelassen.

 

Amtssprache ist Bulgarisch; weitere Landessprachen sind Türkisch, Griechisch, Mazedonisch und Romani. Während Mazedonisch wegen der sehr engen geschichtlichen Verwandtschaft in weiten Kreisen eher als Dialekt angesehen wird und zwar gepflegt, aber kaum unterrichtet wird, gibt es in den Siedlungsgebieten der türkischen Minderheit oft Türkisch als Schulfach.

 

 

Foto: Ludmil Dobrev

 

Nicholay Atanassov schrieb:

 

„ … Das Thema ist sehr kompliziert. Für mich ist das ein politisches und finanzielles Geschäft mancher Leute.

 

Du liegst richtig in der Annahme, dass Bulgarischer Hirtenhund ein "neuer" Name ist. Aber wir sind Bulgaren. Wir haben seit über 1.300 Jahren Hunde in unserem Land, und diese Hunde kamen her mit den Bulgaren.“

 

 

Foto: Ludmil Dobrev

 

Ein weiterer, wenn auch indirekter Beweis, dass die Hirtenhunde Bulgariens eine eigenständige Spezies sind, die dann auch nicht den Namen Karakachan verdient haben, ist ausgerechnet das so genannte Karakachan Pferd.

 

Im Gegensatz zu einer ganzen Reihe von Ursprungsländern, in denen Hirtenhunde eingesetzt werden, benutzt man in Bulgarien zum Transport aller Habseligkeiten beim Umzug von den Winterquartieren auf die Sommerweiden eine alte bulgarische Pferderasse, die heute als Karakachan - Pferd bezeichnet wird und keine Esel.

 

Aber auch in der Türkei ist die Wanderung mit den Eseln die übliche Methode, denn man sagt den Eseln nicht nur eine sehr große Genügsamkeit nach, sondern sie sind auch noch sehr aufmerksam. Das geht so weit, dass man fast von einer Konkurrenz für die Hirtenhunde sprechen kann.

 

Diese bulgarischen Pferde sind wesentlich kleiner, als europäische Rassen und erreichen am Widerrist ca. 130 cm. Sie sind sehr muskulös, mit stabilen Knochen und die Hufe sind für diese Größe sehr stark und groß. In Bulgarien gelten sie als sehr ausdauernd und genügsam. Also gab es Hirtenhunde schon vor den Kakakachani, denn die hätten dann sicher die Esel mitgebracht.

 

Und noch ein Indiz, dass gegen den Namen Karakachan spricht, sind die Schafe. Denn zu den geschützten Haustierrassen in Bulgarien gehört das so genannte Karakachan - Schaf. Aber gibt es das wirklich? Wie schon bei den anderen Tieren, z. B. den Pferden, legen die Bulgaren vor Ort Wert darauf, dass diese Rassen alte bulgarische Haustiere sind und nicht mit den so genannten Karakachani in das Land kamen. So verhält es sich auch mit diesen Schafen.

 

Auch hier ist der Kynologe Nicholay Atanassov eine gute Adresse, denn er schreibt über sich und seine Ausbildung:

 

„ … Vor Jahren, als ich im Forschungsinstitut gearbeitete habe, waren meine Schafe Merinos. Wir haben eine Rasse, die heißt "Ost - Thrakisches - Merino-Schaf". Das ist die Bulgarische Merino Rasse. Nur in Wahrheit haben wir jetzt gar nichts. Unsere Landwirtschaft ist total zerstört. Als ich im Institut gearbeitet habe, hatten wir in Bulgarien ca. 10.000.000 Schafe. Nun (lt. Statistik) gibt es in Bulgarien ca. 1.200.000 Schafe.

 

Als ich im Institut gearbeitet habe, gab es drei Grundrassen von Schafen - Merine Il de France (für Fleisch) (Anmerkung: in Deutschland heißt das Merino-Fleischschaf) und das einheimische Stara Zagora Schaf (für Milch). Nur meine Merino-Herde war 1.200 Schafe groß. Die gleiche Situation haben wir mit anderen Rassen. Nun sind alle Schafe zusammen im Institut unter 600 Stück. Soweit ich weiß, ist die Rasse Il de France total am Boden.“

 

Diese Rassen sind in Europa bekannt, beziehungsweise werden auch dort gehalten. Eine Rasse, die von den Karakachani nach Bulgarien eingeführt wurde, ist in keiner Quelle  zu finden.

 

 

Foto: Nikolay Todorov

 

Schlauer geworden? Wenigstens ich nicht, denn auch hier denke ich an eine Theorie, die in vielen ehemaligen Ostblockländern vertreten wurde und die kommt gleich.

 

Denn Nicholay Atanassov schreibt dazu:

 

„ … Als das kommunistische System zerbrach, kam viel neues Wissen und Fakten in die Szene. In Bulgarien haben wir einige andere Tierrassen mit dem Namen "Karakachan". Zum Beispiel - Karakachan Schaf. In Wahrheit ist es das Zackel - Schaf, und wenn Du Schafhirten aus Griechenland fragst, werden sie Dir sagen, das ist eine griechische Rasse, aber keine bulgarische, mit Griechischer Herkunft und sein dortiger Name ist Sarakatsaniko.“

 

Und damit wäre diese von mir angesprochene Theorie bestens erklärt, denn es geht dabei darum, dass zwar alte Rassen benutzt wurden, man diese aber im Sinne der erwünschten „Wirtschaft“ veränderte auf die dortigen Bedürfnisse. Das übrigens taten weltweit natürlich auch die Hirten, wenn sie ihre Hunde solange „umstrickten“, bis sie den Bedürfnissen vor Ort entsprachen.

