Ausgabe 01/2008 |
Januar+Februar 2008 |
Rile od Drndarskog in Deutschland
Wie
unser Rile nach Deutschland kam, war schon zu lesen. Wie aber ging es mit ihm
weiter?
Davon
soll dieser Artikel erzählen.
Die
ersten Tagen waren schon ganz lustig, Rile fand immer wieder etwas neues, was
er noch nicht kannte. Er musste es untersuchen oder erst einmal inspizieren.
Meistens ging er an neue Sachen sehr vorsichtig heran, egal ob es eine Plastiktüte war, oder ein Altglas
- Container.
Wir
hatten anfänglich sehr oft das Gefühl, er hätte Angst vor solchen Sachen, die
ihm neu und unbekannt waren. Aber nach einigen Gesprächen war uns klar, dass
dieses Verhalten für Hirtenhunde typisch ist und natürlich auch etwas mit dem
Alter zu tun hat.
Denn
Hirtenhunde haben von Natur aus einen ganz besonderen Instinkt und eine
angeborene Vorsicht und diese hilft ihnen, wenn irgend etwas auf sie zukommt,
das sie bisher nicht kannten.
Foto:
Kim Schumann
Hirtenhunde
sind keine Draufgänger, auch wenn sie sehr oft so beschrieben werden. Wären sie
das, würden sie in so mancher Situation nicht überleben. Denn sie werden nicht
nur von Wölfen oder Bären bedroht. So manches Mutterschaf fühlt sich durch
einen Hund, denn es vielleicht auch noch nicht so gut kennt, bedroht.
Uns
hat mal jemand erzählt, dass er seine jungen Hirtenhunde zusammen mit den
Schafen so gehalten hat, dass die Hunde wenigstens eine Zeit lang aus dem
Gehege der Schafe verschwinden konnten, wenn sie das Gefühl hatten, es wird für
sie brenzlig.
Es
soll auch schon vorgekommen sein, dass Hunde von solchen Muttertieren
angegriffen wurden und das kann schon gefährlich werden.
Wenn
unser Rile also etwas nicht kannte, wurde es erst einmal von ihm angebrummt
oder gleich verbellt, z. B. Plastiktüten die sich im Wind bewegten oder ein
neuer Blumenkübel der vor einer Haustür stand, usw. usw. Es war von Fall zu
Fall verschieden, aber jedes Mal wenn ihm etwas nicht ganz koscher vorkam hatte
man so seine Probleme, eben mal mehr oder weniger.
Wir
brauchten sehr viel Geduld für solche Aktionen und ich muss ganz ehrlich
gestehen das ich öfter mal den Gedanken hatte, was ich mir da angetan habe, ich
habe manchmal an mir selber gezweifelt, denn ich hatte zwar keine Erfahrungen
mit Hirtenhunden, aber seit mehr als 30 Jahren einen oder sogar zwei
Schäferhunde gleichzeitig gehabt, aber ein Schäferhund ist kein Hirtenhund und ein Hirtenhund wird nie so wie ein
Schäferhund sein. Diese Erfahrung hatte ich eigentlich ziemlich schnell gemacht.
Foto:
Kim Schumann
Wie
ich unterdessen weiß, bin ich nicht der einzige, der derartige Erfahrungen
machen musste, denn z. B. Hartmut
Deckert erzählte mir, dass er viele Jahre Schäferhunde hatte und auch für ihn
die Umstellung mit einigen „Problemen“ verbunden war, als der erste Hirtenhund
bei ihm einzog. Diese Erfahrungen haben uns geholfen.
Da
war z. B. das Problem mit der Hundeleine, ich hatte für meine Hunde eigentlich
nie eine Hundeleine gebraucht, sie liefen zu 99% immer frei, aber auch nur,
weil sie aufs Wort gehorchten; ich konnte mich immer und zu jeder Zeit auf sie
verlassen. So war ich es gewohnt und jetzt auf einmal hatte ich so einen Hund
am Strick.
