Ausgabe 03/2003
März 2006

"Ausbildung von Hütehunden"

Hans Chifflard und Herbert Sehner

Angeregt durch die Frage einer "Hundebekannten", inwieweit es bei Hütehunden einen angeborenen Instinkt gäbe bzw. wie man die Anlagen zum Treiben von Tieren erkenne, habe ich mich einmal mit dem vorliegenden Buch beschäftigt.

Beide Autoren sind Praktiker: Hans Chifflard ist Fachberater für Schaf- und Ziegenhaltung und -zucht und landwirtschaftliche Wildhaltung in Bayern, Fachrichter beim Landesverband Bayerischer Schafhalter e. V, SV-Richter für Leistungshüten beim Verein für Deutsche Schäferhunde e. V. und Richter bei Schafprämierungen. Herbert Sehner ist Maschinenbauingenieur und hat die Ausbildung als Landwirtschaftsmeister und Tierwirt , Fachrichtung Schafe. Auf seinem landwirtschaftlichen Betrieb helfen seine Hütehunde bei der Arbeit an Schafen, Rindern und Geflügel. Er ist ein bekannter Teilnehmer an nationalen und internationalen Hütewettbewerben. In Deutschland beschäftigte er sich als einer der ersten mit der Ausbildung von Border-Collies.

Schon im Vorwort des Buches wird von den Autoren auf die beiden Haltungsformen, nämlich die Herden- und die Koppelhaltung hingewiesen. Diente früher vor allem die Schafhaltung der Produktion von Fleisch und Wolle, hat diese in unserem Land heutzutage zusätzlich völlig neue Aufgaben:

"... extensive Landnutzung, Landschaftspflege, Biotoperhaltung und -gestaltung."

Früher wie heute ist diese Arbeit nur mit gut ausgebildeten Hüte- und Koppelgebrauchshunden möglich. Daher ist das Anliegen der Autoren, Schafhaltern, Interessenten und Hundefreunden Anregungen und Tipps zum Erwerb, der Eingewöhnung, der Aufzucht und Ausbildung von Hütehunden zu geben.

Die Einleitung gibt allgemeine Informationen zur Schafhaltung und in einer Tabelle werden die Schafbestände in Deutschland und Europa zwischen 1860 und 2001 dargestellt. Der Tiefpunkt der Schafhaltung war 1967 erreicht, seit dem ist ein langsamer, aber stetiger Aufwärtstrend zu verzeichnen. Bedingt durch den Strukturwandel in der heimischen Schafhaltung entstand der Bedarf nach "neuen" Herdengebrauchshunden, die sich für die Koppelhaltung eigneten. Daher finden heutzutage immer mehr Border-Collies, Kelpies und Australian Shepherds bei uns ein Einsatzgebiet.

Für alle, die traditionellen deutschen Hütehunde sowie die o. g. "Neuen", gilt:

"Der Hütehund, gleich welcher Rasse, hat bis zum heutigen Tag seine Bedeutung nicht verloren. Er ist in jeder Haltungsform unentbehrlich und der wichtigste Helfer bei der täglichen Arbeit am Vieh. Aus diesem Grund muß der Ausbildung eine besondere Beachtung geschenkt werden."

Die Geschichtliche Entwicklung wird in einem weiteren kurzen Kapitel beschrieben, mit Bezug auf ältere Darstellungen/Veröffentlichungen von Schäferhunden. Mit einem Satz kann der gewünschte Charakter eines Hütehundes wie folgt beschrieben werden:

„Ein guter Hund hält die Schafe zusammen, ohne ihnen Schaden zu tun. (Daubenton, 1782/1797)“

In Bezug auf den Autoren dieses Zitats wird als interessant hervorgehoben:

„... daß bereits im 17. Jahrhundert die Trennung zwischen Hüte- und Wachhund gegen den Wolf angeführt wird.“

Wie schon im Buch "Hirten- und Hütehunde" von Karl Hermann Finger beschrieben, vollzog sich zu dieser Zeit der Übergang zur neuen Verwendung des Herdengebrauchshundes als Hütehund in Abhängigkeit zur Intensivierung in der Landwirtschaft. 1899 und 1901 wurden das erste Mal Hütehunde auf einer Landwirtschaftsausstellung vorgeführt und prämiert.