 

Nicholay Atanassov wird mit seiner Meinung bestätigt, denn in einer Übersetzung fand ich die gleiche Meinung. Dort heißt es, das so genannte Karakchan Schaf wird als das typischste und  ursprünglichste Wollschafe angesehen. In Bulgarien beschreibt man es  als „Tzakel - Schaf“, z. B. Adametz, 1906; Chlebaroff, 1932, 1940; Bogoljubskii, 1959; Savov, 1964; Terec, 1965; Balevska, 1967. Dies wurde durch die Forschung von Balevska, Petrov (1967) nachgewiesen. Und nach Ansicht der gleichen Autoren ist dieses Schaf dem europäischen mouflon Ovis musimon am nächsten, also dem Wildschaf.

 

In vielen Quellen wird das Zackelschaf, oder wie es sonst noch heißt, als grobwolliges und langhaariges (bis 26 Zentimeter lange Haare), grau - schwarz und braun-schwarz, aber sehr selten weiß gefärbtes Tier beschrieben.  Überflüssig zu betonen, diese Rasse ist eine sehr gesunde und anspruchslose.

 

Weil wir es schon vom Staat Bulgarien hatten, ist sicher eine Begebenheit noch wichtig, wenn man Argumente gegen den Namen „Karakachan“ sammeln will.

 

 

Das Plateau von Belintash

Quelle: Wikipedia

 

Nach dem 1. Weltkrieg fielen Teile der südlichen Dobrudscha an Rumänien, insgesamt verlor Bulgarien dadurch ca.  8 % seiner Vorkriegsfläche oder rund 10.750 km². Das ist deswegen erwähnenswert, weil auch heute noch in der Dodrudscha Aromunen leben und die hatten die Hirtenhundezucht auf dem Balkan schon immer beeinflusst. Sie aber haben mit den Karakachanen nichts zu tun.

 

Zu guter Letzt helfen auch die Ethnologen nicht viel weiter, wenn man nach den Wurzeln der Karakachanen sucht. So werden diese eben dann in einen Topf geworfen mit allen möglichen Bevölkerungen und Volksgruppen des Balkan. In einer Quelle hieß es, die bulgarische Bezeichnung sei Sarakacaninj und ein andermal werden sie als "hellenisierte Aromunen" bezeichnet, was natürlich auch nicht stimmt.

 

Eine Quelle sei zitiert, weil ich denke, hier wird alles durcheinander gewürfelt:

 

„ … Nachfahren einer alteingesessenen, vorgriechischen, vorillyrischen, vorslawischen Bevölkerung. Nach A. Poulianos und J. K. Campell die älteste Bevölkerung auf dem Balkan. Im Unterschied zu den Aromunen ging ihre Sprache nicht unter der römischen Herrschaft in der Balkanlatinität auf, sondern vermischte sich mit dem Griechischen.

 

Karakachanen zogen sich wie Aromunen seit Völkerwanderung und Slaweneinfall ins Pindus - Gebirge und die Rhodopen zurück, bewahrten dort in nomadisierender Weidewirtschaft ihr altes Brauchtum (Trachten, Rundhütten). Teile sind im 18./19. Jh. nach Bulgarien abgewandert, besiedeln die Sredna Gora. Heute leben etwa 120.000 im griechischen Mazedonien und in Attika, rd. 30.000 im Raum Skopje und in Südwest - Bulgarien.

 

Im weiteren Sinn seit dem 17. Jh. Bezeichnung für unruhige Bergnomaden unter der osmanischen  Herrschaft, Vorstufe der Klephten. Vgl. Aromunen, Makedorumänen, Klephten.“

 

Das einzig interessante an diesem Kuddelmuddel ist die Aussage, sie seien unruhige Bergnomaden unter osmanischer Herrschaft gewesen. Denn die Aromunen haben ihre Sprache, sowie ihre Kultur sehr wohl bewahrt und eine beachtlich große Gruppe von ihnen lebt z. B. heute im rumänischen Donaudelta. Und mit was beschäftigen sie sich bis heute? Richtige Antwort, ein großer Teil von ihnen betreibt Viehwirtschaft.

 

Im übrigen werden von verschiedenen Quellen seht unterschiedliche Zeitangaben gemacht, wann diese so genannten Karakachani nach Bulgarien gekommen sind. Daher noch mal ein kurzer geschichtlicher Abriss. In einem Artikel fand ich diese Sätze:

 

„ … Auf dem heutigen Gebiet Bulgariens lebten in der Antike die Thraker und die griechischen Mazedonier. Ab dem 1. Jahrhundert nach Christi wurde das Land von den Römern verwaltet. Im 7. Jahrhundert siedelten sich dort slawische Stämme an, kurz danach kamen die Protobulgaren. Nach einem gewonnenen Krieg gegen Byzanz entstand 681 das Erste Bulgarische Großreich – immerhin der dritte anerkannte Staat auf dem Gebiet von Europa.

 

Bis zum Jahre 1018, als Bulgarien an Byzanz angegliedert wurde, erlebte der junge Staat einige bemerkenswerte Ausweitungen, wurde christianisiert und begründete ein neues Alphabet: das Kyrillische. Nach einer Unterbrechung von ca. 180 Jahre wurde das Zweite Bulgarische Reich gegründet, das mit dem Vormarsch der Osmanen auf dem Balkan im 14. Jahrhundert in mehrere Kleinstaaten zerfiel und schließlich an das Osmanische Reich angegliedert wurde. Erst 1878, nach einem der Russisch - Türkischen Kriege, wird die bulgarische Staatlichkeit wiederhergestellt.“

 

Ganz sicher gibt es in Bulgarien schon sehr lange Hirtenhunde und sicher länger, als seit dem 7. Jahrhundert. Zu diesem Zeitpunkt aber siedelten dort erst slawische Stämme und wer die waren und woher sie kamen, weiß ich nicht.

 

Schaut man aber in diesem Artikel auf die Antike, heißt es dort, damals lebten im heutigen Bulgarien die „Thraker und griechischen Mazedonier und auf die komme ich im nächsten Kapitel.

 

 

Sokolovo Kloster am Jantra Fluss,

an den Nordabhängen vom Balkan – Gebirge.

