Ausgabe 08/2005
August 2005

Vor Ankauf wird gewarnt ...

Was man in einem Gästebuch so alles findet. So um den 20. Juli fand ich z. B. eine Auseinandersetzung zwischen einem Züchter und einem, der es gerne werden möchte. Inhalt dieser Diskussion, ein Wurf, und der hat es in sich.

In unserer neuen Seite "proHirtenhunde" haben wir einen Link eines Maremmano-Abruzzese Züchters. Warum wir den gut finden, haben wir begründet. Wolfgang Woltemade ist übrigens der einzige, der in Deutschland diese Rasse über den VdH und damit über die FCI züchtet. Aber es gibt seit kurzem einen zweiten "Züchter", nämlich Ruprecht Schmidt. Der allerdings züchtet im IRV. Er beschreibt den so: "Ist die Abkürzung für den INTERNATIONALEN RASSEHUNDE-VERBAND e.V mit Sitz in Löhne(D)."

Zum besseren Verständnis, dieser Club ist völlig unbedeutend und unwichtig, denn die "Ahnentafeln", die er ausstellt, erkennt kaum jemand an und in solchen Vereinen kann man in der Regel züchterisch machen, was man will. Trotzdem kann man auch in diesem Club "Championtitel" sammeln, die dann z. B. Nationales Championat, oder Internationales Championat heißen und in so wichtigen Orten wie Possendorf an die Mutter der Welpen vergeben wurde.

Seit Anfang Juni sind nun die Welpen auf der Welt, die bereits jetzt einen heftigen Disput ausgelöst haben und in den wollen wir uns einmischen. Gefunden haben wir ihn in einem Gästebuch einer Schweizer Seite, die sich hauptsächlich mit Maremmano beschäftigt. Und wir kommen zu dem Urteil:

Vor Ankauf dieser Welpen wird gewarnt!

Die Mutter und ihre Herkunft findet man auf der Seite des "Züchters" und er selber beschreibt sie so:

"Als wir uns entschlossen wieder einen Welpen aus Italien mitzubringen, haben wir einen befreundeten italienischen Tierarzt gebeten, uns einen Welpen auszusuchen.

Er hat sich umgesehen und uns eine Hündin empfohlen, deren Eltern er sich vorher angesehen hatte."

Zu unserem Urteil (siehe oben) sind wir dann gekommen, als wir uns die Abstammung der Hündin angesehen haben. Ruprecht Schmidt beschreibt sie so:

"Weil Lunas Vater aus einer Geschwisterverpaarung stammt und Lunas Mutter ebenfalls eine Schwester des Vaters ist.  Wir wussten das nicht und haben dies auch nicht bemerkt, als wir ein halbes Jahr später die Ahnentafel (Pedigree) von Luna erhielten. Das dauert in Italien immer sehr lange."

Dass eine solch enge Inzestzucht eine einzige Katastrophe ist, hat Ruprecht Schmidt wohl selber erkannt und auch, dass so was in der Regel in keinem, dem VdH angeschlossenen Club genehmigt würde, denn er schreibt:

"Verpaarungen zwischen Verwandten 1. Grades und auch manchmal 2. Grades werden zu Recht von fast allen Hundeverbänden nur kontrolliert erlaubt und genehmigt, weil dadurch eine Häufung auch unerwünschter Eigenschaften (genetische bedingte Krankheiten oder Defekte wie HD) möglich sind. Nachzucht aus Hunden solcher Verpaarungen werden bei manchen Verbänden auch kontrolliert, sind jedoch von keinem Verband verboten. Die Behauptung des vorerwähnten Züchters, eine solche Nachzucht wäre sehr bedenklich, fahrlässig, ebenso die Verpaarung Verwandten 1.Grades (Lunas Eltern) wäre nach dem deutschen Tierschutzgesetz ein genehmigungspflichtiger Tierversuch, wäre verboten und gilt als Qualzucht, ist, wie ein hierzu befragter Veterinäramtsarzt sagt, völliger Quatsch.

Es gäbe solche rechtlichen Regelungen in Deutschland nicht. Ebenso sei die Verpaarung von Verwandten 1. Grades keineswegs verboten, da durch solche Verpaarungen ja erst die Rassen züchterisch entstehen würden und auch in der Natur auf diese Weise entstanden sind. Ein bekannter erfahrener Züchter schreibt dazu, dass für eine planvolle Zucht nach genetischen Gesetzmäßigkeiten ganz einfach der Möglichkeit vorhanden sein muss, mit einer ganzen Reihe miteinander eng verwandter Hunde  zu züchten."