Im folgenden Text ist der Beginn der planmäßigen Zucht des Deutschen Schäferhundes und der Altdeutschen Hütehunde beschrieben. Oberstes Ziel damals und heute ist ein hervorragener Gebrauchshund mit Augenmerk auf die Förderung des Wesens der Hunde, des Hütetriebs, Robustheit (Wetterfestigkeit), Gesundheit, Ehrlichkeit und Arbeitswille (Ausdauer) an der Herde.

In England war die Entwicklung der Landwirtschaft eine andere als auf dem europäischen Kontinent, und so wurden hier Schafhunde schon im 15./16. Jahrhundert eingesetzt. Die größte Bedeutung hat hierbei der Border-Collie erreicht.

Die sich in Frankreich, Belgien und den Niederlanden entwickelten Hühehundeschläge wiesen eine Vielfalt ähnlich unseren "Altdeutschen" auf. Auch in diesen Ländern gibt es Bestrebungen, diese Hunde heutzutage wieder an die Hütearbeit heranzuführen, jedoch ersetzt auch hier der Border-Collie immer mehr die "heimischen" Hütehunde, da er für die Arbeit an in fest eingezäunten Arealen gehaltenen Weidetieren besser geeignet ist.

Aber auch für Hundehalter, die selbst keine Nutztiere besitzen, die Hütehunde als Familienhunde halten, bieten sich die in diesem Buch genannten Ausbildungsmethoden auch zum "sportlichen" Einsatz an.

Im Kapitel Hüte- und Koppelgebrauchshunde wird über die Veranlagung, Rassen und Schläge, Erwerb und Aufzucht berichtet. Grundsätzlich sollte ein Hütehund, der zum Schafhüten eingesetzt werden soll, von Herdengebrauchshunden abstammen. Diese kann man in der Ahnentafel nachvollziehen.

„Man muß sich immer darüber im klaren sein, daß alles, was die Hunde an Leistung beim Vieh erbringen sollen, in ihrer Veranlagung vorhanden sein muß!“

Neben der Abstammung/Herkunft wird das Wesen eines Hütehundes (und auch aller anderen Hunderassen) auch durch Umwelteinflüsse in der Prägungsphase (die ersten 12 - 14 Wochen) bestimmt (sind nicht vererbbar).

Die körperlichen Eigenschaften eines Hütehundes müssen auf die Gebrauchstüchtigkeit des Hundes ausgerichtet sein. So spielt – wie bei den Hirtenhunden auch – Farbe u. a. nur eine untergeordnete Rolle und hängt von dem "Geschmack" des einzelnen Schafhalters ab. Jedoch sollten diese Eigenschaften (Schönheit) nie zum Nachteil der Gebrauchstüchtigkeit in den Vordergrund rücken.

Die Rassen und Schläge werden in diesem Buch nur kurz angerissen - es wird auf das von Karl Hermann Finger, "Hirten- und Hütehunde", verwiesen. Namentlich genannt und kurz beschrieben werden hier: Deutscher Schäferhund, Altdeutscher Hütehund, Schafpudel, Hütespitz, Pommerscher Hütehund, Border-Collie und dessen Besonderheiten. Die Autoren schreiben von der Wichtigkeit - und das ist auch meine persönliche Meinung – dass die verschiedenen Rassen, die an den einzelnen Standorten bodenständig geworden sind, erhalten und weiter gefördert werden. Als Beispiel möchte ich die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e.V. (GEH) www.g-e-h.de nennen, die sich u. a. um die vom Aussterben bedrohen Altdeutschen Hütehunderassen Westerwälder Kuhhund (extrem gefährdet), Hütepudel (stark gefährdet), Gelbbacke, Schwarzer, Fuchs und Tiger (gefährdet) kümmern.

Beim Treiben von Schafherden sind verkehrssichere Hunde unentbehrlich -
die Hunde schaffen genügend Raum zwischen Herde und Fahrzeug.
Foto: Ulmer-Verlag

Um einen Hütehund zu erwerben, sollte man sich über die gewünschten Eigenschaften im Klaren sein und einen Züchter suchen, bei dem der potentielle Welpe einen Großteil der Kriterien erfüllt. Ob Rüde oder Hündin hängt wiederum von den persönlichen Vorstellungen des Halters ab - beide sind gleich gut für die Herdenarbeit geeignet. Gesichtspunkte, die auch auf einen Welpenkauf eines "Familien"hundes zutreffen, sind hier genannt.