Quelle: Wikipedia

 

Zurück zu den Karakachanen und da ist Nicholay Atanassov ein wertvoller „Informant“, er schreibt:

 

„ … Kein einziger Karakachane sagt, dass er Bulgare ist.

 

  Kein einziger Karakachane sagt, dass diese Rasse eine Bulgarische Rasse ist.

 

Gerade einige Bulgaren ohne bulgarisches Bewusstsein schreiben weiterhin, dass der Name der bulgarischen Hirtenhunderasse "Karakachan Hund" ist. Ich kenne den Grund dafür, aber ich will es nicht kommentieren. In dieser Zeit , in der wir alle wissen, welch mächtige Kraft die Propaganda ist.

 

Diese Menschen schrieben eine Menge von Artikeln in westlichen Magazinen, taten viele Informationen auf westliche Webseiten und nun sehen wir, was das Ergebnis ist … und die meisten der Menschen der westlichen Länder glauben an die alten Dogmen.“

 

Auch über den Zeitpunkt, seitdem es Karakachani in Bulgarien gibt, fand ich bei ihm Hinweise und auch die heutigen Angehörigen dieser Volksgruppe und ihre Lebenssituation beschreibt er:

 

„ … Die Karakachanen kamen im 16. Jahrhundert von Griechenland nach Bulgarien. In dieser Zeit existierte Bulgarien als unabhängiges Land seit 681. In all dieser Zeit (über 1.000 Jahre) züchtete das bulgarische Volk Schafe (natürlich mit Hunden), andere Tiere usw. …

 

Die Karakachanen sind Nomaden. Sie sagen, dass ihre Heimat Griechenland ist. Sie kamen nach Bulgarien von Griechenland…

 

In Bulgarien lebt eine große Anzahl von Karakachanen. Aber nimm zur Kenntnis, kein einziger von Ihnen beschäftigt sich mit Schafzucht. Die meisten von ihnen haben Verwandte in Griechenland und sie machen verschiedene Geschäfte, aber diese Geschäfte sind nicht mit Schafhaltung oder Hundezucht…

 

In der Nähe meiner Stadt Nova Zagora befindet sich die Region Stara Planina Berge (ein anderer Name ist Balkangebirge). Jedes Jahr halten die Karakachanen, die in Bulgarien, einen Markt ab. Sie kommen in ihren Nationaltrachten. Sie tanzen und singen, aber kein einziger von ihnen kommt mit einem Hund und sagt "das ist ein Karakachan Hund".

 

In den letzten Jahren kamen hier einige bulgarische Leute, die den Namen "Karakachan Hund" bekannt machen wollen. Sie kommen mit Hunden und sagen: "Das ist ein Karakachan Hund".

 

 

Asenova Festung Zentralrhodopen

Foto: www.naturetravel.de

 

Zum Abschluss dieses Kapitels möchte ich einen ganz persönlichen Eindruck schildern, wenn ich an die Karakachanen und den bulgarischen Hirtenhund denke.

 

Es kommt mir vor, als würde der Begriff auch etwas als Schimpfwort benützt. Der Grund hierzu ist sicher in der Vergangenheit zu suchen. Denn die Zeit unter der „Herrschaft der Osmanen“ hat Spuren hinterlassen. Aber auch in der Türkei hat der Name Karakachan keinen guten Ruf und auch das erzählte Nicholay Atanassov:

 

„ … Im letzten Jahr war ich auf dem internationalen Kangal Hunde Symposium in der Türkei. Als ich mich mit einigen türkischen Kollegen unterhielt, dass wir auch unsere nationale Hirtenhunderasse haben und für eine Menge Leute in Bulgarien diese Rasse als "Karakachan Hund" bekannt ist, fingen sie an zu lachen: "Wie ist es möglich - Du sagst, es ist Eure nationale Rasse, aber zur gleichen Zeit ist sein Name türkisch."

 

Denn es ist wahr, dass Karakachan ein ´türkischer Name ist, der bedeutet: Schwarzer Ausreißer". In der Türkei sagen sie Karakachan zu den Eseln. In der Türkei wird der Name Karakachan auch für die Leute gebraucht, die verachtet werden.“

 

Bliebe die Frage, welche Gründe die Türken für ihre Abneigung gegen Karakachanen haben, aber das gehört nicht hierher.

 

Sarakatsanis

 

 

Sarakatsanis Tracht

Quelle: Internet

 

Wäre das mit den Karakachanen geklärt, bliebe noch ein weiterer Name des bulgarischen Hirtenhundes übrig, nämlich der Sarakatsániko Schäferhund oder Sarakatsaniko Tsopanóskilo. Diese Hunde sind die Hunde der Sarakatsanis und auch die sollen aus Griechenland stammen. Stimmt, sagen auch die Ethnologen und die müssen es eigentlich wissen.

 

Da ich verschiedene Quellen gefunden habe, ist es sicher interessant, mal über dieses „Völkchen“ etwas zu schreiben.

 

Eine Ethnologin schrieb mir dazu:

 

„ … Die folgenden Infos über die Sarakatsáni habe ich aus diesem Buch, von dem ich schon sprach. Das Buch ist auf griechisch und heißt "Sarakatsani - Das älteste Volk Europas". Autor ist Aris N. Poulianós und er hat in den 60 ern bei den Sarakatsani geforscht, das Buch ist jedoch erst 1993 erschienen.

 

Er hat hauptsächlich anthropologische (hier: biologische) Untersuchungen durchgeführt, weshalb die eher ethnologischen Daten zu kurz kommen. Von den biologischen Ergebnissen finde ich interessant, dass die Sarakatsani eine recht kleine Ethnie sind: durchschnittliche Größe bei den Männern ist 1,66 m und bei den Frauen 1,52 m.

