Ausgabe 06/2006
Juni 2006

Der Bär ist los ...

Oder: Endlich kümmert sich jemand!

Foto: Frank Schreier

Es ist der pure Zufall, aber als wir uns entschlossen, über das nachfolgende Projekt zu schreiben, kamen wenige Tage später die ersten Meldungen über einen Braunbären, der es gewagt hatte, die deutsche und auch noch grüne Grenze zu überschreiten und letztendlich sogar die bayrische.

Wie so oft bei der bayrischen Staatsregierung üblich, erst wird man mit einem fröhlichen "Grüß Gott" begrüßt und kaum gibt es ein paar kleine "Problemchen", kriegt man eins auf die Mütze, in diesem Fall das Versprechen, eine Kugel erledige das angebliche Problem. So etwas nennt man dann neudeutsch einen "echten Schnappauf" (bayrischer Umweltminister, die Red.).

In zahlreichen Ländern dieser für viele Wildtiere klein gewordenen Welt leben Bären und andere "Beutegreifer". Dort wo sie ausgestorben oder gefährdet sind, versucht man mit aufwendigen, aber notwendigen Programmen, diese wieder auszusiedeln. Insoweit wäre es doch toll gewesen, dass dieser Braunbär völlig umsonst und freiwillig nach Deutschland kam.

Foto: Frank Schreier

Ebenso ist es leider eine Tatsache, dass in einer ganzen Reihe von Ländern auch heute noch neben anderen Tieren auch Bären missbraucht werden. Erinnert sei nur an die zahlreichen Tanzbären des Balkan. Dieses Elend wird erst dann aufhören, wenn die ganzen Touristen in ihrer Dummheit nicht auch noch dafür bezahlen, mit einem "Bärenfoto" wieder nach Hause zu kommen.

Eines der Länder, in dem die Bärenhaltung in Gefangenschaft eine gewisse Tradition hat, ist Georgien und auch dort mehren sich die Stimmen, endlich Bär Bär sein zu lassen und die unwürdige Behandlung und Gefangenschaft zu beenden.

Die in Holland angesiedelte IBF nimmt sich der vielen Strassen-, Tanz- und Restaurantbären in Ländern wie der Türkei, Bulgarien - und eben auch Georgien an. Aber nicht vom grünen Schreibtisch aus, der dann in Holland steht, sondern vor Ort.

Foto: Frank Schreier

So wurde als Tochter die IBF-Georgia - International Bear Foundation Georgia gegründet mit Sitz in der Hauptstadt Tiflis. Und IBF-Georgia ist in soweit etwas besonderes, weil sie eine NGO (Non Governmental Organization, nicht-staatliche Organisation) ist. Das heißt dann eben, zwar wird man versuchen, mit den Behörden zusammen zu arbeiten, bzw. muss dies, aber die "Aktivitäten" werden von privater Hand gesteuert.

Über die Haltung der zahlreichen Bären in vielen Ländern schreibt Frank Schreier, der Direktor der IBF-Georgia und Projektmanager ist:

"Diese Bären werden unter indiskutablen Bedingungen gehalten und zu Geschäftszwecken – Fotos mit Touristen, Tanzen, Attraktion – missbraucht (gemeint sind Länder, in denen es diese "Tradition" leider gibt, die Red.) ...

... hier in Georgien gibt es keine Tanzbären und keine Foto-Bären. ... Hier sitzen die Bären in kleinen Käfigen an Restaurants und Tankstellen, manchmal als Attraktion, manchmal einfach so, manchmal war den Besitzern nicht ganz klar, worauf sie sich einließen, manchmal nahmen sie die Bären aus Mitleid. Das ändert für die armen Bären allerdings nicht viel."

Foto: Frank Schreier 

Um diesen Missbrauch zu beenden, sind eine ganze Reihe von Maßnahmen erforderlich. Dazu schreibt Frank Schreier:

"IBF versucht, an dieser Situation etwas grundlegend zu ändern. Die Tätigkeiten von IBF sind sehr vielseitig, u.a.:

  • Aufklärungs- und Bildungsmaßnahmen
  • Betreuung der Bären
  • Einrichtung von möglichst naturnahen Freigehegen,
  • Unterbringung beschlagnahmter Bären
  • Unterstützung der zuständigen Behörden im Kampf gegen den Missbrauch der Bären, bei der Erarbeitung entsprechender Gesetze, bei der Umsetzung der Gesetzesvorgaben
  • Aufzeigen von Verdienstalternativen usw."