Ebenso die unter Aufzucht und Eingewöhnung genannten Hinweise sind auf jeden Hund, auch ohne "Arbeit", übertragbar - bis auf

„... die Gewöhnung an den eigenen festen und ungestörten Liegeplatz, an das Halsband, an die Leine, an die Kette und an die Stelle, wo er sich später lösen darf, aber auch an das zeitweilige Alleinbleiben.“

Den Tierschützern unter den Leser/innen dieser Buchbesprechung sei gesagt, es wird nie ein Schäfer seine Hunde nie nur an der Kette halten, somit stünden sie ja für die Herdenarbeit gar nicht zur Verfügung. Dahingegen wird von den Autoren eine Zwingerhaltung der Kettenhaltung bevorzugt. Wohl gemerkt, wir befinden uns in der Aufzuchtphase eines Arbeitshundes, und der soll sich auch an die ihm anzuvertrauenden Tiere gewöhnen. Später soll der Hund diese Situationen als Ruhephase annehmen.

Die Ausbildung des Junghundes nimmt dann 38 Seiten in Anspruch. Hier möchte ich das dort erwähnte deutsche Sprichwort zitieren:

„Die Natur macht den Welpen, der Mensch macht den Hund!“

Daran ist schon zu erkennen, wie wichtig die Ausbildung eines einsatzfähigen Hütehundes ist,

„... anspruchsvoll, aber erlernbar, doch nur mit Geduld und Einfühlungsvermögen in die Wesensart des Tieres möglich.“

In den Grundsätzen kann man eben diese nachlesen, wie sie aber auch für die Ausbildung anderer Gebrauchshunde gelten – außer: die Schäferpfeife und –schippe – das sind natürlich "Hütehundezubehör" (= Sicht bzw. Hörzeichen).

Hier finde ich auch die Erklärung, warum Jung- und "fertige" Gebrauchshunde manchmal angebunden werden oder in den Zwinger kommen:

„Einen Hund, für den man gerade keine Arbeit hat, sollte man nur bedingt und unter Aufsicht Freiheit gewähren, sonst könnte er seinen Neigungen nachgehen und sich zu wenig auf die Hütearbeit konzentrieren.“

Im Folgenden werden die unter Aufzucht und Eingewöhnung nach dem Erwerb eines Hundes schon angeschnittenen Gesichtspunkte weiter vertieft, und zwar in Bezug auf Transport, Unterbringung, Halsband, Erste Kommandos, Führen an der Leine, Erste Anzeichen des Hütetriebs, Kommandos "Halt!" und "Nein!", "Aus!" oder "Pfui!", Gewöhnen an das Auto, sowie Unfälle, Gefahren und ihre Folgen.

In den bis hierher beschriebenen Kapiteln hat sich der junge Hund

„... mit seiner Umgebung und dem Rudelgefährten Mensch vertraut gemacht und hat gelernt, sich gewissen Spielregeln, die ein Zusammenleben auf dem Hof zu ermöglichen, zu fügen.“

Im Alter von 6 – 9 Monaten ist es an der Zeit, die "Spielregeln" zwischen Hund und Mensch endgültig festzulegen, den in diesem Alter wird er noch einmal versuchen,

„... herauszufinden, wie weit er gegebene Kommandos zu seinem Vorteil ausnutzen kann.“

Alles auf einmal wird der Hund nicht lernen können, daher ist der Lernprozeß in Ausbildungsabschnitte eingeteilt. Wenn die Unterordnungsübungen genügend gefestigt sind, kann mit der Hüteausbildung begonnen werden. Dabei werden dem Hund Einschränkungen auferlegt, in Bezug auf das Spielen mit anderen Hunden und eventuell Kindern. Er muß sich konzentrieren können, daher kümmert sich der Ausbilder (Schäfer) jetzt möglichst allein um den Hund.