 

Wenn ich ihn richtig verstehe, vertritt Poulianos die Theorie, dass die Sarakatsani keine eigene Ethnie sind, sondern einfach von einem anderen Typus abstammen als die meisten anderen Griechen. Er teilt ein in den Festland - Typus und den Ägäischen (also Meer -)Typus. Die S. gehören zu ersterem, welcher auch der ältere ist. Ich habe aber auch schon von anderen Theorien gehört, dass die S. eine eigene Ethnie und nicht mit den anderen Griechen "verwandt" sind.

 

In dem Buch wird erwähnt, dass der bulgarische Ethnograph Wassily Marinof die alten Thraker als die Vorfahren der Karakatsani sieht, welche sich später mit den Slawen aus dem Pindos-Gebirge vermischt haben, weshalb es viele slawobulgarische Begriffe und Namen in ihrer Sprache gibt.

 

 Poulianos jedoch sagt, dass dies nicht der Fall sein könne, weil die Thraker nicht wie S. zum Festland -, sondern zum Ägäis-Typus gehörten. Außerdem haben sie sich nicht mit den Slawen vermischt. (Jedem das Seine - woher soll man wissen, wer Recht hat?)

 

Laut Poulianos wohnten die S. anfangs in der Gegend von Agrafa, Aitoloakarnania, Epeirus (Pindos), mit Zentrum Sakaretsi-Agrafa.

 

Über die Herkunft des Namens Sarakatsani gibt es mehrere Vermutungen :- auf griechischer Seite entstand unter anderem die Theorie, der Name Sarakatsani habe sich aus dem Ortsnamen Sakaretsi weiterentwickelt. Erst hießen sie "Sakaretsiani" und mit der Zeit dann "Sarakatsani".- der bulgarische Begriff "Karakatsani" bzw. "Karakachan" ist vermutlich türkischen Ursprungs: kara = schwarz und kachan = Flüchtling.- dieselben bulgarischen Forscher, die den Begriff "Karakachan" erklärten, deuten den Begriff "Sarakatsani" auf folgende Weise: sares = steile Berghänge und nochmals das türkische kachan, also so was wie: die durch die Berge Fliehenden, was nicht abwegig sei, da die anderen Menschen sie im Sommer mit ihren Herden in den Bergen und im Winter in den winterlichen Unterkünften der Hirten gesehen haben und sie für verfolgte Flüchtlinge hielten.

 

Poulianos betont, dass die Sarakatsani die ältesten Europäer sind und dass sie immer nur Griechisch gesprochen haben. (Meiner Meinung nach ist der Typ irgendwie arg nationalbegeistert - aber ich kann seine Theorien natürlich weder widerlegen noch bestätigen.)“

 

 

Festung Tatul Ostrhodopen

Foto: www.naturetravel.de

 

Über Weidewirtschaft und Viehhaltung ist nicht viel zu finden bei den Sarakatsanis, die in Griechenland lebten, und wenn aus dieser Ethnie Menschen nach Bulgarien ausgewandert sind und dort genau diese Viehhaltung betrieben haben, muss es einen Grund geben.

 

Ein Teil der Sarakatsanis war offensichtlich auch schon „in der alten Heimat“ Viehhalter. Nur das sollte aufgegeben werden, bzw. „lohnte“ nicht mehr und entsprach auch nicht den Zielen der herrschenden Familien

 

Bevor ich auf diesen wirtschaftlichen Wandel der Sarakatsanis eingehe, noch mal ein Zitat von Nicholay Atanassov:

 

„ … Die Karakachanen kamen im 16. Jahrhundert von Griechenland nach Bulgarien. In dieser Zeit existierte Bulgarien als unabhängiges Land seit 681. In all dieser Zeit (über 1.000 Jahre) züchtete das bulgarische Volk Schafe (natürlich mit Hunden), andere Tiere usw. …

 

Die Karakachanen sind Nomaden. Sie sagen, dass ihre Heimat Griechenland ist. Sie kamen nach Bulgarien von Griechenland.“

 

Wenn dann aber Poulianos betont, dass die Sarakatsani die ältesten Europäer sind, stellt sich die Frage, wann oder ob dann sie wenigstens teilweise in Bulgarien ansässig wurden. Dazu fand ich einen sehr interessanten Artikel des Ethnologen J. K. Campbell, der die Hierarchie dieser Ethnie schildert. Interessant ist er deswegen, weil zum einen die Vermutung aufgetaucht ist, ein Teil der  Sarakatsanis sei deswegen ausgewandert, weil der größere Teil der Bevölkerung beschlossen hatte, die Viehhaltung aufzugeben und nur eine kleine Gruppe diese fortführen wollte. Gründe hierzu könnten z. B. auch die landwirtschaftlichen Verhältnisse sein, die eine derartige Weidewirtschaft nicht mehr ermöglichten.

 

 

Bachkovo Kloster Rhodopen

Foto: www.naturetravel.de

 

Hier also in Auszügen der Artikel von Campbell, der sich mit der Struktur der Sarakatsanis beschäftigt:

„ … Die Hunde der Sarakatsanis - Aus Griechenland ausgewandert um Viehhaltung zu erhalten, daher alle Viehzüchter in Bulgarien

 

Honour, family and patronage (Ehre, Familie und Patronage)

 

The Values of Prestige (Die Werte von Prestige)

 

Die Hierarchie - bilaterale Verwandtschaft

 

- Die einzige verwandtschaftlich Bestand haltende Gruppe im sarakatsanischen Verwandtschafts  - und Ehesystem ist die Kernfamilie. Es ist ein wichtiges Merkmal, dass die Gesellschaft in  ca. 600 dieser vereinigten Familiengruppen geteilt ist.

 

Innerhalb der Gemeinschaft sind diese Familien rechtlich (?) autonom. Sie müssen zwar oft in Bezug auf ihre Herden oder auch in anderen Situationen, die die Ehre der Gemeinschaft betreffen, mit Blutsverwandten oder angeheirateten Verwandten zusammenarbeiten, doch trotzdem ist die Souveränität der Familie nicht gefährdet. Nichtverwandte Familien sehen ihre unterschiedlichen Interessen als zueinander grundlegend/elementar und unvermeidbar/zwangsläufig in Opposition an. Nach außen gerichtete Feindseligkeit ist das Gegenstück der immens starken Solidarität der Familie. Beides sind mit dem System der Patronage vereinbare Bedingungen/ Voraussetzungen, welche jede Familie individuell mit der breiteren Struktur der griechischen Gesellschaft verbindet.