Über die Motive der IBF-GEORGIA schreibt er weiter:

"Die Bären sind für IBF eine Art Botschafter der Natur, ein Schlüssel zum Bewusstsein der Menschen. Unser Ziel ist es letztendlich, das Bewusstsein der Menschen für die Probleme unserer Natur zu schärfen."

Wie nötig diese Ziele sind, erkennt man an der Tatsache, wie auch heute noch Bären im Land behandelt werden. Dazu Frank Schreier:

"Hier gibt es eine ganze Reihe von Restaurant- und Tankstellenbären und noch keine ausgearbeiteten Gesetze, die solche Dinge klar verbieten und unter Strafe stellen.

Es gibt auch keinerlei Vorschriften, die regeln, wie mit den Bären umzugehen wäre, wenn man sie beschlagnahmen würde. Auch was mit Bärenjungen zu tun ist, weiß niemand so genau – das war und ist das Problem, das ich gerade wegen der beiden Bärenjungen zu lösen habe."

Foto: Frank Schreier

Die Pläne der IBF-GEORGIA für die kommenden Monate und Jahre sind:

  • Zusammenarbeit mit dem Umweltministerium Georgiens bei der Ausarbeitung von Gesetzen und ihrer Umsetzung
  • Identifikation und Betreuung der Restaurant - und Tankstellenbären
  • Einrichten eines Bärenparks mit naturnahen Gehegen zur Unterbringung der dann beschlagnahmten Bären
  • Bildungsmaßnahmen
  • Aufzeigen und Anregen von Verdienstalternativen usw.

Foto: Frank Schreier

Gerade der letzte Punkt ist ein sehr wichtiger, wie die Erfahrungen in anderen Ländern gezeigt haben. Denn wer ohne seine Einnahmequelle Bär nichts verdient, wird wieder ein Tier anschaffen und das ganze Elend geht von vorne los. So wurden z. B. in Bulgarien so genannte Bärenführer so bezahlt, dass sie sich vom Erlös "ihrer" Bären eine kleine Existenz aufbauen konnten.

Wie das traurige Beispiel Deutschland überdeutlich zeigt, gehört aber auch zum Schutz dieser Wildtiere eine Akzeptanz in der Bevölkerung und besonders natürlich eine Akzeptanz unter den Viehhaltern. Nachdem der eingewanderte Bär es gewagt hatte, sich ein leichtes "Mittagessen" in Form von Schafen und ein paar Hühnern ohne große Anstrengung zu besorgen, sozusagen auf den Präsentierteller gelegt, schreit man bereits nach der Jägerschaft.

In Georgien will man den Tierhaltern mit einer simplen und doch genialen Idee Wildtiere und deren Existenzberechtigung schmackhaft machen.

Dazu schreibt Frank Schreier:

"Neben dem Bärenprojekt gehen wir auch das Projekt "Georgischer Berghund - Nagazi" an. Wir wollen diese außergewöhnliche uralte Hunderasse vor dem Aussterben bewahren und in Reinzucht erhalten. In den Bergen des Kaukasus gibt es aus vielerlei Gründen (Kriege, Wirtschaftskrise, Abwanderung, Zerfall der Weidewirtschaft, ...) nur noch relativ wenige reinrassige Hunde. Als Folge nehmen die Angriffe von Raubtieren (Wölfe, Bären, Luchse) zu, die Aggressionen der Bevölkerung steigt. Es werden sogar schon Stimmen laut, die das Abschießen der Raubtiere fordern."

Foto: Frank Schreier

Da greift dann eben der gute und alte Schutz durch die Hunde, die seit Jahrhunderten nie etwas anderes getan haben. Daher bin ich mit ihm absolut einer Meinung, wenn er schreibt:

"Die georgischen Berghunde sind der traditionelle Schutz gegen Raubtierangriffe (auch gegen menschliche Räuber) - wo es genug Berghunde gibt, kommen Raubtierangriffe praktisch nicht vor. Wir möchten die Hunde sozusagen in die Berge zurückbringen, unsere Welpen also an die Menschen in den Bergen abgeben.

Auch dieses Projekt verstehen wir als Beitrag zum Umwelt- und Naturschutz. Wir schützen die Raubtiere, indem wir die Menschen und ihr Hab und Gut vor ihnen schützen."

Simpler geht es nicht mehr und auch meine Erfahrung ist, die einfachste Lösung ist meistens die beste, denn die wird verstanden und zwar von allen Beteiligten, nämlich Mensch und Tier. So gesehen kann man Frank Schreier auch nicht als Züchter der kaukasischen Berghunde bezeichnen, denn er verschenkt unter bestimmten Bedingungen - nämlich Einsatz in ihren gewohnten Aufgaben - die Hunde an Schäfer und Landwirte.

Das alleine genügt nicht und daher werden diese beiden Projekte begleitet. Frank schreibt dazu:

"Sowohl im Hinblick auf die Bären als auch auf die Hunde werden wir natürlich mir renommierten Wissenschaftlern - Biologen, Tierärzten, Genetikern usw. - zusammenarbeiten. Meine Arbeit wird darin bestehen, die Beiträge und Anstrengungen aller zu koordinieren."

Foto: Frank Schreier

Einen Wurf gibt es derzeit und weil sich zeigt, wie die Einstellung bei der Vergabe der Hunde ist, zitiere ich aus einer E-Eail:

"... Den Welpen und der Mutter geht es gut, die "kleinen Ratten" machen nichts als Trinken und Schlafen - und uns erfreuen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie sich der zukünftige Besitzer des einzigen Rüden freut. 

Das ist ganz sicher der begehrteste Welpe des Kaukasus, es war gar nicht einfach, die Entscheidung zu treffen, wer ihn bekommt. Ich hatte ja wenigstens mit drei Rüden gerechnet - und um die vorgestellten drei gab es fast schon Schlägereien. 

Nun ja, die Entscheidung ist gefallen, und Zura, mein Freund, der ihn bekommt, hat vor Freude den Verstand verloren. Zura hat schon einige Hunde, die in den Vorbergen des Kaukasus seine Weinreben bewachen (20 ha), darunter eine traumhafte kurzhaarige Berghündin, eine wundervolle asiatische Hündin (die meiner Meinung nach eher georgischer Abstammung ist) - und er ist ein echter Hundeverrückter, der lieber selber hungert als seine Hunde schlecht zu ernähren."

Bliebe anzumerken, dass ich diesen Zura natürlich beneide. Allerdings möchte ich eines hinzufügen: Nach Deutschland oder in ein anderes westliches Land werden diese Hunde auf keinen Fall vermittelt oder verkauft. Dies ist aufgrund der Situation und der Ziele dieses Zuchtprogramms sicher verständlich. Anfragen an uns oder Frank Schreier erübrigen sich somit.

Foto: Frank Schreier

Zu einem solchen Projekt gehört auch die entsprechende Werbung und daher wird es demnächst auch eine eigene HP geben:

"Eine Website haben wir noch nicht, bislang nur Webspace gekauft. Aber bald werden wir eine haben, unter www.ibf-georgia.ge - und hier werden dann auch immer alle Neuigkeiten aus der Bären- und Hundewelt des Kaukasus zu sehen sein."

Meine Bitte dazu, macht schnell, denn diese Seite wird bestimmt sehr interessant. Nagazi, der alte Hirtenhundeschlag aus den Bergen und dazu der Schutz der Wildtiere, eine Tradition kann wenigstens in einem kleinen Teil weiterleben.

Foto: Frank Schreier

All dies kostet neben einem großen Einsatz von Motivation und viel Zeit Geld. Frank Schreier schrieb mir deshalb:

"Selbstverständlich sind wir bei unserer Arbeit von Geldgebern abhängig, von Geldmitteln, die uns Spender und Sponsoren im In- und Ausland zur Verfügung stellen."

Bleibt zu hoffen, dass sich die vielen Hirtenhundefans dieser Welt angesprochen fühlen und etwas unterstützen, von dem Frank Schreier schreibt:

"Unsere Arbeit in Georgien hat eben erst begonnen."

Wir die Redaktion jedenfalls wünschen, dass dieses Projekt Erfolg hat, denn auch wir meinen, Hirtenhunde überleben am sichersten, wenn sie das tun, was sie besonders gut können, die Arbeit an den Herden und dem Eigentum der Hirten und Schäfer. Egal ob im Kaukasus, im Pamir oder der Sar Planina.

Wer nun meint, dieses Projekt unterstützen zu wollen, dem sei hier die Bankverbindung genannt:

Sparkasse Kleve
Hagsche Strasse 33
47533 Kleve

Bankleitzahl 324 500 00
Konto Nummer:1663996
Stichwort: IBF-GEORGIA
Inhaber des Kontos ist Gerard Baars, der Direktor der IBF-Holland.

Hartmut Deckert

Die Stadt und Region Kasbegi
Foto: Frank Schreier


Zu diesem Artikel bekamen wir folgende Leserbriefe: