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Pflege

Centralasiaten-Welpe aus dem Nordiran
Foto: Cyrus Sattarzadeh

Vorwort

In diesem Kapitel möchte ich nicht eingehen auf die z. B. sehr komplizierte Fellpflege des Komondor. Davon habe ich einfach keine Ahnung und daher sollen das die "Komondorleute" erklären.

Aber ein paar allgemeine Tipps sind mir schon wichtig, die dann allerdings für alle Hirtenhunderassen gelten.

Allgemeines

Auf zahlreichen Internetseiten ist zu lesen, Hirtenhunde seien besonders pflegeleicht und eigentlich selbstreinigend. Im Grunde ist das absolut richtig. Bedenkt man aber, wie so manche Hirtenhunderasse "verzüchtet" wurde, trifft das so nicht mehr zu.

Leikas Verfilzungen
Foto: Hartmut Deckert

Ein Beispiel der eher abschreckenden Art ist unsere Leika. Ihr Fell ist viel zu dicht und zu lang. Außerdem nimmt es Wasser auf wie ein Schwamm und trocknet dann auch extrem langsam. Die Folgen sind ein ständig verschmutztes Haar und Verfilzungen aller Art und Größen. Zum Beispiel am Bauch bilden sich sehr große Platten. Die zu bürsten ist ein Ding der Unmöglichkeit und daher fangen wir so etwa ab Anfang März damit an, sie mit der Schere von diesem "Mist" zu befreien. Spaß macht das keinen, auch Leika nicht. Wir haben es auch schon mal mit einer Maschine versucht, aber die läuft heiß, daher die Schere. Leika hat also ein für Hirtenhunde untypisches Fell, das viel Pflege erfordert. Trotzdem haben natürlich die recht, die meinen, Hirtenhunde sind pflegeleicht.

Sarplaninac Gane
Foto: Hartmut Deckert

Gane hat das Fell, dass man sich bei Hirtenhunden wünscht. Beschreiben könnte ich es als aufgeblasenes Fell. Es sind also so eine Art Luftpolster "eingebaut". Steigt er in den Bach, ist er nach wenigen Minuten und dreimal schütteln schon fast wieder trocken. Dreck oder Schlamm trocknet und fällt von alleine wieder ab. Er wäre also ein "richtiger" Hirtenhund.

Ein Fell dieser Art ist schon allein deswegen wichtig, weil kein Hirte oder Schäfer dieser Welt seine Hunde am laufenden Band bürsten oder baden würde. Leika wäre daher als Arbeitshund ungeeignet, denn neben den ganzen Verfilzungen hat sie mit einem derartigen Fell auch gesundheitliche Probleme. Denn unter dem dichten und verfilzten Haar entstehen sehr schnell Entzündungen. Wir passen daher ständig auf und kontrollieren die Haut.

Die ansonsten falsche Behauptung, Hirtenhunde würden nach allen möglichen Kriterien selektiert, ist daher wenigstens in einem Punkt richtig, nämlich dem der Wetterfestigkeit. Und dazu braucht der Hund ein Fell wie Gane, luftig und wärmend, schnell trocknend und eben "selbstreinigend". Dazu kommt eine gute und natürliche Aushaarung. Im übrigen bestätigen einige Autoren, dass Hirten ihre Hunde bei der Schur der Schafe gleich mitscheren.

Die Ohren

Gute Ohrenhaltung beim Kraski Ovcar
Foto: Emil Pizmoth

Die wenigsten Probleme mit den Ohren haben stehohrige Rassen, denn da wird das gesamte Ohr immer gut durchlüftet. Zwangsläufig ist es aber nicht so, dass Hirtenhunde und die anderen Rassen mit hängenden Ohren dann Probleme haben. Es kommt nämlich auf das Gewicht, die Behaarung und die Größe des Ohres an.

Bei einem rennenden Hirtenhund sollten die Ohren "fliegen". Dann nämlich sind sie nicht zu schwer und es kommt genug Luft rein. Bei Hunden mit einem starken Haarwuchs ist das nicht der Fall, die Ohren liegen zu dicht an und sind zu schwer. Das schlimmste Beispiel ist der Cocker Spaniel. Ihm wurde im Laufe vieler Jahre ein sehr starker "Bewuchs" angezüchtet. Seither tritt bei diesen Hunden immer wieder Ohrenzwang - eine Entzündung - auf und muss tierärztlich behandelt werden.

Daher sollten die Ohren der Hirtenhunde immer mal wieder kontrolliert werden und wenn nötig, mit einem Q-Tip gereinigt werden. Kein besonders großes Problem, wenn man bei der Erziehung eines jungen Hundes eine solche Übung gleich mit einbezieht. Wenn man dann seinen Hund zu dieser Übung erzogen hat, kann man den Tierarzt gleich miterziehen, nämlich dahin, dass der bei der Impfung oder anderen Behandlungen in die Ohren mit reinschaut.

Centralasiate
Foto: Wolfgang Regar

Haarung

Selbst der eigentlich nicht haarende Komondor verliert unter bestimmten Umständen Teile seines Felles. Die ungarischen Hirten nennen das, er hat sich ausgezogen. Diese Umstände können sein: Ungenügende Fütterung, Krankheit, oder bei Hündinnen ein Wurf. Dieses Aushaaren wirkt sich so aus, dass der Hund seinen "Behang" an der Vorhand, am Bauch und am Brustkorb teilweise oder auch komplett verliert. Außerdem wird ein Arbeitshund auch "gekämmt" durch Sträucher und Gebüsch.

Die anderen Hirtenhunde verlieren in der Regel einmal im Jahr ihr Fell. Allerdings sagt man einem Kuvasz nach, er haare immer. Dieses Abhaaren kann man beschleunigen, indem man während dieser Zeit den Hund bürstet. Je nach Haarstruktur ist das aber eigentlich nicht unbedingt nötig. Unser Gane kann nicht lange still stehen und daher hat er immer etwas wichtiges zu erledigen, wenn ich mit der Bürste komme. Das stört nicht weiter, denn er haart eigentlich ganz von alleine aus.

Bürsten ist also bei Hirtenhunden nicht zwingend notwendig, wenn sie ein "gescheites" Fell haben. Wir bürsten aber auch aus dem Grund, weil es die sozialen Kontakte vertieft oder pflegt. Viele Hunde betrachten das als sehr angenehm oder als Liebkosung. Im übrigen kann man ja nie wissen, ob es nicht mal nötig wird, und was ein Hund kennt, ist für ihn in Ordnung.

Bürsten bei Sarplaninac Rile
Foto: Erich Hoffmann

Langhaarigen Hunden sollte man gelegentlich die Haare um die Augen und den After wegschneiden. Das beugt Entzündungen vor und Geruch kann auch nicht so stark entstehen.

Langstockhaarige Schäferhunde wurden vor Jahrzehnten zur Zucht gesperrt mit der Begründung, sie seien nicht ausreichend wetterfest. Gemeint war damit, dass zwischen den Zehenballen Schnee und Schmutz in den langen Haaren hängen bleibt und den Hund beeinträchtigt.

Daher sollte man nach einem "Schlechtwetterspaziergang" die Pfoten langhaariger Hunde mit klarem Wasser abspülen, damit sich nicht die relativ empfindliche Haut zwischen den Zehen durch Sand oder Streusalz entzünden kann. Verfilzungen sollte man raus schneiden, ebenso, wie über den Pfotenrand hinauswachsende Zotteln. Und bei Schnee kann man etwas fetthaltige Creme (z. B. Melkfett) zwischen die Zehen geben.

Foto: Gabi Hahlweg

Weiße Hirtenhunde

Eine ganze Reihe von Haltern haben gegenüber weißen Hunden Vorurteile. Die sind immer viel schmutziger, als andere Rassen. Richtig ist aber höchstens, dass man den Schmutz besser sieht. Daher ist dieses Vorurteil unbegründet. Denn auch die weißen Hirtenhunde haben das gleiche pflegeleichte Fell, wie ihre dunkelhaarigen "Genossen". Gemeinsam ist nämlich allen Rassen der sehr hohe Fettgehalt des Felles, der für diese Pflegeleichtigkeit sorgt.

Daher schwören viele Menschen auf Pullover aus Hirtenhundehundehaaren, die dann sehr warm und wasserabweisender sind und sich leichter reinigen lassen. Wären also die Weißen tatsächlich ungeeigneter, gäbe es sie als Hirtenhunde schon lange nicht mehr.

Augenfehler eines Pyrenäenberghundes
Foto: Hartmut Deckert

Die Augen

Eine ganze Reihe von Hirtenhunde haben ein etwas offenes Auge, oder ein Roll-Lid. Dadurch entstehen immer wieder Entzündungen, die behandelt werden müssen. Bei Centralasiaten, Kaukasen und Pyrenäenberghunden ist nach meinem Eindruck das offene Auge stärker vertreten.

Mindestens in den Ursprungsländern wären Augenfehler von Nachteil, denn durch Staub, Sand, oder starke Winde neigen solche Augen schneller zu Entzündungen. Daher haben auch alle Hirtenhunderassen sehr kleine Augen im Verhältnis zu ihrer Größe.

Aber auch hier in Deutschland sollte man das Problem ernst nehmen. Allerdings möchte ich davon abraten, sich gleich von einer Operation überzeugen zu lassen, denn die garantieren nicht immer den gewünschten Erfolg.

Auch unsere Leika hat ein Augenproblem und wir reinigen täglich ihre Augen mit einem weichen Tuch. Gleichzeitig überwacht aber auch unser Tierarzt die Hündin. Sollte eine Verschlechterung eintreten, muss vielleicht auch operiert werden.