 

Doch gibt es eine Grenze der Summe der offen ausgedrückten Feindseligkeit, die diese Gemeinschaft zu tolerieren fähig ist. Schäfer und ihre Schafe sind verwundbar und in der Praxis hält Vorsicht von freiem Ausdruck von Feindseligkeit ab. Bei Streitigkeiten um Weideland achten die Schäfer darauf, keine Waffen zu benutzen, welche tödliche Wirkungen haben könnten, da sie sich vor den Folgen eines Mordes fürchten (Gefängnis, freiwilliges Exil, Rache). Die Kernfamilie ist eine zu kleine Gruppe als dass sie den Verlust eines Mannes verkraften könnte.

 

 

Foto: Zlatko Dinov

 

Dies steht jedoch kaum im Gleichgewicht mit dem unzweideutigen Charakter der Gegensätze zwischen nichtverwandten Familien. Diese finden einen ausgeweiterteren und befriedigenderen Ausdruck in Konkurrenzverhalten und – werten. Die soziologische Bedeutung von Konkurrenz ist, dass sie eine Art Gegensatz/Widerstand/Opposition repräsentiert, der oft indirekt ist. In diesem Fall konkurrieren Menschen um etwas, was keiner von ihnen besitzt. Da soziales Prestige eine vorteilhafte/positive Antwort der Gemeinschaft in Bezug auf die Qualitäten und Handlungen eines Mannes verlangt, nachdem diese vom akzeptierten Wertesystem beurteilt worden sind, hängt es von der Meinung der Feinde ab.

 

In einem System, in dem eine Anzahl von Gruppen miteinander um Prestige wetteifert, ist es möglich, dass eine starke Gruppe (falls ihr die soziale Anerkennung, die sie erwartet nicht gegeben wird) aus Frustration von Konkurrenzverhalten zu direkter Gewalt übergeht und versucht, ihre Überlegenheit durch Gewalt oder durch den Gebrauch ökonomischer (wirtschaftlicher) Macht durchzusetzen. Doch bei den Sarakatsani ist die Kernfamilie klein und schwach. Wirtschaftliche und politische Kontrolle über die Gemeinschaft durch eine Familie und ihre Verbündeten ist unwahrscheinlich. Nichtverwandte Familien kooperieren nicht, um ihre Produkte zu verkaufen und somit gibt es keine zusammenarbeitenden Institutionen, deren Vorsteher sich in wirtschaftlich dominierende Positionen bringen könnten. Genauso gibt es in der Gemeinschaft keine Institutionen einer lokalen Regierung, welche  Familienmitglieder oder deren Verwandte dazu nutzen könnten, eine politische Kontrolle einzuführen. Jede Familie steht der gesamten Gemeinschaft in einem Abhängigkeitsverhältnis gegenüber. 

 

Prestige und „Name“ (guter Ruf) beschäftigen die Sarakatsani in jedem Kontext öffentlicher Handlung. Ein Sprichwort besagt: „Es ist besser, dein Auge zu verlieren als deinen Namen“. Dieser intensive Konkurrenzkampf der Familien, ihr Prestige gegen die ständige Bedrohung der Verunglimpfung zu erhalten, und die dauerhafte Bewertung vom Verhalten der anderen Menschen, welche von einer unersättlichen und feindseligen Neugier genährt wird, führen zu einer bestimmten hierarchischen Ordnung der sarakatsanischen Familiengruppen.

 

Die Hierarchie beim Prestige basiert auf der genauen Kenntnis der Genealogie, des Reichtums, des Moralcharakters und des Verhaltens jeder Familie; doch spielen auch Vorurteile und Spekulationen eine große Rolle.

 

Es gibt mehr Übereinstimmung/Zustimmung zum Einordnen von Familien in die zwei Extreme der Hierarchie als in die mittlere Positionen. Familien mit dem Nachnamen Tsoumanis gelten als die führenden Familien der Gemeinschaft; Familien mit den Namen Tangas, Myriounis und Ferendinos haben eine ähnliche Position, während solche mit den Namen Sultanos oder Pistiolis nach allgemeiner Meinung zum niedrigsten Grad von sozialem Ansehen gehören und somit kein Sozialprestige haben. Die meisten dieser Familien sind arm.

 

Die Positionen an jedem Ende der Hierarchie sind nicht nur klar definiert, sondern sie sind auch festgesetzt wie man es sonst nicht vorfindet. Auch wenn eine Familie mit dem Namen Pistiolis große Herden besitzt, bleibt sie trotzdem eine Familie von „niedrigster Abstammung“. Wie sehr solche Familien sich auch an das Wertesystem der Gemeinschaft halten, wird das von den anderen nicht anerkannt, so dass sich viele von ihnen irgendwann nicht mehr bemühen, sich ehrenhaft zu verhalten.

 

 

Immer Abstand halten zur Herde

Foto: Zlatko Dinov

 

So wie es für solche Familie kaum möglich ist, soziales Prestige zu erreichen, so ist es mindestens schwierig, dass eine der führenden Familien ihres verliert. Es gibt nur wenige Beispiele, wo ein Mitglied einer Familie von „hoher Abstammung“ bei einer „Frage der Ehre“ versagt hat. Wenn ein Mann von Natur aus furchtsam ist, findet er es sehr schwierig, dem immensen moralische Druck von Familie und Gemeinschaft, so zu handeln wie es von ihm erwartet wird, zu widerstehen. Gleichzeitig hält einen das Angehören zu einer führenden Familie von unnötigen/unerwünschten Kränkungen/Missachtungen ab. Das Ansehen einer Familie von hoher Abstammung muss fallen, falls diese ihre Schafe durch Krankheit verliert, doch wird sie in der lebenden Erinnerung an ihre vergangene Bedeutung eine Rangposition beibehalten.

 

 

Foto: Troyan Ilarionov

 

Die Familien, welche zwischen diesen beiden Extremen fallen, machen den größeren Teil der Gemeinschaft aus, vielleicht vier Fünftel. In ihrem Fall ist es schwierig, eine Rangordnung auszumachen, da sich diese Familien nur wenig voneinander unterscheiden, was Reichtum, Mut und Ehre angeht. Doch glaubt jede Familie an eine bestimmte und genaue Rangordnung von Prestige, in der sie um ihre Position kämpfen muss. Zwischen diesen Familien ist Rivalität am größten.

 

Radikal ausgedrückt lässt sich die Hierarchie von Prestige in 3 Ränge einteilen: diejenigen, welche ganz oben stehen und diejenigen, die ganz unten stehen – von beiden gibt es nur wenige. Die Mehrheit gehört zur Kategorie, in welcher Stolz und das gemeinsame Interesse gegen weitere Differenzierung das Aufsteigen verhindert. Es gibt immer die Wahrscheinlichkeit in die Kategorie der untersten zu fallen, doch das Fehlen von großen Unterschieden in Bezug auf Reichtum und die/der Bedeutung/Wert, die/der dem Kampf, die eigene Ehre und die der Familie aufrechtzuerhalten, beigemessen wird, machen der Mehrheit der Familien ihre Gleichheit in Bezug auf Prestige bewusst.“

 

Bei einer derartigen Hierarchie ist es sicher verständlich, dass die alten Viehzüchter „auswanderten“, als Gründe dafür vorlagen. Denn sich gegen die mächtigen oder einflussreichen Familien durchzusetzen, war wohl nicht möglich.

 

Der Wandel der Landwirtschaft in Griechenland hat sicher sehr früh stattgefunden und daher nehme ich an, die Sarakatsanis wanderten schon nach Bulgarien aus, als es dort genug freie Flächen gab und die dortigen Strukturen durch alle „Einwanderer“ noch nicht sehr gefestigt waren. Also irgendwann in der Zeit, in der auch die Protobulgaren das Land in „Besitz“ nahmen.

 

Im übrigen schreibt Nicholay Atanassov:

 

„ … Hier in Bulgarien war die Transhumanz nie ein verbreitetes System. Sie war typisch für die Karakachanen, welche von Griechenland gekommen sind, und im Winter in ihr Land zurückgegangen sind. Nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Grenzen geschlossen waren, war es nicht möglich, dieses System anzuwenden. Viele Karakachanen blieben in Bulgarien. Schritt für Schritt vernichtete das kommunistische System die Karakachanen als Schafhirten und schrieb ihnen vor, von nun an in Dörfern und Städten zu leben.“

 

Zuvor habe ich ihn zitiert mit der Bemerkung, Karakachanen kamen im 16. Jahrhundert nach Bulgarien und keiner beschäftigte sich mit Schafzucht. Und daher kann man schon auf die Vermutung kommen, es handelt sich bei den Viehzüchtern dann eben doch um die Sarakatsanen, die viel früher ins Land gekommen sind, während man die Nachzügler mit eigentlich der gleichen Abstammung mit einem anderen Namen versah, bedingt durch den „Zeitgeist“ und die politischen Verhältnisse.

 

Woher aber stammt dieser griechische Name des bulgarischen Hirtenhundes? Und dazu gibt es einen Artikel, den ich veröffentlichen möchte, damit alle Angaben über die Rasse vollständig sind, auch wenn das eine oder andere so nicht stimmt. Er ist insoweit vielleicht wichtig und erwähnenswert, weil er sich mit den geschichtlichen Angaben der Bulgaren, aber auch der Karakachanen  deckt.

 

 

Foto: Troyan Ilarionov

 

  Sarakatsániko Schäferhund (Sarakatsaniko Tsopanóskilo)

 

 

Der Sarakatsaniko Tsopanóskilo ist eine der ältesten Rassen Europas. Er hat eine lange Geschichte.

 

Es wird vermutet, dass es ihn auf dem Balkan seit 500 Jahren gibt; seine Bezeichnung verdankt er den Sarakatsani von Bulgarien, die aufgrund ihrer konservativen Methoden in der Viehzucht die ältesten Formen von Haustieren in Südosteuropa bewahrt haben: das Sarakatsániko Schaf, das Sarakatsániko Pferd und den Sarakatsániko Hund.

 

Am Ende der 50er Jahre begann die kommunistische Regierung von Bulgarien eine generelle Verstaatlichung des landwirtschaftlichen Bereichs der Wirtschaft. Damals sahen die Sarakatsani von Bulgarien ihre Herden verschwinden: daraus wurden staatliche Viehzuchteinheiten gemacht. Dieser tragische Prozess führte zusätzlich dazu, dass die Schäferhunde unnötig wurden und die zuständigen Behörden beschlossen, eine hohe Anzahl davon zu töten. Ungefähr Mitte der 80er Jahre wurde sogar in manchen Regionen Bulgariens der Versuch unternommen, diese mit anderen Rassen (z.B. mit Bernhardinern,Neufundländern und Kaukasus-Schäferhunden) zu paaren. Somit hat sich die Anzahl der reinrassigen Hunde drastisch reduziert.

 

 

Postkarte von 1916

Foto: Antoan Hlebarov

 

Trotzdem hat die Natur ihre "Arbeit" gemacht. Mit der Zeit ergab sich ein Hund mit starken Gesichtszügen und imposantem Ausdruck. Der Sarakatsániko Schäferhund ist voluminös, hat ein dichtes Fell, einen starken Körperbau und ausgesprochen entwickelte Muskeln. Er bewegt sich mit besonderer Wendigkeit, während sein glattes und dichtes Fell ihn vor der Kälte und den plötzlichen Temperaturschwankungen, insbesondere im Winter, schützt. Sein reichliches Fell rund um den Kopf, an der Hinterseite der Beine und am Schwanz ist das besondere Merkmal dieser Rasse. Die Farben des Fells sind für gewöhnlich zwei: weiß und schwarz, wobei bei manchen Hunden eine dritte Farbe zu sehen ist: ein hellerer Ton. Auf der weißen Unterlage erscheinen graue, schwarze oder rote Punkte, auf der schwarzen Unterlage weiße Punkte.

 

Diese Farben bestimmten dann den Namen, den die Sarakatsani in Bulgarien den Wächtern ihrer Herden gaben. Pardál´s hatte ein buntes Fell, Múrgus ein graues wie der Wolf, Giurdinátu war ein schwarzer Hund mit weißem Nackenfell und gelbem Bauchfell. Die Sarakatsani schnitten das rechte Ohr des Hunds ab, damit er besser hörte. Sie fütterten sie zweimal am Tag, morgens und abends, mit Hundebrot, welches die Frauen aus Gerste backten.

 

 

Hristo Mikov

 

Die Lebenserwartung des Sarakatsániko Schäferhunds beträgt 13-15 Jahre. Für die Sarakatsani in Bulgarien sind diese Hunde die besten und treuesten Freunde. Kein Raubtier konnte sich der Herde nähern, wenn die Herde durch diesen stolzen und starken Wächter bewacht wurde. Aus diesem Grund trennten sich die Sarakatsáni mit großer Trauer von ihren Hunden, als sie sich im Rahmen der Verstaatlichung von 1958 von ihren Schafen verabschiedeten.

 

Seitdem beschäftigte sich ein einziger Kynologe mit dieser Rasse, so gibt es nur recht wenige Vertreter davon. Erst im Jahr 1994 wurde der Sarakatsániko Schäferhund zur Liste der bedrohten Tierarten aufgenommen; als offizielle Rasse ist er jedoch noch nicht anerkannt. Seit 1997 befindet sich die Rasse dank den Bemühungen in den letzten zwanzig Jahren der wenigen Personen, die sich mit der Zucht der Rasse befassten, unterhalb der kritischen Grenze und ist keine bedrohte Spezies mehr.

 

Später wurde die Internationale Organisation "Sarakatsánikos Skílos" (= Hund) gegründet, die aus 53 kleineren Organisationen in Bulgarien besteht. Seit zwei Jahren wird eine Hundeausstellung im Rahmen eines jährlichen Treffens der Sarakatsáni in Bulgarien veranstaltet; dort sammeln die Züchter Unterschriften, damit die Rasse unter dieser bestimmten Bezeichnung international anerkannt wird.

 

Einige Menschen im Nachbarland, darunter sind auch Regierungsmitglieder, haben eine Campagne zur Anerkennung der Rasse angefangen, allerdings unter der Bezeichnung "Bulgarischer Poimenikos" (= Schäferhund), weil sie behaupten, dass die Rasse diesen Namen tragen sollte, da diese sich in Bulgarien entwickelt hat. Das war nicht die Meinung der kommunistischen Regierung, die sogar eine Briefmarke mit einem Bild des Hunds und der Überschrift "Sarakatsániko Schäferhund" veröffentlicht hatte.

 

 

Hristo Mikov

 

Der Verband der Kultur - und Bildungsvereine der Sarakatsanio in Bulgarien bemüht sich um die korrekte Bezeichnung, denn historisch gehört ihnen dieser Hund.“

 

Nun ist sicher dem aufmerksamsten Leser klar geworden, die Verwirrung ist perfekt. Oder man könnte diese Situation auch mit einem bulgarischen Witz vergleichen und der geht so:

 

„ …Beim Job-Interview. “Was können Sie?“ „Ich kann schaufeln.“ „Und was noch?“ „Ich kann auch nicht schaufeln.“

 

So ganz verwirrend ist die Situation aber nicht, denn leider muss erklärt werden, es gibt in Bulgarien verschiedene Gruppen mit sehr unterschiedlichen Interessen. Und die wollen zwar den bulgarischen Hirtenhund als Rasse anerkannt wissen, aber eben unter den bisher vorgestellten und unterschiedlichen Namen.

 

Herdenschutzhund?

Selbst in Bulgarien wird immer wieder der Begriff „Herdenschutzhund“ verwendet, wenn man ins Deutsche übersetzt. Aber auch der bulgarische Hirtenhund ist eben kein Herdenschutzhund, sondern nach seiner Abstammung ein Hirtenhund und nach seinem Gebrauch Hirten - und Wachhund. In diesem Portrait wurde es bereits beschrieben, die bulgarische Armee hatte die guten Eigenschaften der Hunde schon vor langer Zeit für ihre Bedürfnisse benutzt.

 

Nicholay Atanassov schreibt:

 

„ … In seinem wirtschaftlichen oder praktischen Gebrauch ist der Bulgarische Hirtenhund zweifellos der Kategorie "Schutzhunde" zuzuordnen. Seine Auswahl, Stellung und Arbeitsnatur definiert ihn als "Hirtenhund".

 

 

Bauernhof in Bulgarien und hier „arbeiten“ die Hunde eben auch

Foto: Matthias Maurer

www.dieweltistbunt.ch

 

Damit wäre alles gesagt. Wie aber sieht dann die Zukunft eines Hirtenhundes im eigenen Land aus, von anderen Ländern ganz zu schweigen?

 

Es ist schon angeklungen, auch in Bulgarien geht die Weidewirtschaft zurück und damit werden weniger Hirtenhunde benötigt. Einen Ersatz kann man bestimmt nicht dadurch schaffen, dass man diese Hunde als reine Wachhunde anpreist.