Im weiteren Text ist der Ausbildungsablauf beschrieben, Empfehlungen zu Übungszeiten, und was bei Misserfolgen zu tun ist. Bei den nachfolgend aufgeführten Ausbildungsschritten sind jeweils die verlangte Leistung sowie die dazu gehörenden Kommandos beschrieben. Auch hier gilt: "Viele Wege führen nach Rom!", und so gibt es zum Erreichen eines Ausbildungsziels auch verschiedene Methoden. Im Rahmen dieser Buchbesprechung möchte ich mich jedoch nur auf die Erwähnung der gewünschten Ausbildungsziele beschränken:

  • Name sowie Kommandos für Lob, Nein und Fertig,
  • Aufforderung zum Kommen,
  • Anhalten, Ablegen, Stehenbleiben,
  • Bei-Fuß-Gehen,
  • Überwinden von Hindernissen,
  • Weitere nützliche Kommandos und Lerninhalte:
    • "Weg!" oder "Zurück!"
    • "Langsam!" und "Schnell!",
    • Wildfestigkeit,
    • Wachsamkeit und Verteidigungsbereitschaft,
    • Gewöhnung an die Kette (s. o.),
    • Ans Wasser gehen,
    • Arbeit mit der Schippe oder dem Fangstock,
    • Vertrauensbildende Maßnahmen,
    • Disziplinarmaßnahmen.

WIE man diese erreicht, ist in diesem Buch sehr gut beschrieben, immer mit Hinweisen auf die Unterschiede zwischen Herden- und Koppelgebrauchshunde.

Für Mutterkühe wird ein Hund mit viel Durchsetzungsvermögen benötigt.
Foto: Ulmer-Verlag

Der größte Unterschied, den ich aus diesem Buch im Gegensatz zu "herkömmlichen" Ausbildungs- und Erziehungsmethoden von Familien- und Hobbyhunden feststellen konnte, ist der, dass "Leckerchen" keine Rolle spielen. Das "Arbeiten dürfen" und die freundliche Zuwendung des menschlichen Partners (Lob) werden als der bessere Weg angesehen, einen positiven Reiz auf den Hund zu übertragen. Dies kann ich auch aus meinen eigenen Erfahrungen mit Hirtenhunden an einer Rinder- bzw. Schafherde bestätigen: auch ohne Taschen voller Hundesnacks kann man Arbeitshunde zum Erbringen einer Leistung überzeugen.

Ziel dieser "Grundausbildung" ist es,

„... den Hund soweit unter Kontrolle zu haben, dass er sich abrufen und später bei der Arbeit an der Herde zuverlässig und kontrollierbar einsetzen lässt. Hundeausbildung ist kein Kampfsport, es ist auch kein Kraftsport - es ist Denksport!“

Bis hierhin hat der Leser rund 1/3 des Buches kennengelernt. Das zweite Drittel beschäftigt sich dann ganz mit den beiden Ausbildungsrichtungen: Herdengebrauchshund / Koppelgebrauchshund. Diese Kapitel sind mit zahlreichen Zeichnungen sehr anschaulich gestaltet. Wie anfangs erwähnt, werden Herdengebrauchshunde in unserer traditionellen Hütehaltung/Wanderschäferei eingesetzt. Dies stellt andere Ansprüche an das Arbeiten der Hunde als die Koppelhaltung. Ab einem Alter von 12 bis 14 Monaten werden die Hunde mit leichten Aufgaben an der Herde eingesetzt. Innerhalb zwei Jahren hat der Hund seine "Ausbildung" abgeschlossen. Die Dauer hängt von den Eigenschaften des Hundes und seiner Rasse ab. Nur durch das Beistellen des jungen Hundes einem erfahrenen Althund erlernt dieser nicht das Erforderliche, auch wird dadurch nicht gerade die Beziehung zum Schäfer gefestigt. Also muß dieser schon die Ausbildung selbst vornehmen.

Der Ausbildungsablauf beinhaltet hier:

  • Gewöhnung an die Herde,
  • Furche halten und Wehren,
  • Wehren und Treiben von und zur Weide,
  • Stellen und Schwenken,
  • Wechseln vor der Herde,
  • Griff,
  • Hurdensprung,
  • Aus- und Einpferchen,
  • Brücke,
  • Enges Gehüt,
  • Weites Gehüt,
  • Stellen vor die Herde und Kippen der Schafe,
  • Einholen und Weiterziehen der Herde im weiten Gebiet,
  • Aufhalten der Schafherde,
  • Hindernisse und Verkehr,
  • Wildfestigkeit,
  • Wachsamkeit und Verteidigungstrieb,
  • Vom Beihund zum Haupthund.