Über das Fachwissen von Amtstierärzten kann man trefflich streiten, aber was hier zum Besten gegeben wurde, ist einfach falsch und gefährlich. Warum sonst warnen z. B. Wildbiologen vor Inzucht und derart engen Verpaarungen, wenn sie angeblich so wichtig sind, um eine Rasse oder Population zu fördern. Und die Behauptung, solche Verbindungen seien erlaubt, stimmt so auf keinen Fall, denn Genehmigungen dazu geben nur wenige Vereine und dann nur nach genauer Kenntnis der Zuchtlinien. Wir wollen darauf nicht näher eingehen, verweisen aber auf die entsprechende Literatur.

Ruprecht Schmidt hat in seiner Aufzählung der Folgen etwas vergessen, nämlich die Aufzählung der Wesens- oder Charaktermängel, die bei solchen Verpaarungen entstehen, bzw. entstehen können. Aber seine Hündin zeigt sie und das hat er auch bemerkt, denn er beschreibt sie so:

"Wir haben diesen Welpen gesehen und gleich mitgenommen, weil die Haltungsbedingungen vor Ort nicht unseren Vorstellungen entsprachen. Wie sich später herausstellte, muss Luna als Welpe dort negative Erfahrungen in Bezug auf unerwartete laute Geräusche und schnelle Bewegungen gemacht haben, die sie in dieser Beziehung geprägt haben, so daß hierfür eine gewisse Schreckhaftigkeit geblieben ist. Ebenso weicht sie strengen (lauten) Erziehungseinwirkungen aus, vermutlich ebenfalls aufgrund von frühen Erfahrungen beim Züchter.

Dazu muss man wissen, dass in Italien Maremmani nicht als Familienhunde gezüchtet werden, weil ein entsprechender Bedarf fehlt. Maremmani werden dort als Herdenschutzhunde oder als Bewacher und Beschützer von Grundstücken gezüchtet und eingesetzt. Eine frühe Prägung auf Menschen erfolgt deshalb in der Regel beim Züchter nicht."

Allerdings könnte es auch sein, daß diese "Mängel" eine andere Ursache haben, nämlich die Linie. Denn eine ganze Reihe von Maremmano Besitzern haben ebenfalls Hunde aus Italien und die sind wie andere Hirtenhunde auch. Leider aber ist es üblich, dann solche Verhaltensweisen auf die Züchter zu schieben.

Eigentlich wäre die bisherige Beschreibung, wie und warum diese Hündin nach Deutschland kam, nicht weiter dramatisch, wenn nicht mal wieder unbedingt eine "Nachzucht" gemacht werden müsste. Denn das verstehen wir schon deshalb nicht, weil Ruprecht Schmidt einen Verein gegründet hat und der heißt "Maremmano Abruzzese Club" und hat zwei Ziele.

Zum einen ist der "Maremmano-Abruzzese-Club Deutschland" eine Informationsplattform für Hunde der Rasse Cane da Pastore Maremmano-Abruzzese (PMA)" und: "Diese Seite soll Kontakte zwischen Besitzern und Fans herstellen, Informationen über diese Hunde, ihre Besitzer, Züchter, Welpen und Leuten, die diese Hunde suchen oder kennen lernen wollen, vermitteln."

Und das zweite Ziel wird so beschrieben: " Darüber hinaus versuchen wir, Canalba zu helfen. Andere Ziele haben wir nicht." Wer oder was Canalba ist, findet man in der Linksammlung unserer Hirtenhundewelt. Soviel sei geschrieben, es handelt sich um einen italienischen Tierschutzverein, der sich um die dortigen Hunde und auch um Maremmano kümmert. Eine ganze Reihe dieser Maremmano wurden u.a. nach Deutschland und in die Schweiz vermittelt.

Anfang August sollen die Welpen abgegeben werden und die neuen Besitzer werden mit einem Welpen aus solch einer Verpaarung sicher ihre Probleme bekommen. Daher schreibt der Züchter Wolfgang Woltemade völlig zu recht und ganz sicher nicht aus Neidgründen:

"Mir geht es lediglich darum, dass ich es unverantwortlich finde, eine Hündin die aus Vollgeschwistern und dann noch einmal mit einer Vollschwester verpaart wurde, als eine unverantwortliche Inzestverbindung sehe und riskant für die Zucht. Das ist keine Lüge, sondern für jeden nachvollziehbare Realität... Sie haben die Hündin nicht gezüchtet, aber Sie setzen sie ein. Das steht für mich im Widerspruch zu ihren vielen Aussagen im Web."