 

Benutzt man aber für diese Rassen den Namen „Herdenschutzhunde“, vermindert man die Chancen der Hirtenhunde noch mehr. Denn wenigstens in Deutschland ist der Begriff „Schutzhund“ negativ belegt. Daher wünsche ich mir, dass man von der völlig überflüssigen und dummen Bezeichnung „Herdenschutzhund“ wieder weg kommt. Denn der wurde nur „erfunden“, um ein paar „Wichtigtuern“ ala Bloch oder Schoke Wichtigkeit zu verleihen.

 

Wer die Bücher und Artikel dieser Herren gelesen hat, wird verstehen, dass man auf diese und noch ein paar „Damen“ gut verzichten kann. Schwätzer in der Szene der Hirtenhunde gibt es schließlich genug, gerechterweise muss aber auch geschrieben werden, Schwätzerinnen auch.

 

Noch einmal! Der Name

 

Vielleicht waren einige Absätze in der Geschichte der angeblichen Namensgebung etwas umständlich oder sogar langweilig. Aber um diese Rasse, beziehungsweise ihren Namen zu verstehen, war es meiner Meinung nach notwendig, eben das ganze etwas  ausführlicher zu gestalten.

 

im übrigen wurde bei einem Vortrag vor Deutschen Besuchern einmal der Unterschied zwischen Bulgaren und Deutschen erklärt und diese Erklärung alleine rechtfertigt eben auch eine etwas längere Schilderung. Dort hieß es:

 

„ … Ich glaube, ich kann Sie auf Ihre Kommunikation mit den Bulgaren am besten vorbereiten, wenn ich Sie auf einige weitere Mentalitätsunterschiede aufmerksam mache:

 

Die Kultur der Genauigkeit steht für die Deutschen, die Kultur der Ungenauigkeit für die Bulgaren. Für die Bulgaren sind die meisten Sachen ungenau: „gore-dolu“, wortwörtlich: oben-unten, oder „nasam-natam“, hin-her. Alles Ausdrücke, die im Bulgarischen Ungenauigkeit signalisieren. Zum Beispiel sagt man lieber: „Ich habe 2-3 Bücher dazu gelesen“, denn es ist peinlich, sich festzulegen.

 

In der Kultur der Genauigkeit wird die Kommunikation meistens als Tauschgeschäft und als Handel verstanden: ein gegenseitiges Geben und Nehmen. Bei den Bulgaren wiederum geht es bei der Kommunikation sehr oft darum, nur die Kanäle offen zu halten: Kommunikation als Selbstzweck…

 

Die Bulgaren sind hingegen durch den osmanischen Hintergrund eher anarchistisch und autoritätsfeindlich, bleiben aber eher Küchenrebellen.“

 

 

12.03.2005 Beograd - Representation the breed in FCI Meeting

Quelle: Nicholay Atanassov

 

 

Mindestens bei der Namensgebung stimmt diese Schilderung nicht, denn sonst hätten sich Menschen wie Nicholay Atanassov und viele andere nicht so bestimmt gegen den Namen Karakachan ausgesprochen.

 

Aber gehe ich an den Anfang und damit zum Kapitel „Abstammung“ oder „Geschichte“ zurück, bin ich mir schon sicher, dass der bulgarische Hirtenhund von den Hunden aus Griechenland abstammt. Denn wie schon geschrieben, die Sarakatsanis waren ähnlich den Aromunen wanderfreudig und suchten Land für ihr Verständnis der Weidewirtschaft.

 

Sicher verzichten kann man auf den Namen Karakachan, denn ich vermute, er wurde viel später als eine Art Schimpfname verwendet, für Menschen, die nach Bulgarien kamen, als es dort bereits einen „geordneten Staat“ gab.

 

So klingt dann dieses Portrait aus, mit dem Appell, zwar zu bedenken, woher die Hunde stammen, aber auch zu bedenken, sie wurden im Laufe der Jahrhunderte „astreine“ Bulgaren.

 

Gezüchtet von Schäfern, die stets genau wussten, was für einen Typ Hund sie benötigen, um ihre Tierhaltung zu betreiben. Daher soll auf keinen Fall die Vermutung von der Abstammung aus griechischen Hunden eine Herabwürdigung darstellen, denn irgendwann kommen alle Lebewesen irgendwo her oder es gab ein Bedürfnis, diese zu schaffen. Insoweit will ich damit ausdrücken, dass in Bulgarien, wie in den anderen Ländern auch, in einer langen Tradition Hirtenhunde geschaffen wurden, die, verglichen mit anderen und wesentlich jüngeren Rassen einen „verdammt“ langen Atem haben und hoffentlich auch in Zukunft überleben werden.

 

Mit überleben meine ich nicht die 10 bis 15 Jahre Lebensalter, sondern weitere Jahrhunderte. Nach meiner Überzeugung kann man nämlich auch in Zukunft nicht auf die Hirtenhunde dieser Welt verzichten, denn ihr Potenzial und ihre „guten Gene“ sind noch lange nicht ausgeschöpft, obwohl es eine Menge Halter und Züchter schon geschafft haben, Hirtenhunde bis zur Unkenntlichkeit zu verzüchten und zu „versauen“.

 

Wer wie ich ähnliche Wünsche hat, dem sei ein alter bulgarischer Brauch empfohlen, nämlich das Verschenken einer Marteniza , kleinen rot-weißen Stoffanhängern oder Armbändern, zum Frühlingsanfang am 1. März.

 

Die Armbänder sollen, damit sie Glück und Gesundheit bringen, getragen werden, bis man den ersten Storch sieht, denn dann muss man das Armband an einen Zweig binden und man kann sich etwas wünschen.

 

 

 

Unser Dank geht an alle „edlen Spender“ von Bildern und Texten. So eine üppige Auswahl hatten wir schon lange nicht mehr.

 

Ganz besonders möchten wir uns bei Nicholay Atanassov bedanken, denn er hat für uns Bilder organisiert, auf eine CD gebrannt und geschickt. Es war unglaublich, diese CD anzuschauen.

 

Hartmut Deckert

 

 

Das war’s und wieder sicher gelandet

Foto: Zlatko Dinov

 

 

 

 

 

 

 
 
   
   
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