Der
hörte nur, wenn er es wollte, lief mal rechts mal links ich hatte manchmal das
Foto:
Kim Schumann
Damit
der Hund etwas freier laufen konnte, kaufte ich eine ich 8 Meter Flexileine und
ich werde es nie vergessen, 75kg Tragkraft stand drauf, gleich am 3. Tag war
sie dahin. Rile nahm einmal richtig Anlauf, ich blieb stehen und habe einfach
nur gehalten, ja und dann machte es peng und die erste Flexileine war
geschafft. Als ich die Leine zum Umtausch brachte, wurde ich nur gefragt, was
ich denn für einen Hund besitzen würde? Meine Antwort, einen 8 Monate alten Sarplaninac, „aahh ja alles klar“
und ich bekam eine andere Leine.
Um
das Vertrauen unseres neuen Hundes schneller zu gewinnen, hatte ich mir gleich
vom ersten Tag an angewöhnt, ihn immer von Hand zu füttern bzw. seinen
Futternapf in der Hand zu behalten und ich muss sagen es half. „Liebe“ geht
anscheinend doch durch den Magen.
Rile
bekam sehr schnell zu mir Vertrauen es wurde von Tag zu Tag immer besser.
Leichter „tat“ er sich mit unserem Sohn Dennis, den betrachtete er anscheinend
sehr schnell als seinen „Kumpel“ und das ist bis heute so geblieben. Allerdings
spielt er mit dem auch etwas rauer, als mit den übrigen Familienmitgliedern und
daher gibt es immer mal wieder einen blauen Fleck. Was uns zu der Erkenntnis
führte, die Kraft eines Hirtenhundes muss sehr früh in die gewünschten Bahnen
gelenkt werden, denn mit jedem Tag wächst diese Kraft. Wenn dann ein Hund wie Rile auch noch derart viel
Temperament und Spieltrieb hat, ist es notwendig, ihm beizubringen dass
Menschenhaut eben kein Hundefell ist.
Heute
läuft Rile übrigens genau wie meine Schäferhunde ohne Leine. Denn ich habe mich
auf seinen Willen eingestellt und er akzeptiert, dass irgendwann der Moment
gekommen ist, an dem er hören sollte. Das kann sein beim zweiten Rufen, aber
manchmal eben auch erst nach dem dritten „Brüller“. In der Familie sind wir uns
einig, dass dieses Verhalten unserer Autorität keinen Abbruch tut, denn wir
merken tagtäglich, dass wir für ihn wichtig sind und es mit der angeblichen absoluten
Selbstständigkeit der Hirtenhund doch nicht so weit her ist.
Immer
wieder sind wir erstaunt, wie sich Rile gegenüber fremden Menschen und anderen
Hunden benimmt.
Foto:
Kim Schumann
Ist
er alleine auf dem Grundstück, wird natürlich alles verbellt, was er nicht
kennt. Das ist in Ordnung, denn unter anderem soll er ja wachsam sein. Erklärt
ihm jemand von uns, es sei in Ordnung, akzeptiert es sofort Besucher und je
nach Sympathie und Tagesform lässt er sich nach einiger Zeit anfassen, oder er
geht auf diese Besucher zu.
Auf
unseren Spaziergängen begegnen wir einer ganzen Reihe von Hunden, große und
kleine, giftige und richtig verspielte. Die kleineren scheinen unter seiner
Würde zu sein, denn noch nie hat er diesen gegenüber seine Kraft und Größe
ausgespielt. Große Hunde, die ihm dann wenigstens annähernd das Wasser reichen
können, sind zuerst mal ein „Spaßfaktor“, denn mit ihnen kann man toben, ohne
dass es gleich „ein Unglück“ gibt. Faszinierend ist für uns, wie weit da andere
Hunde gehen dürfen. Er scheint zu denken, dass er im Zweifelsfalle ja eh alles
im Griff hat und daher ist er sehr großzügig.
Foto:
Kim Schumann
Schon
oft kam uns der Verdacht, dass er vielleicht ein bisschen feige ist, oder
Konflikten aus dem Wege gehen will. Das ist aber nicht so, denn gelegentlich
kommt es vor, dass Rile meint, die Grenze sei überschritten und dann geht ein
Donnerwetter los. Sich da einzumischen, wagt niemand und es ist auch nicht
notwendig. Denn noch nie ist etwas passiert. Rile macht es mit „Freistilringen“.
Und irgendwann kommt der andere Hund unter ihm frei. Diese Lektion hilft immer,
denn auch die anderen anwesenden Hunde haben begriffen, dass es Grenzen gibt
und dass die meistens von Rile festgelegt werden.
Es
stimmt wohl, ein gut sozialisierter Hund, egal welcher Rasse, oder ob er ein
Mischling ist, erkennt, mit wem er es zu tun hat.
Alles,
was unser Rile später können sollte, haben wir von Anfang an geübt und obwohl
er erst mit fast sieben Monaten zu uns kam und wir deswegen schon etwas
Bauchweh hatten, hat er sich sehr gut in die Familie eingefügt.
Rile
würden wir heute nicht mehr hergeben, denn er ist zwar ganz anders, als unsere
Schäferhunde, aber er zeigt uns immer wieder, dass auch für ihn „Familie und
so“ sehr wichtig ist.
Obwohl
wir ihm sehr viel Freiheit lassen, nutzt er diese nie aus, denn wir haben von
Anfang an mit logischem Denken und den immer gleichen Abläufen versucht, ihm zu
zeigen, dass wir zwar auf ihn und seine Bedürfnisse Rücksicht nehmen, er das
aber im umgekehrten Falle auch tun muss.
Eines
haben wir im Umgang mit unserem „Hirtenhund“ auch gelernt, man muss kein so
genannter Experte sein, um diesen Rassen gerecht zu werden, man muss sie
verstehen und man muss ihnen gegenüber auch mal alle Neune gerade sein lassen.
Dann klappt es auch mit einem Hirtenhund.
Sicher
aber haben wir auch Glück gehabt, denn Rile scheint „Nerven wie Drahtseile“ zu
haben. So manche Artikel über die alltäglichen Probleme von
Hirtenhundebesitzern sind nicht die Unseren. Das liegt wohl auch an der Zucht
und dem Züchter, nur das ist bei anderen Rassen auch nicht anders.
Da
wir aus Erzählungen und „Selbsterlebtem“ einige Hunde aus Riles Verwandtschaft
kennen, stimmt es wohl bei diesem Züchter mit der Aufzucht und dem Verhalten
der Elterntiere.
Hartmuts
Frau hat über Gane od Drndarskog einmal zu uns gesagt, Gane sei der fröhlichste
Hund, den sie je in der Familie hatten. So viel anders ist Rile auch nicht,
denn die „Gene“ sind die gleichen. Er ist ein Clown mit sehr viel Lebensfreude
und er gehört einfach zu unserem Leben.
Ausbildung
im Sinne von Hundeplatz oder Hundeschule haben wir nie gemacht und auch nie
gebraucht. Denn unser „Hirtenhund“ und sicher auch viele andere sind sehr
sensibel und merken sehr schnell, was erlaubt ist und was nicht.
Foto: Kim
Schumann
In
der Regel üben wir etwas einmal und das war es dann. Was Rile gelernt hat,
vergisst er nicht mehr und das ist natürlich auch für uns sehr angenehm, denn
so mancher Hundebesitzer fragt sich immer wieder, ob der „blöde Hund“ dass denn
nie begreift.
Heute sind wir dem Züchter dankbar für diesen Hund, denn er passt einfach zu uns und wir hoffen, dass wir noch viele Jahre miteinander Spaß haben werden. Denn Rile ist eben auch fröhlich.
Erich
Hoffmann
Die
Geschichte wie Rile nach Deutschland kam lesen Sie im Kaukasen - Blättle
Ausgabe 7 / 2005
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