Wie ahnungslos manche Leute in Bezug auf Zucht sind, beweist dann Brigitte Helfenstein im Gästebuch von Ruprecht Schmidt, sie meint dazu lediglich: "Rupp, Woltemade stänkert wieder auf der HP von Bruno" Wenn man auf solche Verbindungen aufmerksam macht und die nicht gut heißt, stänkere ich natürlich auch. Denn Wolfgang Woltemade schreibt in einem Beitrag im schon erwähnten Forum, ohne das die meisten begreifen, um was es geht:

"Ihr Angebot zur Diskussion finde ich gut. Es ist aber schwierig, in einem Medium wie dem Internet ausführlich komplexere Zusammenhänge darzustellen. Das ist aber m.M. nach wichtig, da es diese Rassen in unseren Kulturen ursprünglich nicht gegeben hat. Hinzu kommt der ganze Bereich von Vererbung und Prägung, der in Wechselwirkung zueinander steht und wo es unterschiedlichste Meinungen und Erfahrungen gibt. Keiner kann hier den Anspruch auf Wahrheit für sich beanspruchen. Ich habe deshalb eine so ausführliche Homepage, um die Informationen, die ich in 20 Jahren überwiegend in Italien zusammengetragen habe, zur Diskussion zu stellen. Gute Arbeit leistet hier auch www.hirtenhundewelt.de. Nur ein Teil meiner Hunde arbeitet an Herden befreundeter Hirten und ich nutze die dort gewonnenen Erfahrungen, um sie in der Zucht und Prägung für ihr Leben in den Familien anzuwenden. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Hunde, die aus arbeitenden Linien stammen, oder die ihre Arbeitsfähigkeit unter Beweis gestellt haben, sich dafür besser eignen. Zu Beginn meiner Zucht habe ich mit Hunden aus berühmten Schönheitszuchten Probleme gehabt. Epilepsie, Schreckhaftigkeit, Wetterempfindlichkeit, Scheue, Lärmempfindlichkeit etc. Damit gehe ich auch offen um, alles andere wäre Betrug an der Rasse und ihren Anhängern. Da dies auch bei gut geprägten Hunde auftauchte, ist Vererbung nicht auszuschließen. Glücklicherweise waren es nur einige wenige, sonst hätte ich längst aufgegeben. Diese Hunde und ihre Vorfahren habe ich aus der Zucht genommen, auch wenn sie weiterhin unsere Lebensgefährten waren.

Jedes Jahr werden mir viele Hunde vorgestellt, die aus Italien mitgebracht wurden oder über Tierschutzorganisationen hier landeten. Die Mühe, die sich die Besitzer machen, sind bewundernswert, aber es gibt dort großen Diskussionsbedarf über die richtigen Methoden und leider geraten sie oft an Fachleute, bei denen ich mich frage, woher sie ihre Kenntnisse haben, bei der schlechten Informationsgrundlage. Es gibt viele falsche Legenden, die sich immer weiter verbreiten...

Um eines klar zu sagen: Für mich ist der Maremmane bei guten Voraussetzungen ein toller Familienhund!"

Und weiter:

"Wenn man aber, verborgen hinter angeblicher Kompetenz, solche Sauereien entdeckt, sollte man sich schon einmal melden. Auch mir gelingen selbstverständlich nicht alle züchterischen Ziele, das liegt in der Natur der Sache, aber gewissenlose Inzestzucht verbietet sich einfach von selbst. Andere Züchter mache ich nicht schlecht. Im Gegenteil freue ich mich über jeden sauberen Mitzüchter und auch jeder Maremmanen - Besitzer kann auf meine Unterstützung rechnen. Aber gewissenlose Vermehrung sollte auch Ihnen nicht egal sein! Sie wollen so etwas wohl nicht ernsthaft Züchten nennen! Noch einmal der Tipp: Sehen Sie sich die Fakten an. Im übrigen können Sie sich jederzeit bei mir umfassen informieren. So etwas macht mir einfach Sorgen um unsere wundervolle Rasse!"