Da medizinische Probleme für mich als Laien schwer zu beurteilen sind, möchte ich in Bezug auf z. B,. die Augen keine Ratschläge zur Behandlung oder Pflege geben. Statt dessen sollte jeder Hundebesitzer/in derartige Sachen mit einem Tierarzt absprechen. Der kann das besser beurteilen und wird geeignete Maßnahmen vorschlagen.

Baden

Schaut man sich im Fernsehen gelegentlich die "armen Schweine" von Schoßhunden an, die regelmäßig in den Hundesalon zum Baden und "Rupfen" müssen, sollte man sich über die Pflegeleichtigkeit der Hirtenhunde freuen.

Das heißt, Baden ist bei diesen Rassen absolut überflüssig. Beziehungsweise nicht nur überflüssig, sondern sogar schädlich. Shampoos und andere Chemikalien zerstören den Fettgehalt des Haares und machen damit einen Hund anfälliger, da sein natürlicher Schutz fehlt. Also sollte man Baden unterlassen. Selbst wenn sich ein Hund in allen "Wohlgerüchen Arabiens" gewälzt hat. Lebt ein Hund hauptsächlich im Haus, lässt sich das vielleicht nicht immer vermeiden, aber es sollte die Ausnahme bleiben. Von unseren eigenen Hirtenhunden wurde nur einmal eine gebadet, der sah aber auch entsprechend aus.

Donaubad, dieses Bad ist ausdrücklich erlaubt
Foto: Gabi Hahlweg

Krallen

Durch Vererbung oder zu hohem Gewicht bedingt, treten eine ganze Reihe von Hunden durch. Dieses "Laufen auf den Ballen" fördert ein stärkeres Wachstum der Krallen, bzw. verhindert deren natürliche Abnutzung während dem Laufen.

Den gleichen Effekt hat man, wenn Hunde ständig auf zu weichen Böden laufen, z. B. Teppichböden im Haus, Wald- oder Wiesenboden, keine befestigten Wege.

Daher sollte man immer mal wieder die Krallen kontrollieren. Werden sie zu lang, kann man sie einfach kürzen. Das macht ein Tierarzt, oder nach sorgfältiger Einweisung, wie weit man kürzen darf, kann man das auch selber machen.

Sinnvoll ist das deswegen, weil zu lange Krallen schmerzhaft sein können und weil sie den Bewegungsablauf verändern.

Gebiss

Bedingt durch die "moderne Ernährung" bekommen viele Hunde schneller Zahnstein. Manchmal ist ein schlechteres Gebiss aber auch genetisch bestimmt. Und natürlich können sich Hunde auch im Schnauzenbereich mal verletzen. Einer unserer Hunde hatte mal tagelang ein kleines Holzstück quer im Oberkieferbereich. Dieser hatte sich entzündet und weil der Hund schlechter fraß, haben wir nachgeschaut.

Seitdem werfen wir immer mal wieder einen Blick ins "Innere" unserer Hunde. Damit sie sich das gefallen lassen, muss man eben ein bisschen üben. Spielerisch die Kiefer geöffnet, akzeptiert das ein Hund relativ schnell. Denn geht er auf Ausstellungen, muss er das ja auch lernen. Übrigens braucht man auch dazu nicht den berühmt berüchtigten "Schnauzengriff".

Teilweise verhindern oder stark hinauszögern kann man die Zahnsteinbildung übrigens durch Zahnpflege. Unsere Hunde bekommen jeden Abend einen steinharten Hundekuchen. Oder gelegentlich eine Gurgel, egal von welchem Tier. Hauptsache, die ist hart.

In dem Buch von Schoke las ich, dass Kaukasen schlechte Zähne hätten. Unser Tierarzt ist mit den Zähnen von Leika sehr zufrieden und meint, Zahnsteinentfernung sei bei ihr noch nicht nötig. Leika aber ist kein Einzelfall, richtig ernährte Kaukasen, deren Zähne ich angeschaut habe, zeigen ein gutes Gebiss. Also ist die Behauptung von Schoke mal wieder Blödsinn.

Kraski Ovcar
Foto: Emil Pizmoth

Zusammenfassung

Eines ist mir besonders wichtig, keiner meiner Tipps soll den Tierarzt ersetzen. Bei Auftreten irgendwelcher "Anomalien" sollte man diesen aufsuchen und nicht selber am Hund "herumexperimentieren". Denn das kann fatale Folgen haben. Wäre die Behandlung eines Tieres so einfach, wie oft behauptet wird, bräuchten wir keine oder weniger Tiermediziner und könnten mit geringem Aufwand alle "Tierheilpraktiker" werden.

Ansonsten kann man durch Beobachtung seines Hundes das eine oder andere verhindern, oder rechtzeitig erkennen. Vorbeugen aber ist oft billiger, als erst zu behandeln, wenn "das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist".

Hartmut Deckert 

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