Auch hier erwähne ich nur die Ausbildungsschritte, die Umsetzung der Leistungen ist ausführlich und in verständlicher Weise beschrieben.

Für die Ausbildung zum Herdengebrauchshund gilt – und diesen Grundsatz kann man auf alle Ausbildungs- bzw. Erziehungsmaßnahmen an Hunden übertragen – dass man nie aus den Augen verlieren soll, dass es sich bei

„... Hunden um Lebewesen mit unterschiedlicher Veranlagung handelt. Hunde zeigen nicht jeden Tag die gleiche Reaktion und Arbeitseifer. Aus diesem Grund erfordert die Ausbildung des Hütehundes vom Hundeführer Selbstbeherrschung, Geduld, Ausdauer und eine gute Anpassungsfähigkeit.“

Aufgrund anderer Anforderungen verläuft die Ausbildung zum Koppelgebrauchshund etwas anders ab als beim vorgenannten Herdengebrauchshund. Hier ist die Rede von der "britischen Hütetechnik", womit die in den angelsächsichen Ländern ursprünglich angewandte Hütetechnik gemeint ist. Als Hütehunderasse wird hier der Border-Collie am meisten eingesetzt, aber andere geeignete Rassen auch.

Die besonderen Eigenschaften der Koppelhaltung sind, dass es sich um eine fest oder flexibel eingezäunte Fläche handelt, wo sich die Weidetiere ohne ständige Beaufsichtigung von Schäfer und Hund aufhalten. Es sind Umtriebsmaßnahmen erforderlich, wozu die eingesetzen Hunde besonders führig und wendig, auch auf kleinstem Raum, sein sollen. Daher legt die Ausbildung eines solchen Hundes auch besondere Beachtung auf Balanceübungen und das sichere Zutreiben von Vieh:

  • Erste Kontakte mit der Herde,
  • Balanceübungen und Zubringen der Herde,
  • Erlernen der Richtungskommandos,
  • Such- und Einhollauf,
  • Wegtreiben,
  • Abtrennen,
  • Zurückwenden.

Abbildung: Ulmer-Verlag

Weitere nützliche Übungen werden in einem folgenden Kapitel beschrieben, wofür keine neuen Kommandos verwendet werden, sondern die bisher erlernten verbessert und verfeinert werden = "Verbesserung der Harmonie in der Kommandoerteilung".

  • Umkreisen der Herde in der Entfernung
  • Verkürztes Flankieren
  • Beeinflussung der Geschwindigkeit
  • Übungen am Zaun
  • Förderung der Wehrhaftigkeit
  • Treiben durch Hindernisse
  • Einpferchen und Einladen

Hier findet man auch viele Hinweise darauf, wie schwierig es anfangs ist, mit besonders sensiblen Hunden zu arbeiten. Aber mit der richtigen Motivation und Hilfestellung durch den Ausbilder sollte man auch hier zum Ziel kommen, denn

„Erfolgserlebnisse fördern das Selbstvertrauen!“

Immer wieder erkennt man, wie man die natürliche Veranlagung und das Temperament der Hütehunde zur Erreichung eines bestimmten Ausbildungszieles nutzen kann, z. B. Wegtreibeübungen.

Die in den vorangegangenen Kapiteln beschriebenen verschiedenen Hütetechniken können auch in der Praxis kombiniert werden, je nachdem wie es die Situation erfordert. Auf jeden Fall ist das Ziel eine Arbeitserleichterung für den Schäfer oder sonstigen Tierhalter. Wie in der Zusammenfassung beschrieben, sollen die in diesem Buch geschilderten Ausbildungsmöglichkeiten den Anfänger nicht abschrecken, sondern ihn eher zur gezielten Beschäftigung mit seinem Hütehund anregen. Um an einem Hütewettbewerb teilnehmen zu können, muss sich jedoch der Hundeführer mit den verschiedenen Ausbildungsmethoden befassen.

Im letzten Drittel des vorliegenden Buches findet man den Teil, der sich mit den Hütewettbewerben inklusive Erklärung wichtiger Fachausdrücke und Methoden zur Korrektur von Fehlverhalten beschäftigt.

Leistungshütewettbewerbe werden vorwiegend in Mittel- und Süddeutschland durchgeführt und sind als "Preishüten" seit dem Jahr 1901 bekannt. Dabei verlief die Entwicklung dieser Veranstaltungen in enger Beziehung zum Verein für Deutsche Schäferhunde, der bereits im April 1899 an die Schäfer herantraten, um den Deutschen Schäferhund an der Herde zu erproben. Wurden anfangs "nur" die Leistungen der Hunde bewertet (Preishüten), entwickelten sich die Wettbewerbe nach 1985 immer mehr zum Leistungshüten, bei denen auch die Leistung des Schäfers mit Noten und Worten bewertet wird (Bewertungsschemata sind abgebildet).

Da vielen Menschen die Leistungshütewettbewerbe als Relikt aus der vergangenen Zeit vorkommen, wird hier dem Leser die Daseinsberechtigung dieser Veranstaltungen in unserer heutigen Zeit erklärt – und das hat z. B. neben Erfahrungsaustausch und Kontaktpflege auch etwas mit der Wirtschaftlichkeit der Schafhaltung zu tun: optimale Hütehaltung = optimale Gewichtszunahmen bei den Lämmern. Auf einem Hütewettbewerb kann der Schäfer mit seinem Hund seine Fähigkeiten unter Beweis stellen, und sie sind vergleich- und bewertbar.

Im folgenden Text sind die zwei in Deutschland bestehenden Hüteordnungen einschließlich Vergabe der Bewertungsnoten abgedruckt:

  • Hüteordnung des Vereines für Deutsche Schäferhunde e. V. (SV) und die
  • Hüteordnung der Vereinigung Deutscher Landesschafzuchtverbände.

Immer wieder veranschaulichen schematische Darstellungen die Situationen, so dass auch ein Laie die in der "Fachsprache" geschilderten Anforderungen versteht, z. B. ist "Kippen" ein "Bremsen und Umkehr der Herde durch den Hund ohne aggressive Störung der Weidetätigkeit". Es wird eigentlich alles beschrieben, was den Leser in die Lage versetzt, sich "gedanklich" auf die Teilnahme an bzw. Organisation eines solchen Wettbewerbes vorzubereiten.

Andere Hütemethoden haben auch andere Hütewettbewerbe, z. B. die in England, Australien, Neuseeland und anderen Regionen angewandten nach Britischer Art. Auch diese "Sheep Dog Trials" sind in ihrer Entstehungsgeschichte und Systematik beschrieben.

Fazit:

Das Buch "Ausbildung von Hütehunden" ist ein nützliches Informations- und Nachschlagewerk für Hütehundebesitzer, denen das Hüten als Freizeitbeschäftigung besonderen Spaß bereitet, aber auch für solche, die mit ihren Hütehunden "sportlich" deren Veranlagung nutzen wollen. Damit meine ich, dass man dieses Buch nicht unbedingt in einem Zuge durchlesen muss, sondern auch bei Bedarf die Umsetzung einzelner Befehle und Aufgaben für den "Hausgebrauch" nachlesen kann. Auch Besitzer anderer Hunderassen können hier viel über die Ausbildung von Hunden erfahren, und jede Menge Tipps und Methoden zur Erreichung eines gewünschten Verhaltens der Hunde nachlesen.

Als Hirtenhunde- und Nutztierhalterin finde ich dieses Buch auch interessant, weil es sich sehr viel mit dem Schäfer-Alltag in unserem Land beschäftigt, von dem es dann vom Thema nicht mehr weit ist zum Einsatz auch von Hirtenhunden zum Herdenschutz. Gern hätte ich mehr über die besonderen Anforderungen des Einsatzes von Hütehunden an Rindern, Pferden, Schweinen und Geflügel - wie kurz im Text erwähnt - erfahren. Aber, da in Deutschland die Verwendung von Hütehunden in diesen Tierhaltungen nicht so verbreitet ist, fand dieses Thema im Buch kaum Beachtung.

Dorette Knobbe

Die Veröffentlichung der Original-Fotos aus dem Buch "Ausbildung von Hütehunden" von Hans Chifflard und Herbert Sehner erfolgte mit freundlicher Genehmigung des Ulmer-Verlages. Das Buch (236 S., 30 Farbf., 97 Zeichn., geb.) ist im Ulmer-Shop http://shop.ulmer.de zum Preis von 29,90 EUR erhältlich - ISBN 3-8001-4227-9.