Recht hat Wolfgang Woltemade, wenn er in der ebenfalls angeführten Mail, die der Auslöser der ganzen Diskussion in diesem Gästebuch war, das nicht immer von Fachkenntnis geprägt ist, meint:

"Ich kann nur allen Interessenten raten, sich die Ahnentafeln des Wurfes von "Rupp" anzusehen. Die Begeisterung über den Wurf kann ich nicht nachvollziehen... Die Hündin dann noch einmal mit einem Rüden zu verpaaren, der auch ingezüchtet ist, halte ich, freundlich ausgedrückt für fahrlässig. Zumal auf der eigenen Webside Luna als schreckhaft bezeichnet wird. Ich bin ziemlich entsetzt. Man muss nicht mit jedem Hund züchten! Ich hoffe nur für die Welpen und ihre zukünftigen Besitzer, dass das nicht schief geht.

Jedenfalls steht das in extremen Widerspruch zu der oft auf dieser Webside demonstrierten Kompetenz und Tierliebe! Wer sich über meine e-mail aufregt, möge sich zuerst einmal mit den Fakten beschäftigen!"

Und wieder ein Beispiel der Ahnungslosigkeit oder Ignoranz ist die Antwort eines Forumsmitgliedes und wirklich nur sehr schwer verständlich:

"Lieber herr woltemade, danke für die information, ist mir aber egal. ich denke dass es nun genügt mit dem stänkern gegen andere züchter. ich nehme an dass sie nur perfekte hunde abgeben, sonst würden sie nicht so reagieren. ich verstehe ihre reaktion aber trotzdem nicht.

freundliche grüsse brigitte (Helfenstein)"

Es gäbe noch eine ganze Reihe an Punkten, die mir auf der Seite von Ruprecht Schmidt aufgefallen sind und mir nicht gefallen, aber das wäre eine andere Diskussion. Seine Zucht und seine Ansichten über Hirtenhunde veranlassen mich aber, auf diesem Wege ihn zu bitten, mich aus der Mitgliederliste seines Clubs ebenso zu streichen. Eigentlich schade, denn Vereine, wie Canalba unterstütze ich gerne. Nur nicht auf diesem Weg. Denn wie schon geschrieben, Tierschutz und dann eine solche Zucht, passen nicht zusammen.

Ein Beispiel will ich aber noch einfügen, das mir besonders aufgestoßen ist, denn solche Ratschläge zu geben, ist bei allen Rassen falsch. Ruprecht Schmidt also schreibt:

"Vorraussetzung für die erfolgreiche Integration eines Hundes in das Rudel Familie ist die vom Hund akzeptierte Authorität des Rudelführers gegenüber dem Hund. Wie diese Authorität zu erreichen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, muß wenn nötig mit konsequenter Strenge und notfalls mit Einsatz von Gewaltausübung durchgesetzt werden. Ein Eimer Wasser über dem Hundekopf entleert oder eine Wasserbehandlung mit dem Gartenschlauch nach nicht befolgter Anordnung hat schon manchmal Wunder bewirkt, auch bei ausgesprochenen "Wasserhunden". Auch hier muß das Befolgen der Anordnung durch den Hund immer mit einer anschließenden ausgleichenden Belohnung verbunden werden, um dem Hund eine Akzeptanz der Authorität zu erleichtern. Insbesondere bei Hirtenhunden mit ihrem genetisch geprägtem Selbstentscheidungsverhalten ist dies ein wichtiges Sozialisierungselement."

Gewalt in der Erziehung ist der absolut falsche Weg und sollte von jedem vernünftigen Hundebesitzer abgelehnt werden.

Und ein Satz, der auch noch in Fettschrift zu finden ist, gefällt mir überhaupt nicht, denn so was ist opportunistisch und einfach falsch. Zudem verunsichert er viele Hundebesitzer, egal welche Rasse sie haben. Seit über 30 Jahren halten wir in unserer Familie Hunde, kein einziger hat je eine Prüfung gemacht. Trotzdem lassen sich die "Unfälle" und "Unfällchen" an weniger als einer Hand abzählen. Ruprecht Schmidt schreibt:

"Jeder Hund in der Öffentlichkeit, insbesondere ein PMA, sollte eine Ausbildung als Begleithund haben! Gehen Sie deshalb in eine Hundeschule!"

Mein Rat, man sollte es lieber bleiben lassen und der zweite Rat, keinen Welpen kaufen, der aus solch einer Verpaarung kommt.

Hartmut Deckert


Zu diesem Artikel bekamen wir folgende Leserbriefe: